Mittwoch, 28. Juni 2006
Joschkas Abschied
Für mich ist Joschka Fischer seit Mitte der 80er Jahre immer ein Verräter gewesen, einer, der den systematischen Ausverkauf grüner Politik und grüner Inhalte um der Beteiligung an der Macht und um seines eigenen Wohls willen betrieben hat. Doch die er jetzt zurücklässt, die Metzgers und Roths, sind noch nicht einmal ein schaler Abglanz des Meisters. Und wahrscheinlich wird man in Princeton wirklich viel bei ihm lernen können, und sei es nur, wie man in der Politik Erfolg hat. Denn für sich selbst hat er alles richtig gemacht. Brutal richtig.

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Ein Verräter ist er wohl kaum, eher ein bundesrepublikanisches Ideal mit Vorbildfunktion.

Und einige der Mitbewohner seiner Frankfurter WGs schildern ihn als in der Persönlichkeit von damals auf heute nicht wesentlich gewandelt.

Er hat es halt gelernt, sich gut zu verkaufen. Und da ist er mit Ulla, Volker, Claudia, Angela, Gerd etc. pp wohl gemein.

Verräter ? Ai äm Not konvinzed.

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Nein, seine Persönlichkeit hat sich nicht gewandelt. Er war schon immer ein durchsetzungsstarker Macho, ein Taktierer und ein Opportunist.

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Hm,
man kann Fischer vieles vorwerfen, auch, dass er das meiste von dem, was er tat, aus egoistischen Motiven ins Werk gesetzt hat, aber: ohne ihn wären die Grünen schon Mitte der 90er in der Versenkung verschwunden und hätten heute kein Stammwählerpotenzial von um die 7%. Bitte, das ist nur meine unmaßgebliche Meinung...

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@ artur

und wäre das ein Problem ? Ai äm Not konvinzed.

Sicher, das Dosenpfand hätten wir heute nicht, auch keine milliardenteuren Windräder mit angeschlossenen Schattenkraftwerken etc.

Dafür haben wir heute eine echte, etablierte, verfettete, selbstgefällige Funktionärs-Volkspartei für Sehrgutverdiener mit Bessergewissen, die den Volvo von Frauchen ab und an mal mit Biodiesel tanken.

Ach ja: Birkenstock goes trendy. Notwendige Folge des finanziell erfolgreichen Weges durch die Instanzen von Taxi-Jupp's Stammwählerschaft und tatsächlich ein Fortschritt.

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Ohne den Fischer und seine Crew wären Ditfurth, Trampert, Schmidt, Ebermann nicht aus der Partei gedrängt worden, und vielleicht hätten wir ja eine grüne Partei, die die gleiche Thematik beackert und die gleiche Wählerklientel hat wie die WASG/Linkspartei, ohne Stasi-Vergangenheit und Fremdarbeiter-Unapptetiteleien zu betreiben und im Gegenteil gerade bei den Migranten verankert ist. Ne ökosozialistische Partei halt.

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Eine unproletarische Partei waren die Grünen immer, aber der Trend hat sich massiv verstärkt. Von der Partei zur Wahrung eines alternativen Lebensstils zur Partei der institutionalisierten Lebenslüge. Ökolinx war eine schöne totgeborene Idee. Ich habe ja schon in den neunziger Jahren integre Leute von den Grünen zur PDS abwandern sehen.

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@ che

und wenn die nur noch 3 % hätte, wären sie trotzdem eine bessere Opposition. Und die bräuchte man dringend.

@ workingclasshero

wie geht denn das so ganz ohne geistige Häutung ? Ich frage tatsächlich nicht - wie sonst so oft - aus Zynismus, sondern aus echter Überraschung. Von den Greenz zur SED mit neuem Namen und sinistrem, aber riesigem Vermögen ?

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Die PDS im Westen, z.B. in Göttingen, ist eher das, was die Grünen in den früheren achtziger Jahren waren, plus Anschluss an die Ex-SED als Finanzquelle. Das geht so weit, dass die über "vegane Politik" diskutieren (was natürlich Blödsinn ist, aber zeigt, dass da nichts DDR-mäßiges ist).

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@ workingclasshero - thx.

Kurios trotzdem. Unter den Fittichen der Menschenwegsperrer, Kinder-Panzerfahren-Lasser, politisch-missliebige-nicht-studieren-Lasser, Spitzeldienstbetreiber, Kommando-Schneeflocke-Veranstalter und DDR-Umweltverseucher vegane Politik diskutieren.

Die PDS ist ja nicht die "Ex-SED", sondern die alte SED die sich lediglich einen neuen Namen gab.

Naja. "Finanzquellen" lassen wohl allerorten die Sitten und die Moral verlottern. Nigga, get yo Money Up, heisst es ja auch.

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Na ja, das kommt dadurch zustande, dass diese Leute von proöstlichen Kommunisten nur noch die ab Mitte der 80er über Perestroika diskutierenden MSB-Spartakisten kennengelernt haben. Und es gibt tatsächlich einzelne westliche PDS-Vereine, die sind eigentlich Antifagruppen, die Geld und Justiziare der PDS für sich nutzen, weil sie diese Infrastruktur sonst nicht hätten, und das war´s dann schon. Und zwar schon seit 10 Jahren.

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pimp my antifa
@ che

Da kann man zu dieser Art einzelner westlicher PDS-Vereine ja nur noch sagen:

Rrrrrrespekt !

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Schöne Klischees. Da kommt Freude auf.

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@ tripol

welche Klischees genau ?

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che, sicher hast du recht mit deiner kritik am fischerclan, dass er die fundis rausgedrängt hat. es war damals die entscheidung gefragt, ob man weiterhin fundamentalkritik und somit -opposition sein/üben oder eben den weg zur macht gehen wollte. das war ja auch die frage, ob man gestaltend tätig werden wollte oder nicht. dass die teilhabe an der macht letztlich zu einem abschleifen "grüner" positionen geführt hat, empfinde ich als tragisch und besch...eiden. diese widerstandslose hingabe an neoliberal inspirierte, seeheimerkreispolitik ist fischer anzulasten, keine frage.

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Waer das nicht ein gefundenes Fressen fuer einen Historiker mal zu evaluieren was die Gruenen als Opposition, inklusive Buergerbewegung, vs gruene Regierungsbeteiligung effektiv politisch erreicht haben?
Vielleicht sollte man damit auch noch ein paar Jahre warten um den aktuellen Rollback mit einbeziehen zu koennen. Wobei letzteres wohl grundsaetzlich spekulativ sein wird. Ob das Ergebnis dann "Kontraproduktiv" lautet?

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"Na ja, das kommt dadurch zustande, dass diese Leute von proöstlichen Kommunisten nur noch die ab Mitte der 80er über Perestroika diskutierenden MSB-Spartakisten kennengelernt haben."

nachdem seit sechzehn jahren die mauer gefallen ist, hätten "diese leute" ja schon genügend zeit gehabt, die real existierenden kader ihres vereins kennenzulernen.

könnte natürlich ein grund sein, qua wasg die nützlichen idioten, die man wg. 5%-hürde braucht, einzusammeln, um sich dann ganz elegant von solchen alten lasten trennen zu können.

und was das nutzen von infrastruktur usw. angeht: there is nothing like a free lunch, wie der amerikaner sagt.

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Die real existierenden Kader ihres Vereins waren für die die Landesvorstände Niedersachsen und Bremen.
Die hatten zumeist BWK- oder KB-, seltener DKP-Vergangenheit und vertraten inzwischen eine Mischung aus Ökopazifismus und Antirassismus.
Und spätestens seit dem Kosovo-Krieg wurden die Grünen als Partei von Kriegstreibern und somit Verbrechern im Hier und Jetzt wahrgenommen. Ich kann mich erinnern, wie 1999 alte Friedensbewegungsleute, teils auch Autonome, aufstanden und weggingen, wenn sich in der Kneipe ein langjähriger Mitstreiter zu ihnen setzte, weil dieser ein grünes Parteibuch und auch ein Parteiamt hatte.

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Fischer ist eine Ikone der 68er. Ohne Abitur und Studium, abgebrochene Lehre, Taxifahrer. Aus kleinbürgerlichen Verhältnissen bis zum Landtagsabgeordneten, Minister, Aussenminister, zum eigenen Familienwappen und nun einer Professur in einer Ivy-League Uni.

Der Marsch durch die Institutionen wie im Bilderbuch.

Das ist nicht der Abschied. Er ist gerade mal 58. Ich würde mich nicht wundern, wenn er noch grösseres vor hätte. Vielleicht Bundespräsident? Uno-General?

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gestern abend so um diese zeit war im deutschlandfunk ein kommentar des gutachslers (www. achgut.de) burkhard müller-ullrich zu hören, der meinte, fischer hätte es in der geschlossenen gesellschaft der us-politkaste niemals zum außenminister gebracht. so viel zur tellerwäscherkarriere...

ob - und was - er hier in d noch macht: lassen wir uns überraschen. die sympathie des volkes hat er jedenfalls.

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Und er war
leider einer besten Redner dieses Landes, das sollte man nicht vergessen, wenn man sich nun mit Grausen von diesen Funktionärsspackos in den Parteien abwendet bzw. sich beschwert. Über Fischer konnte man sich wenigstens noch erzürnen, über die noch nicht mal ärgern, weil sie nix darstellen. Post-Politik hätte Zizek gesagt ....

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greift das bild vom hähähä meckernden verräter nicht etwas zu kurz? könnte es nicht vielmehr so sein, dass sich die grünen selber von einer bewegung aller möglichen mindermeinungen zu einer partei des neuen bürgertums entwickelt haben?

oder anders, bedeutet fortschritt nicht auch das weggehen und woanders ankommen?

an die macht wollten sie, die grünen, immerhin, sie haben erkannt, dass es darum geht, bei der politik. wenn ich nur recht haben will, das kann ich im soziologischen seminar sehr viel besser haben. da verachte ich einen wie den herrn trittin (grüne) sehr viel mehr, der so lange vereidigungen der bundeswehr störte, bis ihm wohl jemand gesteckt haben muss, dass die armen schweine auch seinen ministerposten verteidigen.

die, die unser bundesjoschka jetzt zurücklässt, oder vornehmer: die grünen der post-fischer-ära, sind hoffentlich in der lage, zu erkennen, was sie wollen und wo ihr platz und ihre wähler sind. wenn nicht, sind sie bald weg vom fenster. eigentlich ist der verein auch nichts weiter als eine regionalpartei, dessen schärfster konkurrent die fdp ist. ach ja, der dreipunkteverein, den gibt es ja auch noch. schade, eigentlich, diesen speckjägern wünsche ich schon seit jahrzehnten die bedeutungslosigkeit...

oder anders, eigentlich müssten die ganzen anjatanjas doch jetzt zuhauf in eine dieser beiden parteien strömen, um dort an der karriere zu basteln, die ihnen in der freien wirtschaft wohl eher versagt blieben wird.

letztlich könnte man das mit der karriere vom steinewerfer zum elder statesman auch als bestätigung dafür nehmen, dass es in der republik tatsächlich einmal eine zeit gab, in der solcher aufstieg möglich war.

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@greift das bild vom hähähä meckernden verräter nicht etwas zu kurz? könnte es nicht vielmehr so sein, dass sich die grünen selber von einer bewegung aller möglichen mindermeinungen zu einer partei des neuen bürgertums entwickelt haben?

- Das Eine schließt das Andere ja nicht aus. Natürlich haben sie sich dahin entwickelt, aber gerade Joschka Fischer hat mit seiner Grundsatzdebatten im Keim erstickenden, Andersdenkende herausdrängende und die Macht um jeden Preis suchenden Art entscheidend dazu beigetragen. Er hat aus Jakobinern, Cordeliers und Sansculotten Directoire-Spießer gemacht (mit dem zivilisatorischen Vorteil, dass heute keine Köpfe, sondern nur Parteiposten verlorengehen). Wenn einer persönlich sich von den alten Idealen und Kampfformen um der Karriere willen abwendet, so ist das fragwürdig, wenn einer dabei aber die ganze Partei mitreisst und dabei selber den Generationenwechsel zur Yuppie-Partei erst möglich macht, der ihn jetzt selber als alten Mann und politisches Urgestein dastehen lässt, dann ist das zur Hälfte tragisch und zur Hälfte peinlich.


Die Zeit, in der solcher Aufstieg möglich war, ist im Übrigen erst ganz kurz vergangen, es ist durchaus möglich, dass sie wieder kommt.

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"Wenn einer persönlich sich von den alten Idealen und Kampfformen um der Karriere willen abwendet, so ist das fragwürdig, wenn einer dabei aber die ganze Partei mitreisst und dabei selber den Generationenwechsel zur Yuppie-Partei erst möglich macht, der ihn jetzt selber als alten Mann und politisches Urgestein dastehen lässt, dann ist das zur Hälfte tragisch und zur Hälfte peinlich."

eine ganze partei, überwiegend akademiker in entsprechenden positionen als hin- und hergezerrtes opfer eines karrieristen? es wird wohl eher umgekehrt sein, dass unser aller joschka so etwas wie der ideelle gesamtgrüne war, der, stellvertretend für seine partei den weg vom politrabauken zum aussenminister a.d. gegangen ist.

das mit der yuppie-partei sehe ich nicht ganz so, der besinnungslose kult um die jugend ist domäne des dreipunktevereins und das aus gutem grund, andere eigenschaften haben die epigonen vom schlage guido w. eben nicht vorzuweisen, wozu auch, bei denen geht es auch ohne das. anders bei den grünen, die eigentlich eher ein nachwuchsproblem haben dürften.

tragik vermag ich bei joschka f. nicht zu erkennen, wie gesagt, er war nicht ganz erfolglos. da wären andere vorher zu nennen. man könnte auch den weg unserer kanzlerin in vergleichbarer weise beschreiben, nämlich dass die allen idealen ihres elternhauses und ihrer erziehung zuwider...

peinlichkeiten, nun, das gehört zur politik. auch da wären andere vorher zu nennen. die treten immer dann auf, wenn zu hohe erwartungen mit der realität zusammenstossen. wäre doch schade, wenn es das nicht mehr gäbe.

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Joschka hat diesen Umbau ja nicht alleine betrieben, er und seine Clique haben aber ganz Entscheidendes dazu beigetragen, und in der Zeit von 1988 bis 1995 wurde das politische Personal dieser Partei zu etwa 50% ausgetauscht, d.h.20-30% des Mitgliederstammes traten aus, ungefähr ebensoviele Leute kamen neu hinzu.Es gab da mal einen Reader, der die Rolle Fischers ganz gut darstellte: Der Fischer und seine Crew, wo geschildert wird, wie eine Clique um Fischer und Cohn-Bendit systematisch seit 1975 die Schlüsselpositionen in der Frankfurter linken Szene besetzte, Grundsatzdiskussionen ebenfalls systematisch hintertrieb und sprengte und z.B. auch die Redaktion der alten Autonomie so spaltete, dass sie zerfiel und später dann der sozialrevolutionär-operaistische Flügel die Autonomie Neue Folge gründete. Kernpunkt Fischer´scher Strategie war immer: Auf keinen Fall Selbstverständnisdebatten führen, niemals das eigene politische Handeln nach Anspruch und Wirklichkeit beurteilen, vor allem nicht das Sozial- und Rollenverhalten der beteiligten Akteure. Damit haben Fischer und Co die grüne Diskussionskultur kaputt gemacht. Ich hatte in zwei Phasen sehr intensiv mit den Grünen zu tun: Einmal 1982-86, in der Hochphase der Friedensbewegung und den nahtlos anschließenden Wackersdorf-Protesten (Konrad und Wendland immer dazwischen) und dann 1996-2000, im Rahmen diverser Seminare, Workshops und Stiftungsaktivitäten. Die Grünen von früher waren Ökos, aber keine privilegierten Ökos (man sparte sich den ökologisch bewussten Lebensstil ab, es hatte eher etwas von freiwilligem Verzicht als von dem von Lebemann geschilderten teuren Lebensstil des guten Gewissens), die Grünen, die ich dann kennenlernte, extrem modebewusste junge Leute, die Träger von C&A-KLamotten als Prolls verachteten. Und für die Food-Coop und Vegetarismus die pétite distinctions waren, an denen sich eine Elite erkannte. Sicher sind Birkenstock-Sandalen (übrigens eine Firma, die keinen Betriebsrat duldet und Zulieferproduktion in Knästen fertigen lässt) keine typische Yuppie-Kleidung - aber die Grünen, die ich in der zweiten Phase kennenlernte, kombinierten die mit Gucci-Brillen mit farbenfrohen Gestellen, Prada-Täschchen und Ökowollklamotten aus dem Afghan-Shop. Eine sehr spezielle Dekadenz.
Die Grünen der ersten Phase häkelten ihre Kleidung selbst oder kauften sie nach Gewicht (das Kilo 5 Mark) im Second-Hand-Laden.


Im Kontrast zu diesem vor 10 Jahren schon peinlichen und schleimigen Laden waren in der autonomen oder jedenfalls radikallinken Szene die Normen von Theorie und Praxis, Glaubwürdigkeit und Anspruch, oder sagen wir, political correctness so eng gefasst, dass ich eine Ausbildung an der Holtzbrinck-Schule zum Handelsblatt-Redakteur, die ich bekommen hätte, nicht antrat, weil ich aus meinem Umfeld heftigste moralische Vorwürfe bekam bis dahingehend, dass man mir privat nichts mehr glauben könnte, wenn ich bei meiner politischen Haltung mich derart dem Klassenfeind andienen würde und dann auch persönliche Konsequenzen gezogen würden. Als ich später in Ermangelung einer Assistentenstelle, die anderweitig besetzt wurde, kurzfristig einen Brotjob in der New Economy antrat, bezeichnete dies jemand als "Verrat an der guten Sache" und entzog mir tatsächlich die Freundschaft.
Ok, das ist lange her, und ich sitze heute selbst auf einem komfortablen Posten, aber diese unterschiedlichen Hintergründe bedenke ich bei dieser meiner Betrachtung mitzubedenken.


Das heute so beliebte und als Erfolgsstrategie betriebene "Networking", das ich, ich tue es ohne schlechtes Gewissen, heute auch betreibe, hieß damals bei uns "Korruption". Ich hätte eine ruhmreichere akademische Karriere machen können, wenn ich mich frühzeitig der persönlichen Seilschaft eines größeren Lehrstuhlinhabers angeschlossen hätte, aber das wäre mir damals als moralisch untragbar erschienen, weil es die Aufgabe eines unabhängigen eigenen Forschungsansatzes bedeutet hätte.

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au weia, das geschilderte scheint mir die grenzen der pc weit zu übertreffen. robespierre hiess ja auch der tugendhafte. von solchen leuten will ich nicht regiert werden. da wäre mir ja noch ein danton lieber.

danke für die innenansicht der grünen. gucci-brillen, prada-täschlein, alpacca, rohseide und schuhwerk von birkenstock, daran sind die obergrünen also zu erkennen. ansonsten menschelt es wie überall, man wandelt nicht ungestraft unter den arkaden der macht.

ist aber kein einzelfall. lafontaine hat kein armuts- keuschheits- und gehorsamsgelübde abgelegt, und wenn, dann hält er sich nicht daran. die betriebsräte grosser konzerne werden mit luxusleben auf firmenkosten bei der stange gehalten. die bonzen von der spd sind auch nicht mehr mit popligen geschenkkörben zu kirren, wie in den zwanziger jahren. wie sich die f.d.p. granden von des tages müh und plagen erholen, will ich mir nicht vorstellen und auch die cdu und die csu sind im privaten leben lange nicht so christlich wie sie es von anderen verlangen. die kader von der linkspartei - die merken am schmerzlichsten, wie tief sie gefallen sind, racke rauchzart kann durchaus ein privileg sein, wenn die anderen nur kumpeltod haben.

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Das Geschilderte ist das, was in meinen alten Kreisen unter PC verstanden wird. Während meines Studiums gab es noch den Konsens, nur einen Job anzustreben, der PC ist, und das heißt:
1) Menschenrechtsorganisation oder sonstige NGO
2) Journalist für ein kritisches Medium wie taz,
Monitor, Panorama
3) Wissenschaftsbetrieb
4) Lehrer
5) Rechtsanwalt, möglichst auf Verteidigung von
Genossen, Asyl- und Sozialrecht spezialisiert
6) eigener Alternativbetrieb.


Alles Andere war Igittebähbäh.Ich habe ja nun selbst einen eher dekadenten Lebensstil und falle auch nicht unter die Leute mit politisch korrekten Jobs, über die rigide Moral der Szene habe ich mich stets lustig gemacht (Putenfilets in der veganen Volksküche zubereitet), aber ich bedaure mitunter, dass ich mich aus beruflichen Gründen so weit von dem geschilderten Jobspektrum entfernt habe. In gewisser Weise habe ich dafür, dass ich mich nicht mehr im Tagesgeschäft des Politfighters befinde, ein schlechtes Gewissen. Das Wohlleben hat damit nichts zu tun, das praktizierte, so weit finanzierbar, ich auch schon als Student.

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man muss ja nicht moralinsaurer sein als nötig.

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Che, Du kannst jederzeit in das politisch korrekte Leben zurück. Ich habe meine befristeten Gelegenheitsjobs an der Uni, frickele nebenher Autos zusammen, mache quasi als Stundenlöhner Stoßzeitenjobs in der Druckerei und renoviere ab und an Leuten die Wohnung. Insgesamt verdiene ich etwa so viel wie ein Facharbeiter, nur ohne Sozial- oder Rentenversicherung, fällt alles völlig flach. Dafür kann ich rumlaufen wie ich will und bin warm ins Szenemilieu eingebunden. Da finden sich viele Leute mit qualifiziertem Studienanschluss, die in der Kneipe Theke machen, nebenher mit Gebrauchtmöbeln hökern und in Kneipen die Klos putzen, denen es schlechter geht als mir und die stolz sind, keine Karriere gemacht zu haben, aber die könnten sie auch nicht machen. Jeder Weg dahin ist versperrt, ihr Schmoren im Szenesumpf ist Selbstbeschiss.
Dann gibt es noch die alten GenossInnen, die politisch korrekt von Sozialhilfe leben, sei es aus Unvermögen, sei es als freiwillige Entscheidung. Klammheimlich würden die von einer Karriere wie Deiner träumen, sie würden es nur nie zugeben. Du bist ja bei alldem kein Spießer geworden.
Und eine Linke, für die schon die normalen Beschäftigten in der normalen Wirtschaft zum Klassenfeind gehören oder aber einer aus Angehörigen einer versumpften Boheme bestehenden Führung bedürfen, eine solche Linke hat der Gesellschaft keine Alternative anzubieten.

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@artur: Selbst die Leute nahmen für sich noch in Anspruch, nicht moralinsauer zu sein. Die Moralinsauren, das waren die, die die feministische Linguistik (groß I, klein mensch statt man und so) noch im angetrunkenen Biertischgespräch praktizierten, diejenigen, die das nicht taten, als "Verbalsexisten" kritisierten, das Essen von Fleisch für politisch unkorrekt hielten und Mahnwachen gegen Wiglaf-Droste-Lesungen veranstalteten.
@workingclasshero: Du hast natürlich völlig recht.

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@auch-einer: Ich habe die Esskultur sowohl der Sozis als auch der Grünen als auch der CDU persönlich kennengelernt. Zu Gast bei einem spezialdemokratischen Ministerpräsidenten, gab es ein fünfgängiges französisches Menü, und ein Zeremonienmeister stieß dreimal mit einem Teakholzstock mit Messingknauf auf den Boden und rief "a`table!". Die CDU war eher bodenständig, Kotellett und Spargel oder Tortellini verde mit Rindersteak, bei den Grünen gab es vegetarische italienische Kost vom Feinsten und im Gegensatz zu den anderen beiden Parteien keinen Alkohol. Am Feistesten ist das Essen aber da, wo dieses Land tatsächlich regiert wird, beim Big Business. Bei der BASF gab es schon mal Arbeitsessen mit Langusten und Champganer-likem Cava, in der Führungskräfte-Kantine in Ludwigshafen stand neben jedem Esser eine eigene Kellnerin, die den Wein sofort nachfüllte, wenn das Glas leer war.

Am Bescheidensten sind die Büffets bei ver.di.

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das kommt immer auf den scheff an: ich habe mal in einer klitsche mit 600 Leuten gearbeitet , da gab's einmal im monat ein 8-10-stündiges marketingmeeting+boss mit ca 10 leuten und da wurde in der mittagspause aufgefahren vom feinsten. und weil der scheff soff, immer gutedel. mitags um eins. ich habs gehasst.

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