Freitag, 9. Juni 2006
WM einmal anders
an der Spitze liegen die Schweiz, Schweden, die Niederlande sowie Trinidad und Tobago. Sicher, die Rede ist von der Fussballweltmeisterschaft, die die FIFA organisiert. Doch die Bewertung bezieht sich nicht auf die Spielstärke der entsandten Mannschaften, sondern auf den Platz in der Rangliste der Medienfreiheit, die die regierungsunabhängige Organisation "Reporter ohne Grenzen" (ROG) zusammen mit ihren internationalen Partnerorganisationen erarbeitet hat.

ROG ist Fragen nachgegangen wie: Können Journalisten in Brasilien ungehindert arbeiten? Wird in Ghana zensiert? Ist in Japan Quellenschutz ein Thema? Dabei hat "Reporter ohne Grenzen" aufgelistet, wie es um die Presse- und Meinungsfreiheit in den Heimatländern der 32 Fußballteams steht, die um den WM-Titel kicken. Unter http://www.reporter-ohne-grenzen.de/fussball-wm.html steht, wer in Sachen Presse- und Meinungsfreiheit schon jetzt in der Endrunde ist, wer auf den Verfolgerplätzen und wer die Gelbe und die Rote Karte kriegt. Die Bundesrepublik Deutschland liegt übrigens (auch hier?) nur im Mittelfeld.

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DIE WM IST KLASSE!
Heute abend, 18 Uhr, gehe ich ins Schwimmbad. Während andere Deutschland vs. Cots Rica glotzen, bin ich selbst sportlich und freue mich darauf, hinterher die Sauna wahrscheinlich für mich allein zu haben. Geil! Von mir aus könnte immer WM sein ;-)

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Karte der Schande
http://artur.blogger.de/stories/472727/

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Nochmal was zu den Landlosen Brasiliens
gibt es hier:

http://gebloggtewelten.wordpress.com/2006/06/09/body-count/

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Botschafter von Zamonien kommt nach Berlin
Was zwar Blödsinn ist, aber ich lastete gerade das hier:

http://zuender.zeit.de/2006/04/laudatio

und muss sagen "volle Zustimmung". Ach ja, und natürlich sind noch ganz groß: Jean-Marc Reiser, nach dem in Strasbourg sogar eine Straße benannt ist, Franquin und Miguelanxo Prado. Weltklassecomics, die für mich ebenso zur wichtigen Literatur gehören wie Mann, Heine oder Brecht.

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Mal wieder deutscher Behördenalltagsrassismus
Aus der FAZ:

FAZ 02. Juni 2006
Es war Vesnas elfter Geburtstag, als ihr Vater nach Serbien abgeschoben wurde. Ein Fest mit Kuchen und ihren Freundinnen aus der fünften Klasse hatte er ihr versprochen. Aber dieses Mal kam er nicht zurück von seinem Termin bei der Ausländerbehörde. Sie sah ihn noch ein einziges Mal: Am Flughafen, durch eine Glasscheibe.

Ein halbes Jahr ist seitdem vergangen. Nur selten ist ihr Vater am anderen Ende der Leitung, wenn das Telefon klingelt. „Auslandsgespräche sind teuer in Serbien. Und er hat keine Arbeit“, sagt sie, und ihre Mundwinkel zucken. Das Mädchen sitzt neben ihrer Schwester Semra und der Mutter auf dem Sofa und malt mit Lineal und Bleistift Dreiecke in ihr Mathematikheft. Auf ihrer Gürtelschnalle glitzert ein Schmetterling. Sie ist ein hübsches Mädchen, das die dunklen Augen der Mutter hat und älter wirkt, als es ist.

„In Serbien haben sie keine Wurzeln“

Abitur wie Semra, die in Düsseldorf die 12. Klasse besucht, will Vesna einmal machen. Die deutschen Behörden haben anderes im Sinn. Die Idics sollen Deutschland verlassen. Nach Serbien, wo der heraufziehende Bürgerkrieg der Roma-Familie vor 17 Jahren das Leben unmöglich machte. Seit ihr Vater weg ist, gewährt die St. Lambertus-Gemeinde in der Düsseldorfer Altstadt der Familie Kirchenasyl. Die Wohnung ist einfach, aber gemütlich. Draußen fließt der Rhein.

„Wir wollen die Ausländerbehörde zum Nachdenken bewegen“, sagt Rolf Steinhäuser. Er ist Stadtdechant von Düsseldorf. „Für die Kinder ist unser Land ihre Heimat. In Serbien haben sie keine Wurzeln.“

Der Behörde sei das egal. Ihre oberste Handlungsmaxime ist ein Gesetz, in dem es ihrer Ansicht nach keinen Paragraphen gibt, der Familie Idic die Aufenthaltserlaubnis gewähren könnte. Im Einzelfall möge das hart wirken, heißt es aus der Ausländerbehörde, aber so seien nun mal die Regeln. Ist, wie bei den Idics, die Duldung in Deutschland abgelaufen und verlassen die Betroffenen das Land nicht freiwillig, wird die Abschiebung eingeleitet. „Das geht automatisch“, sagt Semra.

Hoffen auf die Härtefallkommission

Nach der Abschiebung ihres Vaters hat sie die Behördengänge übernommen. Wie Jonglierbälle wirft die 17 Jahre alte Schülerin Paragraphen des Aufenthaltsgesetzes und Begriffe wie Duldungserlaß, Integrationsfaktor und Abschiebungshindernis in die Luft und fängt sie wieder auf. „Unsere einzige Hoffnung ist die Härtefallkommission“, sagt sie.

Im Jahr 1996 richtete das Innenministerium von Nordrhein-Westfalen das unabhängige Gremium ein. Mit dem Zuwanderungsgesetz Anfang 2005 erhielt die Kommission ihre bundesgesetzliche Grundlage. Nach Prüfung des Einzelfalls kann sie der Ausländerbehörde empfehlen, eine Aufenthaltserlaubnis auszustellen, auch wenn das Gesetz das Gegenteil sagt. Im April reichte Jens Dieckmann, der Anwalt der Familie, einen Antrag ein. „Vor allem die Kinder haben in den vergangenen 17 Jahren ausgeschöpft, was sich ihnen an Integrationsmöglichkeiten bot.“

Zwei Monate war Semra alt, als sie nach Deutschland kam. Merima, Vesna und Edijan, der Jüngste, wurden in Düsseldorf geboren. Im Sommer soll der Junge eingeschult werden, sagt Frau Idic und versucht zu lächeln. Die Anspannung der vergangenen Wochen sieht man ihr an. Die schmale Frau will alles richtig machen. Fröhlich sein mit ihren Kindern, dankbar gegenüber Helfern und einen guten Eindruck hinterlassen bei den Behörden. Bemüht sie sich besonders, holpern ihre Sätze, und Semra übernimmt das Wort.

Serbisch haben die Kinder nie gelernt

Anfangs habe sie nur darauf gewartet, endlich nach Serbien zurückkehren zu können, sagt sie. Zwanzig Jahre war Frau Idic damals alt. Dann kamen die Kinder in den Kindergarten. Irgendwann sprachen sie nur noch Deutsch. Serbisch haben die Kinder nie gelernt.

Herr Idic, der in Serbien als Musiker gearbeitet hat, wurde Mitglied in einem Düsseldorfer Karnevalsverein. Am Rosenmontag standen Frau Idic und die Kinder stets am Straßenrand und winkten, wenn er in gelber Uniform auf dem Karnevalswagen vorbeifuhr. Merima und Vesna spielten in der Schule Theater. Semra gab in ihrer Freizeit bei der Caritas kostenlos Nachhilfestunden und engagierte sich bei einem Projekt, das sich dem Schicksal von Sinti und Roma in der Zeit des Nationalsozialismus widmete. Zweimal wurde ihr nach einem Schülerpraktikum ein Ausbildungsplatz angeboten. Sie lehnte ab. Semra will Wirtschaft studieren. Den Sprung auf den gymnasialen Zweig ihrer Schule schaffte sie vor einem Jahr.

In der Abwärtsspirale

Anders als so viele in Deutschland geduldete Flüchtlinge arbeitete das Ehepaar nicht schwarz, sondern kämpfte erfolgreich um eine Arbeitserlaubnis: Das Gesetz sieht vor, daß Menschen mit dem Status der Duldung nur dann eine Arbeitsstelle in Deutschland annehmen dürfen, wenn der Arbeitgeber sich für sie einsetzt und es keinen Deutschen oder EU-Bürger gibt, dem die Stelle vermittelt werden kann. Das Ehepaar überwand beide Hürden. Herr Idic arbeitete bei einer Sicherheitsfirma am Flughafen, Frau Idic als Zimmermädchen in einem Hotel. Die Familie hatte eine hübsche Wohnung, ein Auto und war krankenversichert. Dann gerieten die Idics in eine Abwärtsspirale.

Herr Idic erkrankte psychisch, konnte nicht mehr arbeiten. „Für ihn war das der Fallstrick“, sagt Jens Dieckmann. „Wenn es um Abschiebung geht, wird der Grad der Integration auch an der wirtschaftlichen Einbindung der Menschen bemessen.“ Wenig später, im September 2002, schloß Deutschland mit Serbien-Montenegro ein Rückführungsabkommen. Die politische Situation in Serbien sei stabil und eine Rückkehr der etwa 200.000 in Deutschland lebenden Flüchtlinge möglich. Nach dreizehneinhalb Jahren hob das Innenministerium des Landes Nordrhein-Westfalen den Erlaß für ihre Duldung auf.

Nach geltendem Aufenthaltsgesetz hätte Familie Idic sich nun einen gültigen Paß besorgen müssen und ein Flugticket nach Belgrad. Die Idics weigerten sich. Sie versuchten einfach weiterzuleben, so wie bisher. Ein Fehler, wie sich herausstellen sollte. Nach dem neuen Paragraphen 25 des Aufenthaltsgesetzes kann die Duldung nach 18 Monaten in eine Aufenthaltserlaubnis umgewandelt werden, wenn der Betroffene seine Ausreise nicht selbst behindert. Um die Familie zu einer Rückkehr zu bewegen, wurde die Arbeitserlaubnis von Frau Idic nicht verlängert.

Aus Verzweiflung wird Wut

Die Roma-Familie zog in ein Asylbewerberheim. Das Geld vom Sozialamt reichte nicht mehr für die Miete. „Zum ersten Mal seit vielen Jahren haben wir uns wie Flüchtlinge gefühlt“, sagt Semra. Immer öfter schlug die Verzweiflung des Vaters bei Besuchen in der Ausländerbehörde in Wut um.

Freunde und Bekannte reichten Petitionen ein, demonstrierten für ihr Bleiberecht. „Die Familie klammerte sich an jeden Strohhalm, der sich bot. Nicht immer war das richtig“, sagt Anwalt Dieckmann. Eine Lehrerin von Semra schrieb an den Petitionsausschuß und an die Härtefallkommission. Beide Stellen wiesen die Anträge ab, weil sie sich nicht zuständig fühlten.

Der Briefwechsel von Familie Idic mit Ämtern und Behörden füllt zwei Leitz-Ordner in Jens Dieckmanns Anwaltskanzlei. Er hält die Abschiebung der Kinder wegen ihrer hohen Integration für nicht vertretbar. „In Artikel 8 der Europäischen Menschenrechtskonvention steht geschrieben, daß jede Person das Recht auf die Achtung ihres Privat- und Familienlebens hat. Alle Freundschaften, die die Kinder jemals geschlossen haben, sind in Deutschland.“

Ein neuer Anfang in Bujanovac?

Mit derselben Begründung setzte das Oberste Verwaltungsgericht von Rheinland-Pfalz im Februar die Abschiebung von zwei Jugendlichen nach Kosovo aus. Ob das Urteil Schule machen wird, könnte sich im Fall von Familie Idic zeigen. Anfang Juni entscheidet die Kommission über ihren Antrag. Bis dahin wurde die Duldung verlängert. „Wir haben Angst, daß uns das gleiche passiert wie Papa“, sagt Semra. An Tagen, an denen der Anwalt die Familie nicht zur Ausländerbehörde begleiten kann, kommen Arbeitskollegen, Nachbarn oder Eltern von Schulfreunden mit.

Bujanovac heißt der Ort, in dem Familie Idic einst lebte und in den sie nun zurückkehren soll. Ein ärmliches Dorf in Südserbien, wo die Roma und Albaner ihre Häuser auf der einen, die Serben auf der anderen Straßenseite bauen. Im Wind flattert Wäsche. Herr Idic steht vor dem Haus, das er und seine Frau vor 14 Jahren verließen. Strom und Wasser gibt es nicht mehr; die Löcher im Dach sind mit einer Plastikplane gestopft. Bilder, die ein Freund gedreht hat. „Meine Mädchen müßten hier ganz von vorne anfangen“, sagt Herr Idic in die Kamera.

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