Sonntag, 13. Mai 2007
Schräuble locker
che2001, 01:04h
Mit der Idee, GegnerInnen des G8-Gipfels in Heiligendamm in 14-tägige Vorbeugehaft zu nehmen, beweist Wolfgang Schäuble einmal mehr Vorliebe zu totalitären Maßnahmen. An und Pfirsich hatte ich vor, Ende Mai an der Ostsee zu zelten. Da halte ich mich aber in der Nähe von Heiligendamm auf, man könnte mir also Absichten unterstellen.
Muss ich als Gipfelgegner und Autonomer jetzt davon ausgehen, diese Zeit stattdessen im Knast zu verbringen, gar die ganze Zeit vorgebeugt? Wenn es denn regnen sollte, wäre das Dach überm Kopf wohl am Ende dem Zelt vorzuziehen, aber ohne Wein und Hummer? Die ganze Zeit vorgebeugt? Verwechselt der gar Terroristen mit Touristen? Ist der also ein Legastiker oder Analaphet? Fragen über Fragen...
Muss ich als Gipfelgegner und Autonomer jetzt davon ausgehen, diese Zeit stattdessen im Knast zu verbringen, gar die ganze Zeit vorgebeugt? Wenn es denn regnen sollte, wäre das Dach überm Kopf wohl am Ende dem Zelt vorzuziehen, aber ohne Wein und Hummer? Die ganze Zeit vorgebeugt? Verwechselt der gar Terroristen mit Touristen? Ist der also ein Legastiker oder Analaphet? Fragen über Fragen...
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brechreiz,
Montag, 14. Mai 2007, 16:21
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che2001,
Montag, 14. Mai 2007, 16:58
Das sind einfach nur äußerst wahre Worte:
"Es ist hochproblematisch, wenn erst die Paragraphen zurechtgedreht werden, um Großrazzien machen zu können und dann der Chef der Polizei-Gewerkschaft diese Großrazzien als Beweis für die gewalttätige Radikalisierung der Szene nimmt.
So sieht Heribert Prantl das in der Süddeutschen Zeitung, und wie so oft kann ich ihm nur allzu recht geben. Wer “Terror” und die entsprechend dazu gehörigen Paragraphen auf alles ausdehnt, was irgendwie nach politischem Dissens und politischer Gewalt aussieht, der kann sich auch gleich in Polizeistaat umbenennen. Oder sich halt ein neues Volk wählen.
Natürlich sehen das naturgemäß Menschen anders, die jede Kritik an der Regierung, die sich nicht in schönen Worten erschöpft, schon als Bedrohung des Staates betrachten und diesen deshalb “stark” machen zu müssen meinen. Dabei ist dies nichts anderes als wahre Schwäche: der Glauben, die Demokratie sei in Deutschland so schwach, daß sie sich von ein paar Steinewerfern in Schutt und Asche legen ließe. Ehrlich gesagt, von einigen der Leute, die sich in Heiligendamm treffen, geht eine größere Gefahr für die Demokratie aus als von irgendwelchen Initiativen im Kreuzberger Mehringhof.
Und dann waren da ja auch noch so unwichtige Kleinigkeiten wie die Grundrechte, so Demonstrations- und Versammlungsfreiheit. Ach, das war einmal.
“Das Recht des Bürgers, durch Ausübung der Versammlungsfreiheit aktiv am politischen Meinungs- und Willensbildungsprozess teilzunehmen, gehört zu den unentbehrlichen Funktionselementen eines demokratischen Gemeinwesens. Die staatlichen Behörden sind gehalten, versammlungsfreundlich zu verfahren und nicht ohne zureichenden Grund hinter bewährten Erfahrungen zurückzubleiben.” Diese Leitsätze entstammen der Brokdorf-Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts aus dem Jahr 1985. Gelten sie nicht mehr?"
"Es ist hochproblematisch, wenn erst die Paragraphen zurechtgedreht werden, um Großrazzien machen zu können und dann der Chef der Polizei-Gewerkschaft diese Großrazzien als Beweis für die gewalttätige Radikalisierung der Szene nimmt.
So sieht Heribert Prantl das in der Süddeutschen Zeitung, und wie so oft kann ich ihm nur allzu recht geben. Wer “Terror” und die entsprechend dazu gehörigen Paragraphen auf alles ausdehnt, was irgendwie nach politischem Dissens und politischer Gewalt aussieht, der kann sich auch gleich in Polizeistaat umbenennen. Oder sich halt ein neues Volk wählen.
Natürlich sehen das naturgemäß Menschen anders, die jede Kritik an der Regierung, die sich nicht in schönen Worten erschöpft, schon als Bedrohung des Staates betrachten und diesen deshalb “stark” machen zu müssen meinen. Dabei ist dies nichts anderes als wahre Schwäche: der Glauben, die Demokratie sei in Deutschland so schwach, daß sie sich von ein paar Steinewerfern in Schutt und Asche legen ließe. Ehrlich gesagt, von einigen der Leute, die sich in Heiligendamm treffen, geht eine größere Gefahr für die Demokratie aus als von irgendwelchen Initiativen im Kreuzberger Mehringhof.
Und dann waren da ja auch noch so unwichtige Kleinigkeiten wie die Grundrechte, so Demonstrations- und Versammlungsfreiheit. Ach, das war einmal.
“Das Recht des Bürgers, durch Ausübung der Versammlungsfreiheit aktiv am politischen Meinungs- und Willensbildungsprozess teilzunehmen, gehört zu den unentbehrlichen Funktionselementen eines demokratischen Gemeinwesens. Die staatlichen Behörden sind gehalten, versammlungsfreundlich zu verfahren und nicht ohne zureichenden Grund hinter bewährten Erfahrungen zurückzubleiben.” Diese Leitsätze entstammen der Brokdorf-Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts aus dem Jahr 1985. Gelten sie nicht mehr?"
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brechreiz,
Montag, 14. Mai 2007, 20:55
Eines ist sicher: Egal wie die Aktionen rund um den G8-Gipfel ablaufen werden, es wird für Schäuble und Konsorten ein voller Erfolg.
Wenn es zu gewalttätigen Ausschreitungen kommt, waren alle Befürchtungen berechtigt, wenn nicht, haben gerade diese Befürchtungen dazu geführt, dass nichts Schlimmeres passieren konnte. Will man gewalttätige Ausschreitungen, checkt man vorher, ob nicht etwa Claudia Roth (oder Julia Seeliger) in der Menge sind, dann wird drauf geknüppelt, die Reaktion darauf liest Jens Riewa abends besorgt der Volksgemeinschaft vor.
Genehmigte Demos sind in Heiligendamm witzlos: Wenn man sich die Verbotszonen anschaut, wird klar, dass JEDER, der nicht zuhause bleibt oder sich mit seinem handgemalten Transparent freundlich in die eingezäunten Protestbereiche stellt, kriminalisiert werden soll. Ein Fuß ins Niemandsland, ein besorgter Beamter, der mit dem Teleskopschlagstock nur den rechten Weg weisen wollte, aber von jugendlichen Chaoten (/Terroristen - bin mal gespannt, wer das als erster schreiben wird) missverstanden wurde, und schon haben SPON und Konsorten, die in den letzten Tagen bereits zu Hochform aufgelaufen sind, Futter.
Man kann in diesem Medienzirkus nur instrumentalisiert werden - von beiden Seiten: Das Beste, was diversen "Aktionsbündnissen" passieren könnte, wären ein paar blutüberströmte rehäugige Demonstrantinnen; die anschließenden Debatten, das Blätterrauschen, die Pressekonferenzen kann man bis ins letzte Detail voraussagen.
Ohne Spektakel wird auf legalem Wege nix gehen - und da folgt meist die "Rekuperation" auf dem Fuße: "Könnt ihr euer Manifest noch mal vorlesen? Ja, hier in die Kamera! Auf drei ...". Oder die bewusste Fehlinterpretation, siehe die Aktion der Gruppe "Geld oder Leben" neulich im Bundestag, die, aus dem Kontext gerissen, in vielen Blättern als "Linke Chaoten stürmen den Reichstag" verwurstet wurde.
Das grundlegende Problem bei den G8-Protesten (neben dieser dämlichen Event-Fixierung - "letztes Jahr WM, dieses Jahr die linke Gegenveranstaltung") ist das Anliegen: Die Brücke, die versucht wird zu schlagen von der Konferenz über deren (vermeintliche) Symbolkraft - Kapitalismus/Globalisierung - bis zu aktuellen Zuständen, was Gesetzesänderungen als auch -vorhaben betrifft, ja bis zum Bauchgrimmen ob der herzlosen Gesellschaftsordnung, wird einfach nich tragen.
Für einen Großteil der Bevölkerung sind Meinungs- und Redefreiheit diffuse Dinge aus dem Gemeinschaftskundeunterricht, der G8-Gipfel irgendein Politikertreffen. Null Alltagsbezug, null Solidarisierungspotential. Die werden genau das denken, was ihnen darüber gesagt wird. Zumal noch dazu die Assoziation "Alles, was gegen die jetzige Wirtschafts- und Gesellschaftsordnung ist, trägt schwarzen Kapuzenpulli und steckt Autos in Brand" frei Haus geliefert werden wird - da braucht's nicht mal Springer-spin. Dazwischen gibt es für die nix - außer vielleicht die SPD-Radieschen.
Ein Marketingfritze würde wahrscheinlich dazu raten, es besser zu verkaufen, sich auf die "key essentials" zu beschränken, einen realistischen persönlichen Bezug zu schaffen, Identifikationsfiguren - und vor allem klarzumachen, dass jene, die dort protestieren, Söhne und Töchter, Nachbarn und Steuerzahler sind, die nicht nur auf ein Chaoswochenende aus sind. Wie das funktioniert, hat die Anti-AKW-Bewegung doch gezeigt: Rüstige Omis und Gesangvereine machen es verdammt schwer, in den Nachrichten von linken Terroristen zu reden. Allerdings sollte denen auch ein AKW oder eine Landebahn vor die Nase gesetzt werden, da rappelt sich selbst der Merkbefreiteste auf.
Wer vermummt und gewaltbereit nach Heiligendamm kommt, hat das Spiel nicht kapiert - und von vornherein verloren. Was abends in der Tagesschau rüberkommen wird, ist die Optik. Vielleicht sollte man Pullunder und Seitenscheitel als Demo-Outfit wählen ...
Wenn es zu gewalttätigen Ausschreitungen kommt, waren alle Befürchtungen berechtigt, wenn nicht, haben gerade diese Befürchtungen dazu geführt, dass nichts Schlimmeres passieren konnte. Will man gewalttätige Ausschreitungen, checkt man vorher, ob nicht etwa Claudia Roth (oder Julia Seeliger) in der Menge sind, dann wird drauf geknüppelt, die Reaktion darauf liest Jens Riewa abends besorgt der Volksgemeinschaft vor.
Genehmigte Demos sind in Heiligendamm witzlos: Wenn man sich die Verbotszonen anschaut, wird klar, dass JEDER, der nicht zuhause bleibt oder sich mit seinem handgemalten Transparent freundlich in die eingezäunten Protestbereiche stellt, kriminalisiert werden soll. Ein Fuß ins Niemandsland, ein besorgter Beamter, der mit dem Teleskopschlagstock nur den rechten Weg weisen wollte, aber von jugendlichen Chaoten (/Terroristen - bin mal gespannt, wer das als erster schreiben wird) missverstanden wurde, und schon haben SPON und Konsorten, die in den letzten Tagen bereits zu Hochform aufgelaufen sind, Futter.
Man kann in diesem Medienzirkus nur instrumentalisiert werden - von beiden Seiten: Das Beste, was diversen "Aktionsbündnissen" passieren könnte, wären ein paar blutüberströmte rehäugige Demonstrantinnen; die anschließenden Debatten, das Blätterrauschen, die Pressekonferenzen kann man bis ins letzte Detail voraussagen.
Ohne Spektakel wird auf legalem Wege nix gehen - und da folgt meist die "Rekuperation" auf dem Fuße: "Könnt ihr euer Manifest noch mal vorlesen? Ja, hier in die Kamera! Auf drei ...". Oder die bewusste Fehlinterpretation, siehe die Aktion der Gruppe "Geld oder Leben" neulich im Bundestag, die, aus dem Kontext gerissen, in vielen Blättern als "Linke Chaoten stürmen den Reichstag" verwurstet wurde.
Das grundlegende Problem bei den G8-Protesten (neben dieser dämlichen Event-Fixierung - "letztes Jahr WM, dieses Jahr die linke Gegenveranstaltung") ist das Anliegen: Die Brücke, die versucht wird zu schlagen von der Konferenz über deren (vermeintliche) Symbolkraft - Kapitalismus/Globalisierung - bis zu aktuellen Zuständen, was Gesetzesänderungen als auch -vorhaben betrifft, ja bis zum Bauchgrimmen ob der herzlosen Gesellschaftsordnung, wird einfach nich tragen.
Für einen Großteil der Bevölkerung sind Meinungs- und Redefreiheit diffuse Dinge aus dem Gemeinschaftskundeunterricht, der G8-Gipfel irgendein Politikertreffen. Null Alltagsbezug, null Solidarisierungspotential. Die werden genau das denken, was ihnen darüber gesagt wird. Zumal noch dazu die Assoziation "Alles, was gegen die jetzige Wirtschafts- und Gesellschaftsordnung ist, trägt schwarzen Kapuzenpulli und steckt Autos in Brand" frei Haus geliefert werden wird - da braucht's nicht mal Springer-spin. Dazwischen gibt es für die nix - außer vielleicht die SPD-Radieschen.
Ein Marketingfritze würde wahrscheinlich dazu raten, es besser zu verkaufen, sich auf die "key essentials" zu beschränken, einen realistischen persönlichen Bezug zu schaffen, Identifikationsfiguren - und vor allem klarzumachen, dass jene, die dort protestieren, Söhne und Töchter, Nachbarn und Steuerzahler sind, die nicht nur auf ein Chaoswochenende aus sind. Wie das funktioniert, hat die Anti-AKW-Bewegung doch gezeigt: Rüstige Omis und Gesangvereine machen es verdammt schwer, in den Nachrichten von linken Terroristen zu reden. Allerdings sollte denen auch ein AKW oder eine Landebahn vor die Nase gesetzt werden, da rappelt sich selbst der Merkbefreiteste auf.
Wer vermummt und gewaltbereit nach Heiligendamm kommt, hat das Spiel nicht kapiert - und von vornherein verloren. Was abends in der Tagesschau rüberkommen wird, ist die Optik. Vielleicht sollte man Pullunder und Seitenscheitel als Demo-Outfit wählen ...
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che2001,
Montag, 14. Mai 2007, 21:27
Na, auch als Schwarzvermummte waren wir in Wackersdorf ganz schnell Sympathieträger, nachdem die Staatsmacht in eine Demo hinein Tränengasbomben aus fliegenden Pumas geworfen hatte und dabei Erna Sielka gestorben war. Passenderweise geschah kurz darauf Tschernobyl, okay, das kann man nicht vergleichen. Aber der G8-Gipfel und der Reagan-Besuch 1987 oder der IWF-Gipfel ein Jahr drauf, das wahrscheinlich schon. Kommentar der reichlich anwesenden US-Prominenz: "German policeman are Nazis!"
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