Donnerstag, 20. September 2007
Die Freiheit und der Hindukusch
Auf dem Grünen-Parteitag konfrontierte die Basis die Parteispitze endlich wieder mit urgrünen Positionen, nämlich der Ablehnung deutscher offensiver Kriegseinsätze, genauer: Der Ablehnung bestimmter Einsätze. Diese aus dem klassischen Pazifismus entlehnte
Grundhaltung ist sehr ehrenwert und zeigt, wie wenig die offizielle Afghanistan-Politik, zumindest aber ihre von den NATO-Partnern eingeforderten Konsequenzen an der Basis sind. Nun ist dieses ganze Vorgehen auch bei der deutschen Normalbevölkerung, anders als bei der politischen Klasse, generell unpopulär, dies aber im Schnitt wohl aus weniger ehrenwerten Gründen. Den Meisten dürfte Afghanistan am Arsch vorbei gehen, und ich befürchte, vielen Deutschen, gerade und besonders im Osten, ließe sich Zustimmung für Bundeswehreinsätze dort abgewinnen, wenn man statt humanitärer Begründungen sagen würde: "Bevor die Afghanen als Flüchtlinge und Asylbewerber zu uns kommen, erschießen unsere Soldaten sie bei sich Zuhause". Nun, was der Mob denkt, der, siehe Mügeln, mehrheitsfähig sein könnte, erfüllt mich mit Grausen, und ich sehne mich nach der Zeit zurück, als der Bundeswehr mit Rücksichtnahme auf die NS-Vergangenheit Out-of-Area-Einsätze generell verboten waren. Nicht, weil ich an eine deutsche Kollektivschuld glaube, sondern, weil ich generell gegen Out-of-Area-Einsätze irgendwelcher Truppen bin. Mit der Bundeswehr war sozusagen ein Anfang gemacht; ich hätte gerne eine Welt, in der kein Staat in entfernten Gebieten offensive Truppeneinsätze durchführen darf.

Von daher gehe ich weiter als die grüne Basis:



Keine fremden Truppen in Deutschland - keine deutschen Truppen im Ausland!

Raus aus der NATO - rein ins Vergnügen!

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Das wäre ja echt sinnvoll!!!!
@che:
Da stimme ich dir voll und ganz zu!!!! Endlich mal sinnvolle Vorschläge. und ich glaube, dass die Fähigkeit zu sinnvollen Vorschlägen bei unseren Politikern irgendwie..nun ja...quasi nicht mehr vorhanden ist...:-(

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>generell gegen Out-of-Area-Einsätze irgendwelcher Truppen bin.

Ja? Und warum? Kannst Du dir auch eine andere Möglichkeit als die Befreiung '45 vorstellen? Ich nicht....und ich bin mir nicht sicher, ob sich das Beispiel nicht auch auf die Gegenwart beziehen lässt. Bist Du auch gegen Truppen, die zivile, friedenschaffende Gruppen beschützen?

@kizuchan
Ich finde das, was der Außenminister sagt, ziemlich albern. Es ist inhaltslos und, die sonderbarste Stelle wurde ja zitiert, teilweise ein bisschen arg menschenverachtend...

Ein netter Kommentar der medialen Wahrnehmung der Entscheidung ist ürigens in der Telepolis zu finden..

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Es wäre mir neu, dass die Streitkräfte Großbritanniens, der Sowjetunion und der USA von sich aus, ohne angegriffen worden zu sein, aufgebrochen wären, um Mitteleuropa und Deutschland von den Nazis zu befreien. Vielleicht habe ich da etwas verpasst.

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Der Witz ist ja doch der, dass die Taliban, biographisch eine fleischgewordene Kriegsneurose, das unmittelbare Ergebnis US-amerikanischer Containmentstrategien gegen die Anwesenheit der Roten Armee in Afghanistan sind. Als Clinton nach den Attentaten von Al Kaida in Nairobi und Daressalam sagte, alle Verantwortlichen dafür würden zur Rechenschaft gezogen, kommentierte Gremliza das damit, dass einige der Hauptveranwortlichen gerade um ihn herum standen.

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Ich denke, das kann man nicht laut genug sagen "dass einige der Hauptveranwortlichen gerade um ihn herum standen".

Im Übrigen bin ich der Meinung, dass es richtig war, sich an der Entfernung der Taliban von der Macht in Afghanistan zu beteiligen. Ich bin auch der Meinung, dass es richtig ist, die Bundeswehr innerhalb der ISAF in Afghanistan zu belassen. Aber es ist falsch, die Killerkommandos der Enduring Freedom mit ihren .50-Snipern zu unterstützen. Egal wie.

Im Übrigen ist bekannt, dass der Hochleistungsmohn, mit dem die Afghanen derzeit die Heroinproduzenten im mittleren und nahen Osten beliefern in us-amerikanischen Labors gezüchtet wurde...

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So macht die NATO wieder Spaß
Raus aus der NATO? Wenn man bedenkt, dass die USA die NATO im Endeffekt bereits verlassen haben und nur noch als Tool für ihre geostrategischen Interessen einsetzt, wäre das eventuell ein folgerichtiger Schritt.

Andererseits: Ich halte die Alternative, ein rein europäisches Verteidigungsbündnis nicht für sehr erstrebenswert, sondern sehe hier, falls es also tatsächlich zu einem NATO-Austritt kommt, die Gefahr der Akzelerierung des europäischen und weltweiten Rüstungsgeschehens.

Weiterhin halte ich es für günstig, völlig unabhängig von der derzeitigen amerikanischen Administration, wenn die USA als militärisch mächtigster Staat in ein multilaterales Konstrukt eingebunden sind. Im Übrigen gehört es grundsätzlich zu den Zwecken eines Verteidungsbündnisses, erstens, die Rüstungslasten der jeweils Beteiligten zu senken, und zweitens, einen wirkungsvollen diplomatischen Raum zur Krisenbewältigung zu eröffnen.

Grundsätzlich: Das sind zwei gute Dinge.

Man sage nicht, dass dies diese beiden Faktoren in der NATO zur Zeit kaum eine Rolle spielen. Denn es stimmt. Aber ein Austritt aus der NATO wird diese Situation nicht verbessern. Im Übrigen gibt es auch im amerikanischen Militär besonnene und moderate Kräfte, und diese würde man mit einem NATO-Austritt nicht gerade stärken.

Für die Zukunft, wäre ich dafür, wenn sich die NATO-Staaten verpflichten würden, ihre Rüstungslasten ab 2015 auf max. 1,5% und ab 2020 auf max. 1% des BIP zu beschränken. Denn, ganz anders als es die Kräfte des militärisch-industriellen Komplexes meinen, ist die NATO eben kein Hochrüstungspakt. Das ist nicht der Sinn der Sache. Und Deutschland könnte mit guten Beispiel voran gehen, indem es möglichst bald schon die ersten Schritte geht, in Richtung 1%.

Och, und falls wir deshalb aus der NATO rausgeworfen werden sollten? Abgesehen davon, dass das nicht geschehen wird, wäre das auch kein großes Drama. Sonderlich viel Wertegemeinschaft mit einem Folter und Kriegsverbrechen befürwortenden Staat gibt es ohnehin nicht. Aber gut, das ist vermutlich ein voreiliges Urteil, und voraussichtlich sieht es nach den Wahlen in den USA wieder besser aus.

Sollte in den USA bei den nächsten Wahlen aber erneut die Rüstungsmafia an die Macht gelangen, befürworte ich es, den Austritt aus der NATO ernsthaft in Erwägung zu ziehen.

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@ "Es wäre mir neu, dass die Streitkräfte Großbritanniens, der Sowjetunion und der USA von sich aus, ohne angegriffen worden zu sein, aufgebrochen wären, um Mitteleuropa und Deutschland von den Nazis zu befreien."

Eben, aber durch massive Imagekampagnen in der Nachkriegszeit konnten sich vor allem die Amerikaner als Retter in der Not darstellen, die nicht nur ihre Söhne auf dem Altar der Freiheit opferten, sondern auch die Größe zeigten, den ehemaligen Feinden auf die Füße zu helfen und zu vergeben, wenn auch leicht angewidert.

Wenn man dann freilich etwas genauer hinschaut, lässt sich der Zweite Weltkrieg eher unter "business as usual" verbuchen. Gerade für das Schicksal der europäischen Juden haben sich die "Befreier" einen Scheiß interessiert, die beschämende Affidavit-Praxis der Amerikaner spricht Bände - und man wusste sehr wohl ziemlich früh, was in den Konzentrationslagern ablief.

Aber als Narrativ zur Rechtfertigung von Angriffskriegen allemal Gold wert:
http://video.google.de/videoplay?docid=9022337190221762301#0h12m25s

Und bei dieser "Ja gut, wenn die Amerikaner schon alles plattgebombt haben, wäre es dann nicht zynisch von uns, diese Chance nicht zu nutzen? - außerdem könnten wir unser teures Militärequipment endlich mal testen"-Argumentation bekomme ich regelmäßig das Kotzen. Was fehlt den Menschen in Militärdiktaturen? CNN-Kameras und amerikanische Bomben auf den Kopf. Dann kommen auch die deutschen "Entwicklungshelfer".

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Ich finde man muss das nicht immer alles gleich so gross und absolut ("raus aus der Nato") aufhaengen - es reicht doch ganz klein bei sich selbst anzufangen und zu fragen - wuerde ich selbst nach nach Afghanistan gehen und dort fuer das Wohl der Leute dort imZweifelsfalle Fuss, Arm, Pobacke und Schaedelknochen opfern - das moegen sich Fettel Buetikhoffer, SozPaed Kuehnast,
Kaffeehausmaen Cohn-Bendit und Soldatenbraut Beer mal selber fragen - raus aus den warmgepupsten Sesseln rein in die steinige Oede und rauf mit dem eigenen Fuss auf die vergessenen - hoppala - Landmine.

Wenn das Pack das mitmacht - bitteschoen stellen wir einfach eine Sesselpupser-Kohorte (oder heisst das Batallion oder wie? (bin Ex-Zivi und habe in Wehrkunde nicht aufgepasst)) auf und dann koennen die zum Muelltrennen an den Hindukush fliegen ... meinetwegen.

Ansonsten chapeau vor der gruenen Basis - weiter so, danke, danke

Nachtrag: sehe ich doch gerade das weder Buetikhofer noch Kuhn gedient haben - das laesst mich natuerlich in noch weit hoeherem Bogen kotzen, ist klar - von nix wissen - aber ganz laessig junge Leute in fernen Laendern verheizen ...

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Das Konzept der Humanitären Intervention, das gerne zur Rechtfertigung herangezogen wird (Wer kann schon dagegen sein?), bekommt immer so einen bitteren Beigeschmack, wenn die größten Waffenhändler auch die Friedenstruppen stellen. Ein geschlossener Geschäftskreislauf: Man stellt die Waffen, mit denen sich die Kriegsparteien bekämpfen, diejenigen, mit denen sie zur Vernunft gebracht werden sollen - und hilft beim Wiederaufbau. Beim "nation building" lassen sich außerdem wertvolle Informationen sammeln und innovative Wirtschafts- und Gesellschaftskonzepte in der "sandbox" ausprobieren. Wenn's nicht klappt, gibt's einen weiteren Eintrag auf der FUBAR-Liste. Aber viel Geld in Aktenkoffern und wilde Parties allemal. Siehe Kosovo.

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@Franz, hier gibt´s einen schönen Thread für Dich:

http://shiftingreality.wordpress.com/2007/09/19/lange-haare-an-deutschen-waschlappen-1980/#comments


Kennt eigentlich noch jemand Sir Basil Zaharoff?

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hehe, aber war doch klar das da irgendwas kompensiert wird - wenn ich nur an Frau Blut-Beer und Ihre Lust an blutjungen Soldaten in straff sitzenden Uniformen* denke.

* da machts auch nix wenn so ein strammer Vaterlandsverteidiger durch Moerserbeschuss etwas ausser Facon geraten in seinem eigenen Eingeweidegulasch schwimmt ...

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- natürlich war die Motivation der Alliierten nicht die Befreiung, das stimmt, vielen Dank für diese Perspektive! Auch wenn ich das eigentlich nicht meine. Ganz abseits der Motivation seitens der All.: wie will man sich denn in so einer Situation verhalten? Auch nur, als Gedankenexperiment, wenn es das NS-Regime samt Judenvernichtung. aber keinen Krieg gegeben hätte? Oder auch: wäre es richtiger gewesen keienn KRieg zu führen damals (also in der existenten Situation) und es "anders" (wie?) zu versuchen, wie es streng pazifistisch ja angemessen wäre? Das meinte ich.
- dass es in der Realität bei hum. EInsätzen Probleme gibt streite ich nicht ab, es ging mir aber um die Frage, ob man sie grundsätzlich ablehnen kann
- vielen Dank für den Sesselpupser-Beitrag: denn in der Tat, wie kann man es Mesnchen zumuten zu sterben? Aber gibt es nicht eine moralische Pflicht zu helfen, wenn man helfen kann? Das heißt nicht, Bomben für den Frieden zu werfen...

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Grundsätzlich kann ich Dir in einigen Punkten zustimmen, doch ohne den westlichen, insbesondere US-amerikanischen Imperialismus gäbe es die bestehenden Probleme gar nicht. Weder die Mullahs noch die Taliban wäre ohne diesen überhaupt existent. Wer hat denn Mossadegh weggeputscht, die bereits vorhandene Demokratie beseitigt und die Diktatur des Schah begründet? Wer hat die Muddjaheddin und dann die Taliban bewaffnet und ausgerüstet, um die Russen aus Afghanistan zu vertreiben? All die Terroristen und ihre Unterstützerländer im Al-Kaida-Komplex sind nichts als Kettenhunde des US-Imperialismus, die sich losgerissen haben, wie auch das Regime der Ayatollahs eine Negation des Westens darstellt, die damit zusammenhängt, dass die westliche Moderne im Iran im expliziten Bündnis mit den USA und Großbritannien als ein Programm mit Folter, Massenhinrichtungen und organisiertem Landraub durchgeführt wurde, auf das nach der kurzen Phase der eigentlichen iranischen Revolution die neue klerikale Herrscherkaste mit den gleichen Methoden reagierte. Natürlich ist es prinzipiell OK, humanitäre Aktionen militärisch abzusichern, aber die Rolle des Westens, namentlich der USA, in diesem Konflikt erinnert mich an die eines notorischen Brandstifters, der als Feuerwehr eingesetzt wird, weil er so viel von Bränden versteht.

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