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Samstag, 10. Juni 2006
Von der Dekade der Entwicklung zum Neoliberalismus –eine Gesamtschau
che2001, 21:04h
Vorbemerkung: Wenn hier von Neoliberalismus die Rede ist, dann ist dieser Begriff so gemeint, wie er von entwicklungspolitischen Arbeitskreisen und Zusammenhängen verwendet wird. In diesem Sinne ist Neoliberalismus die Bezeichnung für eine Wirtschaftsweise, Entwicklungs- und Sozialpolitik, die auf den Modellen der Chikago Boys basiert. Nicht gemeint ist hingegen Neoliberalismus als Strömung innerhalb liberaler politischer Philosophie. Insofern braucht sich auch kein mitlesender Liberaler einen Schuh anzuziehen.
Insgesamt gesehen können die 60er Jahre als die Dekade der Entwicklung betrachtet werden. Aus den antikolonialen Befreiungskämpfen waren junge Nationalstaaten hervorgegangen, die innerhalb des Koordinatensystems des Kalten Krieges bei gleichzeitiger friedlicher Koexistenz einerseits und des gewaltigen Reichtumsgefälles zwischen Nord und Süd und den fortbestehenden postkolonialen Abhängigkeiten (Dependenzen) andererseits ihren Weg suchten. Der Westen verfolgte zu dieser Zeit eine im Großen und ganzen keynesianisch inspiririerte Wirtschafts- und Sozialpolitik, die auch maßstabgebend für den Umgang mit der nun so genannten Dritten Welt wurde, man könnte auch sagen, das in Europa erfolgreiche Konzept des Marshallplans wurde auf den Umgang mit der Dritten Welt übertragen. Die Weltbank finanzierte gewaltige Industrialisierungsprojekte, und insgesamt hoffte man im Westen, auf diese Weise möglichst viele Staaten dazu zu bringen, sich für den westlichen way of life zu entscheiden. In gleicher Weise verfuhr die Sowjetunion mit den sozialistisch ausgerichteten jungen Nationalstaaten Nordafrikas sowie Kuba und Venezuela. Entwicklungspolitik erfolgte grundsätzlich nicht aus humanitären Erwägungen, sondern aus wirtschaftlichem Interesse: Der Norden brauchte die Rohstoffe des Südens, umgekehrt sollte der Süden durch Entwicklung als Absatzmarkt für die Produkte des Nordens inwertgesetzt werden; später kam die Funktion der „verlängerten Werkbank“, d.h. der Billiglohnproduktion hinzu.
Der Ost-West-Dualismus (mit dem damals ultralinks, zugleich antisowjetisch und antiwestlich ausgerichteten China war es eigentlich ein Trialismus) bot für die Länder des Trikont (die drei Kontinente Südamerika, Afrika und Asien südlich der Sowjetunion/Chinas) eine gewisse Bandbreite an politischen Entwicklungsoptionen, die auch wahrgenommen wurden. Man kann sagen, dass die Modelle westlicher Kapitalismus und östlicher Staatssozialismus wetteifernde Angebote waren, manche Entwicklungsländer kombinierten auch beides zu einem Dritten Weg (Nasserismus, Destour-Sozialismus, Afrikanischer Sozialismus nach Nkrumah) oder suchten völlig eigene Wege, so Nyurere in Tansania oder später dann Thomas Sankara, der Liebling des jungen Afrika, der ermordet wurde, nachdem er in Burkina Faso die Privilegien der Staatsbediensteten abgeschafft hatte und die Dienstwagen der Regierungsmitglieder durch Renault R5 und Fahrräder ersetzte. Ganz dreist trieb es Maltas Dom Mintoff, der abwechselnd mit der Sowjetunion, den USA, China und Libyen sympathisierte –jeder dieser Mächte musste in Malta irgendetwas bauen, sei es eine Raffinerie, Krankenhäuser, ein Containerterminal, was gerade gebraucht wurde, hatte man das, suchte man sich einen neuen politischen –ismus als Investor.
Von westlicher Seite lag das Interesse an der Entwicklungszusammenarbeit natürlich in erster Linie darin, die kolonialen Ausbeutungsstrukturen in gemilderter Form fortzusetzen, sich schrittweise die neuen Ansatzmärkte auszubauen, gegenüber der Sowjetunion Containment zu betreiben und generell ein informal empire aufrechtzuerhalten. Das aber ging gründlich schief.
Ende der 60er setzte weltweit ein neuer Zyklus von Klassenkämpfen und allgemeinen sozialen Aneigungs- Emanzipations- und Umschichtungsprozessen ein. Es ist modisch geworden, heute 68 als reine westliche Studentenbewegung zu sehen, das wird dem Wesen der vielfältigen Bewegungen aber nicht gerecht. Dazu gehören ebenso wie der Pariser Mai, der mit seinem Generalstreik für einige Tage eine Revolution als an der Tagesordnung erscheinen ließ (ein gründlicher Irrtum) die Ghettoaufstände in den USA, zu denen Eldridge Cleaver gesagt haben soll: „Nicht Vietnam, Newark, Harlem, Bronx, das ist der wahre Krieg, ein Krieg, in dem Klasse gegen Klasse steht“, die Gründung der PLO, der Beginn der Guerrillakämpfe in Südamerika und Afrika, das Aufflammen bürgerkriegsartiger Unruhen in Nordirland, all dies bildet einen Gesamthorizont, der die bestehende Gesellschafts- und Weltordnung in Frage stellte. Als sich die Niederlage der USA in Vietnam abzeichnete, der Kurs des Dollar ins Bodenlose stürzte und die OPEC die Ölpreise erhöhte, da zeichnete sich ab, dass die Vorherrschaft der Triade (USA, Japan, EG-Europa) über den Trikont nicht mehr aufrechtzuerhalten war.
So, aus Gründen der Lesbarkeit hier einen Gap, es geht bald weiter.
Insgesamt gesehen können die 60er Jahre als die Dekade der Entwicklung betrachtet werden. Aus den antikolonialen Befreiungskämpfen waren junge Nationalstaaten hervorgegangen, die innerhalb des Koordinatensystems des Kalten Krieges bei gleichzeitiger friedlicher Koexistenz einerseits und des gewaltigen Reichtumsgefälles zwischen Nord und Süd und den fortbestehenden postkolonialen Abhängigkeiten (Dependenzen) andererseits ihren Weg suchten. Der Westen verfolgte zu dieser Zeit eine im Großen und ganzen keynesianisch inspiririerte Wirtschafts- und Sozialpolitik, die auch maßstabgebend für den Umgang mit der nun so genannten Dritten Welt wurde, man könnte auch sagen, das in Europa erfolgreiche Konzept des Marshallplans wurde auf den Umgang mit der Dritten Welt übertragen. Die Weltbank finanzierte gewaltige Industrialisierungsprojekte, und insgesamt hoffte man im Westen, auf diese Weise möglichst viele Staaten dazu zu bringen, sich für den westlichen way of life zu entscheiden. In gleicher Weise verfuhr die Sowjetunion mit den sozialistisch ausgerichteten jungen Nationalstaaten Nordafrikas sowie Kuba und Venezuela. Entwicklungspolitik erfolgte grundsätzlich nicht aus humanitären Erwägungen, sondern aus wirtschaftlichem Interesse: Der Norden brauchte die Rohstoffe des Südens, umgekehrt sollte der Süden durch Entwicklung als Absatzmarkt für die Produkte des Nordens inwertgesetzt werden; später kam die Funktion der „verlängerten Werkbank“, d.h. der Billiglohnproduktion hinzu.
Der Ost-West-Dualismus (mit dem damals ultralinks, zugleich antisowjetisch und antiwestlich ausgerichteten China war es eigentlich ein Trialismus) bot für die Länder des Trikont (die drei Kontinente Südamerika, Afrika und Asien südlich der Sowjetunion/Chinas) eine gewisse Bandbreite an politischen Entwicklungsoptionen, die auch wahrgenommen wurden. Man kann sagen, dass die Modelle westlicher Kapitalismus und östlicher Staatssozialismus wetteifernde Angebote waren, manche Entwicklungsländer kombinierten auch beides zu einem Dritten Weg (Nasserismus, Destour-Sozialismus, Afrikanischer Sozialismus nach Nkrumah) oder suchten völlig eigene Wege, so Nyurere in Tansania oder später dann Thomas Sankara, der Liebling des jungen Afrika, der ermordet wurde, nachdem er in Burkina Faso die Privilegien der Staatsbediensteten abgeschafft hatte und die Dienstwagen der Regierungsmitglieder durch Renault R5 und Fahrräder ersetzte. Ganz dreist trieb es Maltas Dom Mintoff, der abwechselnd mit der Sowjetunion, den USA, China und Libyen sympathisierte –jeder dieser Mächte musste in Malta irgendetwas bauen, sei es eine Raffinerie, Krankenhäuser, ein Containerterminal, was gerade gebraucht wurde, hatte man das, suchte man sich einen neuen politischen –ismus als Investor.
Von westlicher Seite lag das Interesse an der Entwicklungszusammenarbeit natürlich in erster Linie darin, die kolonialen Ausbeutungsstrukturen in gemilderter Form fortzusetzen, sich schrittweise die neuen Ansatzmärkte auszubauen, gegenüber der Sowjetunion Containment zu betreiben und generell ein informal empire aufrechtzuerhalten. Das aber ging gründlich schief.
Ende der 60er setzte weltweit ein neuer Zyklus von Klassenkämpfen und allgemeinen sozialen Aneigungs- Emanzipations- und Umschichtungsprozessen ein. Es ist modisch geworden, heute 68 als reine westliche Studentenbewegung zu sehen, das wird dem Wesen der vielfältigen Bewegungen aber nicht gerecht. Dazu gehören ebenso wie der Pariser Mai, der mit seinem Generalstreik für einige Tage eine Revolution als an der Tagesordnung erscheinen ließ (ein gründlicher Irrtum) die Ghettoaufstände in den USA, zu denen Eldridge Cleaver gesagt haben soll: „Nicht Vietnam, Newark, Harlem, Bronx, das ist der wahre Krieg, ein Krieg, in dem Klasse gegen Klasse steht“, die Gründung der PLO, der Beginn der Guerrillakämpfe in Südamerika und Afrika, das Aufflammen bürgerkriegsartiger Unruhen in Nordirland, all dies bildet einen Gesamthorizont, der die bestehende Gesellschafts- und Weltordnung in Frage stellte. Als sich die Niederlage der USA in Vietnam abzeichnete, der Kurs des Dollar ins Bodenlose stürzte und die OPEC die Ölpreise erhöhte, da zeichnete sich ab, dass die Vorherrschaft der Triade (USA, Japan, EG-Europa) über den Trikont nicht mehr aufrechtzuerhalten war.
So, aus Gründen der Lesbarkeit hier einen Gap, es geht bald weiter.
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Tabellenstand
che2001, 16:04h
Deutschland - Costa Rica 4 : 2, Ecuador - Polen 2 : 0, Afghanistan - Afghanistan 186 : 171, Irak - Irak 864 : 712 ....
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