Freitag, 19. Januar 2007
Solidarität ist eine Waffe, auch in Schleswig-Holstein
Der Kurdische Künstler Engin Celik befindet sich seit drei Tagen gegen seine
drohende Abschiebung im Hungerstreik

Wir fordern die sofortige Freilassung von Herrn Engin Celik aus der
Abschiebehaft und seine Asylanerkennung!



Am 7. Januar 2007 wurde Engin Celik während einer Zugfahrt auf dem Weg
von Frankfurt nach Düsseldorf in der Nähe von Gießen von Polizisten
festgenommen und in die JVA Gießen gebracht. Ihm wurde mitgeteilt, dass
sein Asylverfahren negativ entschieden sei und man ihn abschieben werde.
Am 15. Januar trat Engin Celik aus Protest gegen seine
Freiheitsberaubung und gegen die Bestrebung der deutschen Behörden, ihn
in die Türkei auszuliefern, in einen Hungerstreik.

Engin Celik ist in Deutschland bekannt geworden durch seine scharfe
Kritik an der brutalen Unterdrückungspolitik des türkischen Staates
gegen die kurdische Bevölkerung. Als Mitglied der Theatergruppe "Bühne
der Träume", der Musikgruppe "Daglara Ezgi" und als Dichter ist er auf
vielen Kulturveranstaltungen aufgetreten und ist dabei mit verschiedenen
Kulturpreisen ausgezeichnet worden. Zuletzt ist er beim "Internationalen
Yilmaz Güney Festival" in Frankfurt im November 2006 mit dem Ersten
Preis für seine Dichtkunst geehrt worden. Neben seiner intensiven
politischen Kulturarbeit widmete er seine gesamte verbleibende Zeit der
Jugend- und Menschenrechtsarbeit. Er organisierte zusammen mit anderen
Seminare und Diskussionsabende für Jugendliche, um eine fortschrittliche
und gesellschaftliche Entwicklung zu fördern und unter den
TeilnehmerInnen Werte wie Solidarität, Mut gegen Ungerechtigkeit
aufzustehen, Respekt, Offenheit und Selbstbewusstsein zu fördern.

Das Mig-Zentrum (Verein der kulturellen medialen Kommunikationsstelle
der Migration e.V.) und das "Internationale Zentrum B5" in Hamburg waren
feste Basen seines kreativen Schaffens. Darüber hinaus brachte er viel
Zeit für Veranstaltungen, Treffen und Musik- und Theaterauftritte in
ganz Deutschland auf.

In der Menschenrechtsarbeit wirkte er vor allem aktiv im bundesweiten
Netzwerk der "Karawane für die Rechte der Flüchtlinge und MigrantInnen".
Er sah es als seine Aufgabe, die chauvinistische und repressive
türkische Staatspolitik öffentlich zu machen und sich mit dem Kampf
anderer Flüchtlinge gegen politische Verfolgung, Unterdrückung der
Meinungsfreiheit, für wirkliche Demokratie und Emanzipation zu
solidarisieren. Mit der Hervorhebung des Karawane-Slogans "Asylrecht ist
Menschenrecht und kein Privileg" schloss er sich der Kritik gegen die
rigorose Abschiebepolitik in Deutschland an. Auch ihm selbst
verweigerten die deutschen Behörden den Schutz vor seiner Verfolgung in
der Türkei.

Sein Rechtsanwalt hat unter Verweis auf das EU-Recht und mit Dokumenten
über die unermüdliche Aktivität Herrn Celiks einen Asylfolgeantrag beim
Bundesamt Lübeck eingereicht. Am 17. Januar wurde Engin Celik in das
Abschiebegefängnis Offenbach verlegt.
Engin Celik befindet sich in großer Gefahr. Wir rufen alle
fortschrittlich eingestellten Menschen und Organisationen auf, alles für
seine Freilassung und zur Verhinderung der Abschiebung zu tun.

Wir bitten Euch eindringlich, Euch mit der Forderung nach Freilassung
und Asylanerkennung für Engin Celik an folgende Adressen zu wenden:

Bundesamt für Migration und Flüchtlinge
Außenstelle Lübeck
Vorzwecker Straße 103
23554 Lübeck
Tel.: 0451/4006-0
Fax: 0451/4006-199

Innenministerium Schleswig-Holstein
Innenminister Ralf Stegner
Düsternbrooker Weg 92
24105 Kiel
Telefon: 0431/9 88-0
Fax:0431/9 88-30 03
E-Mail:pressestelle@im.landsh.de

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Einwurf zur New Economy, Web2.0 und der Liebe zur Gründung neuer Portale
Als jemand, der die heiße Phase des NE-Hypes als einer seiner Tonträger mitgemacht hat, möchte ich hier einige an anderem Ort schon gemachte Bemerkungen noch einmal rekapitulieren.

Außer uns paar Insidern hat damals ja kaum jemand wirklich kapiert, was mit der New Economy passiert ist. Das Geschäftsmodell einer ganzen Branche lautete “Found it, bring it up, sell it and run away”, die Unternehmen sollten kein sinnvolles Produkt und keine notwendige Dienstleistung anbieten, zumindest stand das nicht im Mittelpunkt, sondern Produkte und Dienstleistungen stellten nur die Kulisse dar für Geschäfte, bei denen es darum ging, nach dem Börsengang vom Verkauf der Aktien selber zu leben, Wolkenschiebereien, Potemkinsche Dörfer und Schneeballgeschäfte, der größte Betrug seit der Staviski-Affäre oder mindestens IOS. Was jetzt, sei es Holtzbrinck, seien es diverse Communities wie StudiVZ, sei es Hein Blöd oder Kalle Barsch, erneut versucht wird, ist die Kopie des größten Betrugs. Na dann viel Spaß, ich putze meine Finalizer!

Die aktuelle Legendenbildung sagt, es habe am fehlenden Controlling gelegen. Das erzählen Minister und Manager auf Symposien (auch wenn ich davor gerade vorgetragen habe, das es sich um eine Art kollektiv organisierten Betrug gehandelt hatte), und das steht auch in Diplomarbeiten in BWL, die heute dazu geschrieben werden (auch wenn die von den Diplomanden interviewten NE-Entscheider ganz Anderes erzählt haben, das läuft dann in den Arbeiten, wenn es überhaupt reflektiert wird, unter “Zynismus”, “Enttäuschung” oder “schwarzer Humor”). Eine Seite wie Boocompany kommt der Realität weitaus näher, als alles, was zu diesem Thema je in der Presse zu lesen war oder was die im Augenblick anlaufende “Vergangenheitsbewältigung” sich so zurechtdichtet.

Mangelndes Controlling - bei uns wusste der Controller ein dreiviertel Jahr vorher, dass sich die Insolvenz nicht würde verhindern lassen, alle in der Firma wussten das von ihm, und es ging nur darum, einen Investor oder VC zu finden, der Geld in den Laden pumpt oder uns kauft, ohne zu merken, wo das faule Ei liegt. In einem anderen Fall (ganz anderes Unternehmen, Branche Telekommunikation) demonstrierte die Controllerin in einer Powerpointpräsentation, die unsereins dummerweise besitzt, den Ablaufplan eines betrügerischen Konkurses. So sah es aus!

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