Dienstag, 26. Juni 2007
Massenmord an den Assyrern fast am Ziel
Unter den Augen der US-Truppen, die bislang tatenlos blieben, läuft im Irak die "ethnische Säuberung" gegen die assyrische Minderheit weiter. Assyrische Stimmen fordern mittlerweile die Einrichtung einer Schutzzone in Niniveh, weil "ein Ghetto besser ist als der Tod". Aber dieses Thema interessiert wahrscheinlich wieder keine Sau.


[edited: Paul wies bei nobloodforsauerkraut darauf hin, dass man bei etwas über 260 Ermordeten nicht von einem fast vollendeten Massenmord ausgehen könne. Ich gebe diesen Unterschleif zu und habe deshalb den Titel dieses Beitrags geändert in "fast am Ziel", denn das wollte ich eigentlich sagen. Zu den Ermordeten kommen Tausende Vertriebene und Zehntausende kurzfristig in die Berge oder in die noch als halbwegs sicher angesehene Stadt Niniveh Geflüchtete. Damit aber ist die "ethnische Säuberung" assyrischer Siedlungsgebiete fast schon erreicht. Man sieht das in Ostanatolien, wo es außerhalb des Tur Abdin praktisch keine assyrischen Menschen mehr gibt. Was den Hinweis angeht, Herr von der Osten-Sacken engagiere sich für die Region länger als ich: Nun, Ich bin seit 1984 Iran- und türkisch-Kurdistan-mäßig und in punkto Irak-Kurdistand und Assyrer seit 1991 dabei.]

http://napauleon.typepad.com/nobloodforsauerkraut/2007/06/httpche2001blog.html

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Heute Abend beim N24: Bericht über Antifas und Antirassisten contra Nazis in Dessau
Dessau/MZ. Steffen Andersch ist erleichtert. Der Leiter des Projekts "Gegenpart" der Netzwerkstelle gegen Rechtsextremismus in Dessau hält eine Information der Staatsanwaltschaft in der Hand, dass Ermittlungen gegen ihn eingestellt sind. Wie die Anzeige zustande kam, ist jetzt ein Fall für interne Ermittlungen bei der Polizei.

Anlass des Verfahrens gegen Andersch war ein Thementag Rechtsextremismus, den die Gemeinde Bergwitz (Landkreis Wittenberg) und die Netzwerkstelle im September 2006 nach einem rechtsextremen Überfall veranstalteten. Dort zeichnete Andersch ein Bild rechter Strukturen im Landkreis Wittenberg, zeigte Bilder von einem führenden NPD-Mitglied und von dem Betreiber eines Ladens, der die bei Rechtsextremen beliebte Modemarke "Thor Steinar" vertreibt. Ein hochrangiger Dessauer Polizist, der mit einem Kollegen privat vor Ort war, zeigte ihn später mit der Begründung an, er hätte die Fotos nicht ohne Einverständnis der Betreffenden zeigen dürfen.

Wegen Anderschs Einschätzung über die Rolle, die die Genannten beziehungsweise der Laden in der rechten Szene spielen, wurde zudem sogar wegen übler Nachrede ermittelt. Für Anderschs Anwalt Volker Gerloff ist das nicht hinnehmbar. Zum einen, argumentiert er, handele es sich bei den Gezeigten um "relative Personen der Zeitgeschichte", deren Bilder auch präsentiert werden dürften. Der NPD-Mann etwa stand 2005 zur Bundestagswahl auf der Landesliste seiner Partei. Zudem sei ein Verstoß gegen das Recht am eigenen Bild ein Delikt, das nur auf Antrag Geschädigter verfolgt werde, solange kein besonderes öffentliches Interesse bestehe. Es sei nicht hinnehmbar, dass Polizisten vor Ort schweigen, statt das Gespräch über vermeintliche Straftaten zu suchen, das demokratische Engagement gegen Rechts aber hinterher von ihnen kriminalisiert werde. Mit Ermittlungen von Amts wegen habe man die Betreffenden "regelrecht ermutigt, Strafantrag zu stellen", so Gerloff. Dies hatten das NPD-Mitglied und der Ladenbesitzer auf einer Zeugenvernehmung getan, zu der sie vorgeladen wurden.

"Damit wird unsere Aufklärungsarbeit behindert", sagt Andersch. Sein Anwalt hat Dienstaufsichtsbeschwerde eingereicht. Die Dessauer Polizeidirektion und das Innenministerium wollten die Vorwürfe auf Anfrage nicht kommentieren. Die Beschwerde werde noch bearbeitet, erklärte die Polizei.

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Deutsche Firmen tragen Mitverantwortung für Giftgasbombardements –
Ich verbreite ja sonst keine Kommuniqués der GfbV, aber in diesem Fall aus gegebenem Anlass schon:
Halabja soll deutsches Aufbauprojekt werden!

Hans-Dietrich Genscher soll endlich Auskunft darüber geben, warum die
Bundesregierung in den 80er Jahren nicht energisch gegen die deutschen
Firmen eingeschritten ist, die am Aufbau der irakischen
Chemiewaffenindustrie beteiligt gewesen waren. Dies hat der
Generalsekretär der Gesellschaft für bedrohte Völker (GfbV), Tilman
Zülch, von dem Ex-Außenminister anlässlich des am heutigen Sonntag
ergangenen Urteils gegen den Cousin Saddam Husseins, Ali Hassan
al-Madschid - im Volksmund „Chemie-Ali“ genannt -, gefordert. Die GfbV
hatte wesentlichen Anteil daran, dass die Aktivitäten der Firmen im Irak
vor mehr als 20 Jahren bekannt wurden, und von der Bundesregierung immer
wieder gefordert, die Verantwortung für die Produktion von Giftgas im
Irak gründlich aufzuklären. Außerdem rief die GfbV die heutige
Bundesregierung dazu auf, die durch einen verheerenden Giftgasangriff am
16. März 1988 bekannt gewordene kurdisch-irakische Stadt Halabja zu
einem deutschen Aufbauprojekt zu machen. Die Überlebenden litten bis
heute unter den Langzeitfolgen der hochgiftigen Substanzen, denen sie
ausgesetzt waren. „Wir unterstützen die Initiative des Statthalters von
Halabja, Fuad Saleh Riza, seine Stadt wie Hiroshima, Nagasaki und
Dresden zu einem lebenden Mahnmal gegen alle Massenvernichtungswaffen zu
machen“, sagte Zülch.

Der von al-Madschid unter dem Codenamen „Anfal“ geführte
Vernichtungsfeldzug gegen die Kurden von März 1987 bis September 1988
wurde von Giftgas-Angriffen auf rund 40 kurdische Ortschaften begleitet.
Überlebende wurden von der irakischen Armee liquidiert. Später wurden
Teile der kurdischen, aber auch der yezidischen, assyro-chaldäischen und
turkmenischen Bevölkerung aus den Provinzen Arbil, Dohuk, Suleymania,
Kirkuk und Mosul deportiert und vernichtet. Inzwischen wurde mit der
Exhumierung von Opfern begonnen, die vornehmlich im Südirak in
Massengräbern aufgefunden werden.

Die GfbV erinnerte daran, dass Al-Madschid im Sommer 1991 in Bagdad
gegenüber kurdischen Unterhändlern eingeräumt hatte, dass bei der
Anfal-Offensive „nicht mehr als 100.000“ Opfer getötet worden sind. Der
britische Nahost-Kenner Prof. David MacDowall gehe in seinem
Standardwerk „A Modern History of the Kurds“ (1969) von 100.000 Toten
aus. Kurdische Quellen zufolge wird die Zahl der Opfer sogar auf 180.000
geschätzt.

Die Giftgasangriffe der irakischen Armee hatte die GfbV als erste schon
im April 1987 in die deutschen Medien getragen und die Firmen Karl Kolb
GmbH und Pilot Plan beschuldigt, für die Vernichtung von tausenden
Zivilisten in den kurdischen Regionen des Irak Mitverantwortung zu
tragen. Unter Führung dieser beiden hessischen Unternehmen hatte eine
Reihe von deutschen und europäischen Firmen in den Jahren zuvor den
Aufbau der Giftgasanlagen im irakischen Samara vorangetrieben. Das
Bonner Landgericht hatte der GfbV daraufhin bei Androhung von zwei Mal
500.000 DM Bußgeld am 4. August 1987 untersagt, diese Beschuldigungen zu
wiederholen. Am 11. Januar 1988 hatte das Kölner Oberlandesgericht
diesen Richterspruch wieder aufgehoben, nachdem die GfbV sich auf
israelische Quellen berufen hatte. Nach einem Report der Vereinten
Nationen seien die Giftgas-Angriffe von so „gewaltigem Umfang“ gewesen,
„dass nur wenige Präzedenzfälle seit dem Zweiten Weltkrieg zu finden sind“.

So hatte das Bombardement der 80.000-Einwohner-Stadt Halabja mit einem
regelrechten Giftcocktail – darunter Senfgas, Nervengas, Sarin, Tabun
und sehr wahrscheinlich Cyanid – allein an einem Tag 5000 Tote
gefordert. In Halabja gibt es ungewöhnlich viele Fälle von bösartigem
Krebs, Hautkrankheiten, Atemproblemen, Unfruchtbarkeit und angeborenen
Missbildungen. Nach Einschätzung von Wissenschaftlern gleiche die
Situation einer genetischen Zeitbombe, die bei den kommenden
Generationen explodieren werde.

„Die Überlebenden von Halabja fühlen sich heute von der irakischen
Regierung und von der internationalen Gemeinschaft verraten“, hatte Fuad
Saleh Riza gegenüber dem GfbV-Nahostreferenten Kamal Sido in einem
Telefongespräch geklagt. Es herrsche hohe Arbeitslosigkeit, die Straßen
seien schlecht, es gebe nur mangelhafte Wohnmöglichkeiten, die
Gesundheitsversorgung sei schlecht und die hygienischen Verhältnisse
seien mangelhaft.

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