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- In den 1920er Jahren gab es einmal eine Debatte, die mit ähnlichen Bildern und Horrorszenarien arbeitete wie die heutige Überalterungsdebatte. Damals waren Karikaturen, die einen Arbeiter zeigte, der auf seinen schultern ein Joch trug, auf dem 3 oder 4 Geisteskranke oder Behinderte saßen, weit verbreitet. Von der DNVP bis zur KPD, von der DSTP bis zum Zentrum wurde diskutiert, dass die ständige Zunahme geistiger Erkrankungen und Behinderungen, die als erblich angesehen wurden, zu einer allgemeinen "Zersetzung" der Volksgesundheit und zu nicht mehr bezahlbaren Unterbringungskosten in den Heil- und Pflegeanstalten führen würden. Die Debatte endete im Massenmordprogramm derNazis, doch wird heute meist übersehen, dass dies nur die radikale Ausführung eines Programms war, das, auf falschen biologischen Annahmen basierend, damals politischer Mainstream quer durch alle Parteien war. Selbst die Innere Mission hatte Denkschriften zur zwangsweisen Sterilisierung von Psychiatrieinsassen, Demenz-und Trisomiekranken sowie sog. "Asozialen" (Armutsalkoholiker, Wiederholungsverbrecher, bettelarme Familien mit besonders vielen Kindern) verfasst, und schon 1920 war die Broschüre „Die Freigabe der Vernichtung lebensunwerten Lebens. Ihr Maß und ihre Form“von dem Psychiater Alfred Erich Hocheund dem Juristen Karl Binding erschienen. Die "Euthanasie" war also nicht der wirre Wahn der Nazis, sondern Ergebnis eines damaligen Herrschaftsdiskurses in den HUmanwissenschafte und z.T. auch der Volkswirtschaft und der politischen Publizistik, Teil eines eugenischen Gesamtprogramms, dem es um die Optimierung der Bevölkerung nach den Erfordernissen kapitalistischer Verwertungsbedürfnisse ging. Wenn man sehr zynisch ist, könnte man sagen, die Shoah war dann sozusagen Hilters persönliche Note -der durchgedrehte Rassenhass des "Führers knüpfte an die Ausmerze der überflüssigen Esser an, also machte man mit den Juden, an deren Vermögen sich der Normaldeutsche gerne bereichert hatte, das Gleiche wie zuvor mit den Allerschwächsten und Allerwehrlosesten und trieb hierbei die Ausbeutung menschlicher Arbeitskraft buchstäblich bis zur Verwertung der Knochen. So etwas wäre sicher keinem der gutbürgerlichen Eugeniker der 20er Jahre vorstellbar gewesen, fest steht aber, dass das größte Verbrechen der Menschheitgeschichte in der Kontinuität einer Debatte steht, die nicht nur Ähnlichkeit mit der heutigen Alterspyramidendiskussion aufweist, sondern ideengeschichtlich deren Vorläuferin war. Heute wie damals geht es nicht darum, einem echten Problem entgegenzusteuern, nämlich der Nichtmehrfinanzierbarkeit der Rentenkassen, sondern die Profitmaximierung durch die Verschärfung der unmittelbaren Ausbeutung voranzutreiben und dies ideologisch zu rechtfertigen. Wenn Ihr also Schirrmacher, Tiefensee, Milbradt, Mißfelder oder auch Bütikofer künftig von Überalterug unsererGesellschaft und der sich daraus ergebenden Notwendigkeit von Mehrarbeit und längerer Lebensarbeitszeit faseln hört, schaut ihnen genau ins Gesicht - und denkt daran, was sich dahinter verbirgt, und auch an die Tradition, in der dieses Argumentationsmuster steht.
Literatur zum Thema:
Nicholas Strange, Keine Angst vor Methusalem!
Albrecht Müller, Die Reform-Lüge
Götz Aly, Karl Friedrich Masuhr, Maria Lehmann, Karl Heinz Roth, Reform und Gewissen, "Euthanasie" im Dienst des Fortschritts
Götz Aly, Susanne Heim, Aussonderung und Tod. Die klinische Hinrichtung der Unbrauchbaren
Götz Aly, Susanne Heim, Ökonomie der Endlösung
Susanne Heim, Ulrike Schaz, Berechnung und Beschwörung. Überbevölkerung-Kritik einer Debatte
Jaqueline Kasun, The War on Population
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http://www.radiobremen.de/nachrichten/meldung.php3?id=32220
http://bremen.antifa.net/
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P.S. Hoffentlich schaffe ich es noch den Film zu sehen, nicht, dass die den absetzen, die kriegen ja alles fertig.
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"Und dann die Trottel der New Economy, die sich buchstäblich verzocken. Erfolg macht sexy, heißt es. Offensichtlich gilt das immer nur für einen Teil. Im endlos laufenden Liebes- und Haßfilm der sexuellen Ökonomie fickt kein Erfolgreicher einen Erfolgreichen. (Die heiraten höchstens, aber ich sag´s euch gleich: Das wird nichts.) Ein Erfolgreicher fickt einen Erfolglosen, so fängt das an. Die Geilheit und der Bürgerkrieg. Die New Economy hatte, was die mediale Repräsentation anbelangt, ein weibliches Gesicht. Natürlich waren die Motoren wieder männliche, spielende Kinder-Trottel, Turnschuh-Kapitalisten, Computernerds oder Schweinetrottel a`la J.R.Ewing. Aber die Ernsthaftigkeit und Dynamik des erneuerten und verschärften Systems, das waren Frauen, die wie Furien durch Großraumbüros eilten, beim Candlelight-Dinner Millionenaufträge an Land zogen, sich aber auch Meg-Ryan-mäßig freuen konnten, wenn ein Coup gelandet war. Die Frauen sollten dem Kapitalismus die Unschuld zurückgeben; nur durch sie und für sie konnte er nochmal ein Medium der Emanzipation für das Bürgertum werden."
Was ja auch nicht geklappt hat. Um Adorno zu zitieren: "Die Dialektik der Aufklärung schlägt objektiv in den Wahnsinn um. Der Wahnsinn ist zugleich einer der politischen Realität". Nun, da sind wir wiedereinmal angekommen.
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http://www.gmx.net/de/themen/nachrichten/ausland/amerika/3154234,cc=000000160300031542341I7SZG.html
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http://www.gmx.net/de/themen/nachrichten/deutschland/soziales/3143004,cc=000000160300031430041xSCEF.html
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Ker, ker, ker, watt ne Welt!
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Khaled Abu Awwad, Generalsekretär des Parentscircle, einer Organisation von Angehörigen getöteter palästinensischer und israelischer Zivilpersonen. Näheres hier: http://www.theparentscircle.org
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Unter http://www.s-and-w.de sind sie wieder erreichbar
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http://www.osar.ch/country-of-origin
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Eigentlich wollte man damit zum Ausdruck bringen, dass die Staatsschutz-Organe des Westens moralisch nicht anders zu bewerten seien als die Stasi, aber das Ganze hat noch eine andere Komponente, die der Mehrzahl der damaligen AktivistInnen entgangen sein dürfte. Die massenhaft in der DDR eingesetzten Wanzen zum Abhören, das waren ja Westprodukte, die in die DDR importiert wurden, selbst Waffen (Scharfschützengewehre von Anschütz aus Österreich) wurden für die Stasi importiert, sogar die Stasi-Mitarbeiter besaßen West-Uhren (von Bernstein), und bis heute werden ehemalige Stasi-Liegenschaften von westlichen Behörden genutzt, einige (z.B. Brück, ehemaliges NVA-Atomwaffendepot und das "Objekt 76" bei Berlin) sind militärisches Sperrgebiet und waren das auch vorher, bruchloser Übergang also. Manchmal denke ich, da gehörte schon etwas zusammen, bevor es zusammenwuchs.
Update: Die ehemaligen Mitarbeiter des MfS gibt es ja auch noch. Ich möchte in dem Zusammenhang eine Metapher bemühen: Als Maria Theresia und Joseph II die Folter abschafften und die allgemeine Schulpflicht einführten, was wurde da aus den ganzen Folterknechten, die ja alles Staatsdiener waren? Und wo kamen plötzlich die ganzen Lehrer her?
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Spannend!
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Danke an Dr. Dean für den Link!
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In diesem Zusammenhang möchte ich zu Huntington noch bemerken, dass dieser in den 1980er Jahren Mitglied einer Kommission zur Entwicklung einer integrierten Langzeit-Strategie für die US-Streitkräfte war, und bei einem solchen Hintergrund fällt es mir schwer, dem guten Sam den neutralen Philosophen abzunehmen. Umso mehr trägt Dahrendorfs Beitrag zur Wahrung eines rationalen politischen Diskurses angesichts der herrschenden Verwirrung bei.
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http://rebellmarkt.blogger.de/stories/589329
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http://mivtzaatid.wordpress.com/
http://www.claudiakilian.de/
http://dosron.twoday.net/
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Ich gehöre nicht zu den Honoratioren, wohl aber zur Lokalprominenz der Provinzstadt. Wenn ich in Urlaub fahre, verabschiedet sich der Stadtdirektor von mir, ich habe im Theater zwei Ehrenplätze direkt hinter dem OB, in der Fußgängerzone grüßen mich Passanten mit Namen, da ich bekannt genug bin.
Ein Blick in den Rückspiegel. Die Enduro, die die ganzeNacht hinter unserer Villa Kunterbunt im Park gestanden hat, nimmt die Verfolgung auf. Nach einer Weile spricht der Fahrer in ein Funkgerät und biegt ab, während nun ein VW-Bus mit der Werbung eines Service-Unternehmens hinter mir herfährt. Meine Briefe kommen zwei Stunden später an als beim Rest der Hausgemeinschaft dafür, etwas Service darf man ja erwarten, geöffnet. Eine Mitbewohnerin bringt Müll zum Müllcontainer, zu dem und von dem zurück ihr eine gelber Postbus folgt. Seit Wochen geht das so. Wir verabreden uns telefonisch zur Übergabe einer Kiste mit Granaten und können dann amüsiert verfolgen, wie viele Einsatzkräfte der Überreichung eines Kastens Jever beiwohnen. Die ganze Farce endet, als ein grinsender Richter das Verfahren einstellt und ein grinsenderer Anwalt seine Robe in die speckige aktentasche knüllt und schulterklopfend sagt: "So viel zum Thema 129a)!"
Niemandem aus meiner jetzigen Umgebung könnte ich dies erklären. Diese kommunalen und Provinzhochschul-Bediensteten, mittelständischen Unternehmer, Juristen und IHK-Funktionäre, PRler und Designer, Journalisten und Berater, mit denen ich so zu tun habe, haben zu dieser Vergangenheit, von der ich mich nie distanziert habe, sondern der ich langsam entwachsen bin, keinen Bezug. Nicht, dass ich mit meiner Vita hinterm Berg hielte, manche Erlebnisse haben für meine jetzige Umgebung großen Unterhaltungswert, aber ich teile mit ihnen nur das Hier und jetzt, weder das Gestern noch das Morgen.
Die Nacht im Minenfeld im Sinai, der Anblick eine explodierenden Autos, wo ich gerade noch gestanden hatte,die Genossin, die sie nackt an den Armen aufhängten und der sie unsagbare Scheußlichkeiten androhten, bis ein Anruf von ganz oben sie rettete, das Grauen, als wir Fotos von Azads Heimatdorf sahen, auf das sie Schrappnellbomben so dicht geworfen hatten, dass eine jede im Wirkungskreis der anderen detoniert war, so etwas vergisst man ebensowenig, wie die vielen Situationen, wo man gemeinsam Solidarität und eine tiefe Mitmenschlichkeit erfuhr, das ist keine Vergangenheit, die man ablegt wie einen Mantel.
Der Zweite Bürgermeister eröffnet eine Ausstellung, ich halte eine Laudatio. Klickblitz, klickblitz, klickblitz, shakehands, wiedermal. Dieses biedere, etwas konservative, in religiösen, sexuellen und migrationspolitischen Fragen liberale Millieu ist gar nicht so schlecht, hätte ich immer hier gelebt, hätte bei mir möglicherweise keine Radikalisierung stattgefunden, eher ein Aussteigen Richtung Travellertum, Stairway to heaven am Strand von Lombok singend.
Szenenwechsel: Man gibt 60 000 Euro für eine Lautsprecheranlage und ein Übersetzerbüro aus, damit wir zwei den Vorständen, Aufsichtsräten, Gewerkschaftern und Frauenbeauftragten unsere Rechercheergebnisse zu den Tätigkeiten des Konzerns in diesem schönen Lande vortragen können, übersetzt in 3 Sprachen. Sie erwarten eine gehübschte Werksgeschichte mit einigen kritischen Anmerkungen, man hält sich Historiker schließlich als so eine Art Hofnarren.
Wir aber erzählen in Seelenruhe, wer wann welche spektakulären Unfälle verursacht hat, wie man mit den Generälen gekungelt hat, dass die Lautsprecherboxen auf der Plaza major einmal aufgehängt wurden, um die Schreie der Gefolterten im Keller des Justizpalasts mit Gedudel zu übertönen, wie man der Stadt Wasserrechte abkaufte, erzählen den Gewerkschaftern und Frauenbeauftragten, welche Rechte sie in Deutschland hätten, wir nennen schrecklich viele Namen und Daten. Mitten in unserem Vortrag geht ein Vorstandsvorsitzender wortlos, andere schlagen die Hände über dem Kopf zusammen. So schnell werden die keinen Historikern mehr die Werkstore öffnen. Am Abend, bei Languste und Rotwein, lobt uns unser Gastgeber und sagt, wir hätten genau die richtigen Fragen thematisiert, da hätten einige Täter mit im Saal gesessen.
So gesehen, bin ich nicht spießig geworden, habe nur das Kampffeld gewechselt. Einige gezielte, stachelige Interventionen gehen noch immer. Ein Bruch in meinem Leben?
Nö, nur eine große Bandbreite.
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Ich habe darüber nachgedacht, mich ein wenig in der Geschichte umgesehen und bin zu dem Resultat gekommen, dass Kapitalismus dann wohl ein eher randständiges und nur in historischen Ausnahmesituationen auftretendes Phänomen sein dürfte, wenn man diese Definition eng auslegt und richtig ernst nimmt. In der ganzen Nachkriegszeit bis zum Auftreten von Reagan und Thatcher war der hoch regulierte keynesianische Wohlfahrtsstaat der Normalzustand der westlich-kapitalistischen Welt, eine Gesellschaftsformation, in der ich aufgewachsen bin und die mich prägte. Eine andere Kapitalismusdefinition vertritt mein Vater, der mittlerweile auf Diskussionsrunden wie die von Sabinsen von gestern Abend mit blankem Hass reagiert. Für ihn ist der Sinn und Zweck einer kapitalistischen Wirtschaft, ihre einzige Existenzberechtigung, die Finanzierung eines Sozialstaats, und darunter stellt sich mein Vater den Sozialstaat der 1970er Jahre vor, wo es noch selbstverständlich war, dass man für Zahnersatz und Brille absolut nichts dazuzahlte, Hausbesitzer Renovierungsarbeiten vom Staat bezuschusst bekamen und der Arbeitnehmer als Solcher alle 5 Jahre eine vom Staat bezahlte Kur machte, unabhängig davon, ober er krank war oder nicht. Für meinen Vater hat das politische System der Bundesrepublik Deutschland seit Verabschiedung der Hartz-Gesetze jede Existenzberechtigung und moralische Legitimität verloren. Dabei ist mein Vater nicht etwa ein linker Intellektueller, auch kein dem Kapitalismus besonders fernstehender Mensch, sondern ein pensionierter Bankdirektor, der seine politische Sozialisation in der Ära Adenauer/Ehrhardt/Kiesinger erhalten hat. Diese Ära zeichnet sich durch ein hohes Maß an Koporatismus aus. In Permanenz über Jahre tagende gemischte Kommissionen aus Arbeitgeberverbänden, Gewerkschaften und Regierung bzw. Krankenkassen, Ärztekammern und Regierung legten Löhne, Gehälter, Arbeitszeiten und Finanzierung des Gesundheitswesens fest, ohne dass es zu Arbeitskämpfen kam, die entscheidenden Beschlüsse fanden auch nicht in Tarifrunden und nicht im Parlament, sondern in den Kommissionen statt (Konzertierte Aktion). Ludwig Ehrhardt bezeichnete die soziale Marktwirtschaft mit ihrem hohen Organisationsgrad in Form mächtiger und die Sozialpolitik gestaltender Verbände selbstgefällig als die "Formierte Gesellschaft". Etwas, womit meine Eltern hautnah zu tun hatten, war die staatliche Zwangsverwaltung des Wohnungswesens, die bis 1965 bestand. Bedingt durch die Wohnraumverluste des Bombenkriegs besaßen die Wohnungsämter die Macht, jedem Hausbesitzer Mieter zuzuweisen. So wohnten meine Eltern als Besitzer eines mehrstöckigen Mietshauses in der eigenen Wohnung mit zwei anderen Familien zusammen, mit denen sie sich Küche, Bad und Toilette teilten. Sie bewohnten mit zwei Kindern innerhalb der eigenen Wohnung lediglich ein Zimmer. Mietern zu kündigen war nur bei schweren Verstößen möglich, in einem Fall reichte die Tatsache, dass ein Mieter einer Mitbewohnerin eine Bratpfanne über den Schädel gezogen hatte nicht aus, um ihn rauszuklagen. So gestaltete sich die dynamischste Wachstumsphase des deutschen Kapitalismus, das sog. Wirtschaftswunder, zugleich als eine Welt mit einer heute höchst sozialistisch anmutenden staatlichen Mangelverwaltung.Wenn wir über die Grenze schauen: Unter gaullistischer Ägide, also von 1958 bis 1972, wurden in Frankreich Mindestlöhne und Höchstpreise durch Präsidialdekrete geregelt.
Weiterhin: Wenn Kapitalismus an freie Märkte und das Fehlen staatlicher Regulierungen gebunden ist, dann hat er zu Zeiten von Adam Smith, David Ricardo und Karl Marx ebensowenig existiert wie Marxens Sozialismus. Konzepte wie "die unsichtbare Hand", "das freie Spiel der Kräfte" und der liberale "Nachtwächterstaat" waren ja keine Beschreibungen einer vorgefundenen Realität, sondern Idealbilder liberaler Philosophen. Die Staaten, in denen diese lebten, subventionierten sich selbst durch Schutzzölle, besaßen eine in verschiedener Hinsicht noch merkantilistische Wirtschaftsordnung und schufen sich in Form der Kolonien gerade gänzlich künstlich organisierte, auf die Bedürfnisse der imperialistischen Mächte und ihrer monopolistischen Kolonialhandelsgesellschaften hindesignten Märkte.
Schließlich und endlich wäre etwa auch zu fragen, inwieweit gerade die heutigen USA, deren treibender Wirtschaftsfaktor ein zu 100% auf Staatsaufträge angewiesener und staatlich subventionierter Aerospace- und Rüstungssektor darstellt, ein typisches Beispiel für einen radikalen Liberalkapitalismus darstellen.
Ich würde viel eher sagen: Ob das aktuelle Deutschland, der norwegische und finnische "Volksheim"-Wohlfahrtsstaat, das anglo-amerikanische Modell, aber auch faschistische Diktatur oder der chinesische Sonderweg einer kapitalistischen Modernisierung unter formal kommunistischem Regime, dies alles sind Formen kapitalistischer Gesellschaften, nur eben mit jeweils unterschiedlichem Charakter.
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