Samstag, 1. Juli 2017
Willkommen unter Normalos
Ich habe zwar einen sehr großen Bekanntenkreis, aber von der Zusammensetzung her ist der schon speziell, sozusagen selektiert. Ich nenne mal die Kriterien, nach denen mensch die Leute sortieren kann, wobei die teilweise entweder-oder und teilweise sowohl-als-auch-Kriterien erfüllen.

1) Linke, teils mit Szenehintergrund, zumindest aber das was früher einmal alternatives Milieu genannt wurde

2) Akademisches Publikum, Studierte (durchaus nicht immer links)

3) Malocher, Industriearbeiter mit straightem gewerkschaftlichen Hintergrund, mensch könnte durchaus klassenbewusste Proleten dazu sagen

4) Kletterfexe und Abenteurer


All diese Leute zeichnet aus dass ihre Ansichten nicht allzu konventionell und stromlinienförmig sind, und vieles was wohl gesellschaftlicher Mainstream ist ging in meinem bisherigen Leben an mir vorbei. Das bekam ich nun bei etlichen Workshops mit jungen KollegInnen mit, die derartig krass Klischees leben wie ich es mir bisher nicht hatte vorstellen können. Männer, die damit prahlen wieviel Alkohol sie vertragen können und wieviele Frauen sie schon gepimpert haben, dasselbe aber Frauen nicht zugestehen - das sind dann Schlampen - und Frauen, die mit dem schlechten Gewissen gegenüber ihren Typen und ihren Familien kämpfen weil sie Karriere machen und die im Übrigen der Meinung sind jede Frau müsste totalkörperenthaart sein und deshalb qualvolles Epilieren über sich ergehen lassen (ohne begründen zu können warum eigentlich) und generell Leute, die absolut nicht nachvollziehen können wieso ich mich politisch engagiere oder warum ich bergsteige und die mir meine turbolente Szenebiografie nicht glauben wollen weil sie sich so etwas gar nicht vorstellen können. Auch nicht etwa Rucksackurlaub in fernen Ländern zu machen. Urlaub ist chillen oder Ballermann, etwas riskieren tut mensch nur im Bereich Drogen, aber doch nicht um politischer Ideale willen oder aus reinem Abenteuer heraus. Sportlich sein bedeutet pure Kraft und klassisches Pumpen in der Muckibude, Klettern oder Kampfsport sind da geradezu etwas Außerirdisches. Richtig religiös ist niemand von denen, aber so ein Quäntchen Aberglaube und Esoterik verbreitet.


Wenn so die anschlussfähige Mehrheit der Gesellschaft gestrickt ist bekommen im Nachhinein so einige der Äußerungen von Leuten wie Momo oder Loellie noch Sinn. Bisher hatte ich mir Menschen mit solchen Ansichten in der erlebten Reinkultur nicht vorstellen können.

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Samstag, 24. Juni 2017
Wahrnehmung
Hatte mit Mahmood gegessen. Bezogen auf die Bedienung in dem Restaurant meinte er: "Die Frau ist scharf auf Dich." Das erstaunte mich nun, denn meine Wahrnehmung hätte ich so beschrieben: "Die Frau würdigt mich keines Blickes."

Bin ja eh der Meinung, dass ich, wenn ich nicht sehr gut drauf bin (Betonung liegt auf sehr) oder bewusst in den Flirtmodus schalte auf Frauen so gut wie gar keine Wirkung habe. Aber das scheinen andere anders zu sehen.

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Erschütternd und kaum erfasst - Die Selbstmordrate unter Flüchtlingen
https://de.sputniknews.com/gesellschaft/20170623316291564-selbstmordrate-bei-fluechtlingen/

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Montag, 19. Juni 2017
Reiherfedern über den Helmen, oder auch: Mal wieder: Die historische Beschränktheit der Wikipedia
Bei diesem Beitrag hier ist alles richtig:

https://de.wikipedia.org/wiki/Rajputen

Und doch fehlt etwas ganz Wesentliches: Ursprünglich waren die Rajputen ein Stand, eine Hierarchiestufe innerhalb der indischen Kriegerkaste. Das Wort Raja bedeutet eigentlich Reiher (hier sehen wir die indogermanische Wurzel unserer eigenen Sprache), und Rajputen waren grundbesitzende berittene Krieger, die das besondere Privileg besaßen, eine Reiherfeder auf dem Helm zu tragen, in vielem europäischen Rittern vergleichbar, allerdings keine Lehnsmänner, sondern erbliche adlige Grundbesitzer. Über ihnen standen die Rajas und Ranis, vielleicht mit Grafen und Gräfinnen vergleichbar, und über denen die Maharajas und Maharanis, der Fürstenstand (darüber dann sehr viel später und bis zur englischen Eroberung der Mogulschah, der Mongolenkaiser aka Großmogul). Erst die Durchdringung Indiens mit Eindringlingen wie muslimischen Eroberern seit dem 08. Jahrhundert, dann den afghanischen Ghasnawiden, dann den Mongolen machte aus dem ursprünglichen Stand der Rajputen einen Stamm. Was auch mal wieder etwas über Ethnogenese sagt: Die Ethnisierung des Sozialen.

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Imperium USA - ein Auslaufmodell?
Gefunden bei Netbitch:


https://www.youtube.com/watch?v=80FNbCwhCWY&feature=youtu.be

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Staatstrauer für Helmut Kohl
Was ist zu erwarten? Werden die Kurt-Schmacher- und die Konrad-Adenauer-Brücke jetzt in "Über den Jordan 1" und "Über den Jordan 2" umbenannt? Wird er standesgemäß in einer birnenförmigen Urne beigesetzt?

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Sonntag, 11. Juni 2017
Zum Brexit
The Lady flew above the cuckoo's nest ;-)

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Montag, 5. Juni 2017
Kosmische Extreme
Was mich immer wieder fasziniert sind die Rand- und Sonderbereiche der Kosmologie und Astronomie. Während das übliche Modell der Sternentwicklung von einer Hauptreihe und einer Population B ausgeht - Sterne, die sich von sehr heißen und massereichen Objekten allmählich über den Endpunkt der Wasserstofffusion und das dann einsetzende Heliumbrennen bzw. den 3-Alpha-Zyklus zu Roten Riesen und Roten Überriesen entwickeln, um entweder direkt zu weißen Zwergen zu schrumpfen oder sich nach einer Supernova-Explosion in Weiße Zwerge, Neutronensterne oder Schwarze Löcher zu verwandeln gibt es noch einige Sonderformen bzw. es scheint weitere zu geben: Wolf-Rayet Sterne, die sind riesiger als Blaue Überriesen und stoßen ihre äußeren Hüllen aufgrund ihrer extremen Hitze und Konvektivität schon unmittelbar nach ihrer Sternentstehung ab, scheinbar ist ihr Kollaps nicht nur mit einer Supernova sondern auch mit einem Gammablitz verbunden, Blaue Pygmäen, das ist eine Steigerungsform Weißer Zwerge, 40.000 Grad heiß, mindestens 2 Sonnenmassen, etwa marsgroß, Gravasterne, Zwischenstadien zwischen Neutronensternen und Schwarzen Löchern sowie Quarksterne mit ziemlich exakt 3,5 Sonnenmassen und einer Zusammensetzung aus Quarkmaterie oder reinen Gluonen und millimeterdünnen Uran- oder Neutroniumoberflächen, deren Existenz einen Teil der Dunklen Materie erklären könnte. Übrigens enthalten die seltsame und sogenannte doppelt seltsame Energie, für die die Gesetze von Raum und Zeit nicht in der gewohnten Weise gültig sind. Ein Fest für den Bizarrologen.

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Von der Bedeutung der Begriffe
Es ist immer wieder interessant zu sehen welche Begrifflichkeiten wir verwenden, wo sie herkommen und welche Bedeutungswandel sie in den Zeitläuften vollzogen haben. Während "geil" heute so etwas bedeutet wie früher "toll" (was zu einer anderen Zeit wahnsinnig meinte) oder "toff" hieß das früher mal sexuell extrem erregt und war ein Ausdruck der absoluten Vulgärsprache. "Die Katze aus dem Sack holen" bedeutete mal, die neunschwänzige Katze aus dem roten Beutel in dem sie verwahrt wurde herauszuholen, um eine Auspeitschung zu vollstrecken (der Nierengurt wurde übrigens ursprünglich nicht für Motorradfahrer erfunden sondern für zur Auspeitschung Verurteilte, um diese lebenswichtigen Organe zu schonen).

In meiner Kindheit gab es noch die Drohung "Du bekommst eine Naht", und das bedeutete im Ursprung, so schwer gepeitscht oder gestockprügelt zu werden dass die Wunden genäht werden mussten.

"Spitz auf Knopf" kommt daher, dass ein unterlegener Gladiator entweder erstochen wurde oder den Schwertgriff in die Hand bekam und würdevoll fortgehen konnte. "Bankrott" bedeutete ursprünglich die umgestoßene Bank des Geldwechslers ("Banco rotto", Banken waren damals keine Institutionen, sondern schlicht die hölzernen Bänke von Geldwechslern und Geldverleihern), von der sich in diesem Fall Gläubiger oder unzufriedene Kunden das heruntergeworfene Geld nahmen. Ein Korso war mal eine Rundfahrt von Seeräubern ums Mittelmeer, bei der sie alles plünderten was zu kriegen war, die Teilnehmer waren die Korsaren und hinter ihnen standen Aktiengesellschaften, die die Piraterie als Geschäft betrieben. Das Versicherungswesen hatte seinen Ursprung darin, Handelshäuser für die damit verbundenen Verluste zu entschdigen.

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Sonntag, 4. Juni 2017
Generation Rabäh revisited
In seinem aktuellsten Beitrag beleuchtet Bersarin hier ein Thema, das aus einer ganz anderen Perspektive beleuchtet ich auch schon einmal am Wickel hatte:

https://bersarin.wordpress.com/2017/06/03/deutscher-dichter-dichte-mir-oder-wovon-lyriker-leben/

https://che2001.blogger.de/stories/2482117/#2645592

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Sahne an den Fenstern
An und für sich kenne ich mich in der Sprache des Rotlichtmilieus aus, aber dieser Ausdruck bereitet mir Kopfzerbrechen: "Sahne an den Fenstern" bzw. "Sahne vor den Augen". Es beinhaltet eine Drohung, es ist etwas das mit Leuten gemacht wird die bei der Schmiere gesungen haben. Aber was ist damit gemeint? Weiß das wer?

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Wie pervers ist das denn?
In Afghanistan demonstrieren Menschen dagegen, dass ihre Regierung sie nicht gegen Terroristen schützen kann. Die Polizei geht gewaltsam gegen sie vor, ein Bulle schießt mit einem Colt-Commando-Sturmgewehr in die Menge. Es gibt mehrere Tote. Bei der Trauerfeier für eines der Opfer, unmittelbar nachdem der Mullah mit der Grabesrede begonnen hat explodiert mitten in der Trauergesellschaft eine Bombe und tötet mehrere Menschen. Thomas DM meint, Afghanistan sei ein sicheres Land, in das man Menschen abschieben könne, und es wird dorthin abgeschoben. Ich empfehle Menschenketten und Krähenfüße auf Startbahnen. Kleine Tellerminen, die nur Reifen zerstören wären auch hilfreich.

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Freitag, 2. Juni 2017
Fulbe
Das zahlenmäßig am schnellsten wachsende Volk dieses Planeten sind die Fulbe. Ebenso schnell wie sich vermehren schrumpfen ihre Siedlungsräume, die Sahelzone. Es gibt keine Grenzregime, Schutzzonen oder Auffanglager, die an dieser Tatsache etwas ändern könnten.

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Freitag, 2. Juni 2017
Herzlichen Glückwunsch zur 70, Konstantin Wecker!
Ich habe seine Musik immer geliebt, sie gehörte zu den beflügelnsten Impulsen meiner Jugend. Politisch war ich mit ihm nicht immer einverstanden, in der Eskalationsphase des Anti-AKW-Widerstands gab er den BKA-Barden: Das BKA finanzierte eine Platte mit dem Song "Mach Dich nicht mit Gewalt kaputt", der sich gegen Militanz auf Demos richtete. Meine Abneigung gegen die Grünen hängt ja auch damit zusammen, dass deren Gründergeneration sich staatstragend und denunziatorisch gegen militante Linke wie Autonome und Antiimps richtete bis zur Forderung, diese an die Bullen auszuliefern. Dennoch, Weckers Songs sind und bleiben großartig. Chapeau und alles Gute!

https://www.youtube.com/watch?v=Htk2ELTOjnU

https://www.youtube.com/watch?v=nP1Zj6SqN_Y

https://www.youtube.com/watch?v=2YkNKh6XqhE

https://www.youtube.com/watch?v=aZtmfCJRErY

https://www.youtube.com/watch?v=pwJo0dc7jJQ

https://www.youtube.com/watch?v=RR66muNSXB0


https://www.youtube.com/watch?v=CfJawNZm-rQ

https://www.youtube.com/watch?v=D39rJvoCqjE

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Rage against Abschiebung - Nichts ist gut in Afghanistan
Ich war begeistert, als sich eine komplette Berufsschule den Bundesbullen, die einen der Ihren, einen jungen Afghanen in sein Nichtmehrheimatland abschieben wollten. Hinterher gab Thomas de Maiziere - in Euro-Zeiten kann man ihn nicht mehr wie Lothar DM abkürzen - eine Pressekonferenz, auf der er begründete, wieso Menschen nach Afghanistan abgeschoben werden könnten, dürften und müssten. Mein alter Vater kommentierte das mit: "Dafür sollte man dem eine Rakete in den Hintern stecken und ab!". Nachdem Thule-Mystiker und andere rechte Verschwörungstheoretiker den Mythos schüren, es gäbe in der Antarktis eine Region Neuschwabenland, in der Nachkommen von Nazi-Wissenschaftlern und SS-Größen in unterirdischen Kavernen leben könnte man ja vielleicht auch die deutschen Neonazis dorthin aussiedeln. Bei minus 69 Grad überleben halt nur die, die hart wie Kruppstahl sind.

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Montag, 29. Mai 2017
Timothy Garton Ash - Karlspreis für ein Ashloch
Es ist ja immer wieder erstaunlich, wer so alles für zivilgesellschaftliches Engagement ausgezeichnet wird. TGA ist mir hauptsächlich durch ein SPIEGEL-Interview aus dem Jahre 1998 in Erinnerung, in dem er gefragt wurde, was er von einer Bundesregierung Schröder erwarte. Da sagte er, um wirtschaftliche Prosperität in Europa zu garantieren müssten die Sozialsysteme von Deutschland und Frankreich zerstört werden, wie das in UK unter Thatcher schon passiert sei. Um Wirtschaftswachstum zu erzeugen bräuchte man einen Bodensatz von 30-40 % der Bevölkerung, die dauerhaft im Elend leben, um Druck auf die Erwerbstätigen auszuüben, mehr für weniger Geld zu arbeiten. So gesehen sind die Hartz-Gesetze eine soft version seiner Forderungen.

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Mutterwitz revisited
Meine 2012 verstorbene Mutter zeichnete sich durch einen skurrilen, trockenen Humor aus, dessen schönste Blüten ich auf diesem Blog dokumentiert habe. Beim Nachlesen aus größerem zeitlichen Abstand wurde mir erst klar, um was für Perlen es sich da handelt. Also kommt das Ganze, im Ursprung über Jahre zusammengetragen (2006 bis 2012) hier noch mal am Stück.

Mein Vater erzählte von einem kostenlosen Hörtest für Hörgerätebedarf und meinte, da Mutter da eh nicht hinginge könnte er das ja mal machen und sich für sie erkundigen. Daraufhin erwiderte meine Mutter: "Auf dem linken Auge bin ich eh fast blind."

Ah ja

Zu dem sensationellen Sieg der deutschen Frauenelf in Mannheim meinte meine total begeisterte Mutter, Célia Okoyino da Mbabi sollte mal für eine Saison zur Männermannschaft geschickt werden um denen zu zeigen wie Tore geschossen werden und Mannheim sollte in Frauheim umbenannt werden.

Meine Mutter ist ja für ihren schwarzen Humor bekannt. Seit einigen Wochen nun liegt die alte Dame im Krankenhaus. Als Vater und ich sie heute besuchten, erwartete sie uns zeitunglesend in ihrem Krankenbett und erzählte, sie gucke, ob ihre Todesanzeige schon drin sei.

War gerade bei meinen Eltern zum Essen, und was meine Mutter da mit ihrem trockenen Humor vorlegte war wieder köstlich. Vater meinte, sie wäre ja die Güte und Sanftmut in Person, zumindest äußerlich. Wie oft sie insgeheim schon den Wunsch gehegt hätte, ihn oder mich umzubringen sähe man ihr ja nicht an. Da erwiderte sie, das würde ja auch Sinn machen und sich lohnen, sie wüste aber nicht, wie sie es anstellen sollte und hätte es daher auch noch nie versucht. Ein anderes Highlight brachte sie, als Vater meinte, Kind mache jetzt eine Aktion, mit der man kostenlos eine Woche ein Hörgerät zur Probe tragen könne. Da versetzte sie, sie sei froh, nicht alles hören zu müssen, sie wolle doch nicht auch noch alles mitbekommen, was um sie herum vorginge, wo kämen wir denn da hin.


Kommentar meiner Mutter zur Flutkatastrophe in Australien: "Die Krokodile probieren jetzt die Australier und dann kommen sie auf den Geschmack."

Meine Mutter bekommt alle 6 Wochen Hausbesuch von ihrer Ärztin. Als Vater ihr sagte, dass am nächsten Tag wieder Besuchstag wäre fragte sie: "Welche Krankheiten sind denn gerade im Angebot?"

Momentan arbeite ich an einer Reportage zum Thema Extrembergsteigen und erzählte meiner Mutter, dass ich es gut finde, wie fair eine Redaktion dabei mit mir umgeht. In dem Zusammenhang wies ich darauf hin, dass ich als freier Journalist meinen Honoraren früher mühsam hinterherlaufen musste. Da meinte sie: "Als Bergsteiger hast Du mit dem Laufen ja Deine Schwierigkeiten."


Manchmal übertrifft meine Mutter ja sich selbst. Als sie sich kürzlich darüber beschwerte, dass es doch völliger Unfug sei, wenn der Wetterbericht bei relativ kühler Witterung vor einem Gewitter warne, erklärte Vater ihr, was eine Kaltfront ist und wie aus einem wandernden Tiefdruckgebiet ein Gewitter entsteht. Als sie dann fragte, woher er das wisse, erwiderte er, er hätte zwar nur Volksschulabschluss, aber durch ständiges Lesen aller möglichen Literatur sich dennoch eine solide Bildung angeeignet. "Hoffentlich kriegst Du nicht vor lauter Bildung einen total dicken Kopf" antwortete sie, "und der platzt dann und die ganze Bildung spritzt durch die Gegend!", worauf er schlagfertig erwiderte "dann kriegst Du davon auch was ab.


Es war herrlich, mal wieder den Erzählungen meiner Eltern aus deren Jugendzeit zuzuhören. Da ging es um Kohlenklau, die bemerkenswerte Tatsache, dass auch eine sehr betagte Tante noch Güterwagen entern konnte, um Arbeiter, die von Studenten Aktentaschen eintauschten, um darin unbehelligt Briketts schmuggeln zu können ("reichte aber nur zum Kaffeekochen, so Vater), und Mutter erzählte, dass sie Vater (mit dem sie noch nicht verlobt war) auf dem Fahrrad einen Nichtraucher vorbeibrachte, damit dessen Familie was zu essen hatte. "Wie bitte?" fragte ich, "Nichtraucher?"

Der Vater meiner Mutter war Viehändler, und Nichtraucher nannte man Ferkel, die wenig Appetit hatten und daher als Mastferkel ungeeignet waren, weswegen man sie nicht verkaufte, sondern für Eigenschlachtbedarf zurückhielt. Mit väterlicher Genehmigung brachte sie der armen Familie ihres Freundes auf dem Gepäckträger einen Nichtraucher vorbei. So hatten meine Eltern auch viel Verständnis für Rio Reisers "Es ist wahr, dass die Kühe das Gras nicht rauchen, sonder fressen."

--- Als ich ihr Fotos von einer sehr extremen Bergtour zeigte, über die Andere Sprüche wie "völlig verrückt, "lebensgefährlich", "Wahnsinn" äußerten war ihr ganzer Kommentar angesichts der aktuellen Affenhitze: "Zumindest ist es da oben kühl, da könnten die Bergsteiger ja mal was von abgeben."

Ich besuchte gerade meine Mutter und fand sie die Trauerfeier für die Amoklauf-Opfer guckend. Zu einem Bischof oder sonstigen Prälaten, jedenfalls purpurgewandet meinte sie: "Das ist der Schlimmste, der Obermuckel!".

Wochenenden mit meinen Eltern zusammen sind mitunter Klasse. Vater las meiner Mutter eine Speisekarte vor, und sie wusste nicht, was Basilikum ist. Als ich ihr sagte, dass das ein als Gewürz verwendetes Küchenkraut sei, erwiderte sie, bei ihr zuhause (d.h. in den 30er Jahren auf einem Hof) habe es zum Würzen nur Salz und Petersilie gegeben und nicht so ein neumodisches Zeug. Daraufhin sagte ich, dass Basilikum schon seit 3000 Jahren verwendet wird. Prompt kam: "Dann wird es höchste Zeit, dass man damit aufhört!".
Die Sprüche meiner Mutter zu der sehr gelungenen Weihnachtsbescherung waren ja wieder klasse. Zu Vater, der sich über ein Akkupressurbuch freute, meinte sie "Schon ist er gesund!", zu meiner neuen The Norce Face-Jacke sagte sie, dass die aber sehr rot sei, worauf ich erwiderte, ein Bergsteiger bräuchte eine auffällige Jacke. "Ich weiß, du willst unbedingt gerettet werden, stehst halt auf kostenlose Hubschrauberflüge!", und zu den vielen Cremebädern und Anti-Aging-Lotions, die ihr geschenkt wurden "Da muss meine Haut ja gesund werden, wenn sie es nicht wird, ist sie selber schuld!".
Wunderbar!

Die Sprüche meiner Mutter sind ja besser als jede Comedy. Bei einem Anruf aus meinem Urlaub erwiderte sie auf "Du kannst Dir gar nicht vorstellen, wieviele Apfelbäume es im Vinschgau gibt!" "Gut, dann stelle ich mir das nicht vor."

Als ich mal meinte, ich hoffte, dass sie mir noch möglichst lange erhalten bliebe, kam "jemand muss ja schließlich die Suppe kochen, wenn Du hier bist." Als ich daraufhin meinte, dass ich sie für einen der wertvollsten Menschen hielte, die ich kenne, kam als Antwort "Das geht mir natürlich runter wie Öl. Übrigens gibt es von Biskin da eine neues Olivenöl, das wäre was für Dich."


Und kürzlich erzählte ich, dass ich nur zweimal im Leben von einer Wespe gestochen wurde, einmal als Kind und einmal mit 30, da meinte sie "Dann wird die Wespe sich wohl gefreut haben, dich wiederzuerkennen."


Meine Mutter war mal wieder klasse: Ich erzählte etwas von einer Stadt, in der ich sehr lange gelebt habe, wie ich fälschlicherweise meinte, 18 Jahre. "Es waren 16", stellte sie richtig, nicht ohne den Kommentar, "aber Du bist ja Historiker, solche Leute denken in Jahrhunderten, da sind zwei Jahre mehr oder weniger nicht so wichtig und ohnehin eine Frage der Quellenlage."

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Ramadan Karim!
Während islamistische Terroristen (in RAF-Zeiten hatte ich noch von Stadtguerilla gesprochen, aber das sind reine Terrorbanden) fröhlich feiernde Teenager ermorden, beginnt für die wirklich religiösen Muslime der Fastenmonat, zu dem es gehört, den Armen ein Abendessen zu bereiten, das sie selber kaum bezahlen können. Das Almosengeben ist religiöse Pflicht für alle Muslime. Das In-Die-Luft-Sprengen von X-beliebig ausgewählten Menschen steht außerhalb jeder Religion und jeder Zivilsation.

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Freitag, 26. Mai 2017
Vaterwitz oder "Was ist Normalität?"
Zum trockenen Humor meiner Mutter hatte ich unter der Rubrik "Mutterwitz" ja etliche Postings geschrieben https://che2001.blogger.de/search?q=Mutterwitz&submit=start , nachdem sie gestorben ist ist es damit leider zu Ende. Um sie selbst zu zitieren: Nun ist sie ja still (Zitat meiner Mutter zum Tod von Regine Hildebrand: "Die SPD-Tante mit der lauten Klappe aus Brandenburg ist gestorben. Na ja, nun ist sie ja still."). Mein Vater allerdings, mit 88 auch kein Jungspund mehr ist da auch nicht zu verachten. Er sagte kürzlich Folgendes: "Ich habe da im Radio so eine katholische Predigt gehört in der ein Priester sagte, die Homoehe könne von der Kirche nicht akzeptiert werden da nur die Ehe zwischen Mann und Frau heilig sei und Schwule und Lesben widernatürlich und nicht normal seien. Das ist schon ganz doll: Die glauben daran, dass Jesus über das Wasser gegangen ist, aus Nichts Fisch und Brot gemacht hat um Zehntausend Leute zu speisen und von einer Jungfrau geboren wurde. Das glauben die alles, aber dass Männer Männer und Frauen Frauen lieben soll widernatürlich und unnormal sein? Bei deren eigener Gedankenwelt sind die schon disqualifiziert über so etwas zu sprechen, erschwerend hinzu kommt dass sie Sex selber gar nicht haben dürfen und darüber reden wie Blinde über grün und violett."

Klasse!

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Dienstag, 23. Mai 2017
Versicherungsfrage
Gibt es eine Elementarschadensversicherung, die Quantenblitze einschließt? Nicht ohne einen Sunblocker-Lichtschutzfaktor zehn Trilliarden.

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Der Neger
Was sagen eigentlich die ganzen POC-Betroffenheits-PC-Leute zu diesem Song?

https://www.youtube.com/watch?v=486myI17_cw

Ich hatte es in Göttingen mal erlebt, dass zu einem Lied mit dem Refrain "Hier kommt der Zulu-Mann, der Zulu-Mann, der zwölfmal hintereinander kann" die Morallinken ebenso wie die Rechten völlig wütend wurden, während von Türken bis Flüchtlings sich die Leute dafür begeisterten.

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Montag, 15. Mai 2017
Strange Days 2: Das Training
Ich mache gerade eine berufliche Fortbildung. Ein Teil der KollegInnen ist in einem Alter, dass sie meine Kinder sein könnten. Und im Unterschied zu jungen Leuten die ich sonst so kenne sind sie um Welten weg von meiner Lebensrealität.

Durchwegs sind die alle nett und sympathisch, aber eben anders. Als ein paar der Junx einen bunten Abend machten sah das so aus: Während getrunken und gekifft wurde klickte jeder auf sein Smartphone und surfte Seiten an, wo entweder Slapsticks bzw. Sitcoms liefen oder Hardcore-Porno, und dann zeigte man sich das gegenseitig. Eigentliche Gespräche fanden nicht statt. Als ich an einer Fortsetzung kein Interesse hatte wurde ich besorgt gefragt ob ich ein ernstes Problem hätte.

Dann unterhielt ich mich mit den Ladies, das war nicht besser. Die meinten, sie hätten ein Problem damit dass sie wochenlang nicht zu Hause wären und ihre Freunde nun den Haushalt zu führen hätten und die Damen der Nachbarschaft schon sich die Mäuler darüber zerrissen, was für Rabenfrauen sie wären. Fast wäre es mir über die Zunge gerutscht zu fragen in welchem Jahrhundert die denn lebten, stattdessen erwiderte ich, in meiner Welt sei es selbstverständlich, nach dem Abi in eine andere Stadt zu ziehen, dort in einer WG mit gemeinsamer Haushaltskasse zu leben die die Funktion der Kleinfamilie übernimmt und sich in neuen Lebenssituationen und neuen Beziehungen auszuprobieren, nach den Semesteranfangsparties werden die Liebschaften eh neu sortiert. Die Reaktion: Pures Entsetzen.


Meine Erzählungen aus dem Nahen Osten oder von Bergtouren stoßen auch auf große Zweifel und Glaubwürdigkeitsprobleme, Ballermann 6 ist das größte, was die reisetechnisch mal erlebt haben, die Interrail-Tramper-Travellerwelt aus meiner Jugendzeit ist denen unvorstellbar.

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Montag, 15. Mai 2017
Strange Days 1: Der Belästiger
Ich fühlte mich an die Cringe-Anmerkung von lacommune erinnert, aber auch nicht so ganz. Da saß ich im Abkühlbereich der Sauna meines Sportclubs/Dojo/Fitnesscenter, als eine Frau zu mir sagte: "Hör damit sofort auf!". Ich wusste nicht womit, ich saß ja nur einfach so da, daher fragte ich womit ich denn aufhören sollte. "Schluß jetzt! Es reicht!" Wieder fragte ich, was denn jetzt reichte. Da sagte sie, ich würde sie die ganze Zeit anstarren, das wäre sexuelle Belästigung. Ich wusste jetzt nicht, ob ich zerknirscht sein oder alles abstreiten sollte, ich hatte einen Blick auf sie geworfen, sie aber nicht die ganze Zeit angestarrt. Daher entschuldigte ich mich höflich, was sie aber nicht akzeptierte, und begab mich dann wieder in die Saunakabine, während sie vor sich hin schimpfte und irgendwem erzählte, so etwas sei ihr überhaupt noch nie passiert.

Was heißt hier irgendwem, sie quatschte die Wand an.

In der Sauna lag eine mir vom Training her bekannte Frau rücklings ausgestreckt und fragte mich: "Ist es für Dich jetzt in Ordnung, dass ich in Deiner Blickrichtung und unter Dir liege?". Diese ironische Brechung tat gut.

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Montag, 8. Mai 2017
Le Pen verhindert - immerhin
Aber was bringt Macron? Mit wem will er regieren? Kommen jetzt Hartz-Gesetze a`la Francaise? Seine Ankündigungen lassen auf so etwas schließen.

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