Donnerstag, 15. Juni 2006
Brief eines Genossen
Ich möchte aus einem Brief zitieren, den ich gerade erhielt:

"Ich habe schon häufig davon gesprochen, daß die Exekutoren, unsere Politiker,
des Willens jener, welche in den Schlüsselpositionen der Wirtschaft Macht
ausüben, uns auf deren Geheiß, in Zeiten zurückführen werden, die noch vor
der Zeit anzusiedeln sind, in welcher der Kanzler des Deutschen Reiches, Otto
von Bismarck, aus lauter Angst vor dem Zorn des Proletariats, Segnungen, wie
die Sozialversicherung, über selbes ergoß, um die Revolution in Deutschland
zu verhindern. Dies ist scheinbar nicht mehr notwendig, Alternativen haben
sich mit dem Scheitern des Kommunismus in Osteuropa erledigt, eine Analyse
desselben ist eher störend und nun frönt man der Restauration, wie einst der
Metternich auf dem Wiener Kongress, als der Code Zivil der Französischen
Revolution, als etwas für die dummen Menschen schädliches deklariert wurde
und Menschen deshalb als anständig eingestuft wurden, weil sie die
"natürliche von Gott gegebene Ordnung" nicht in Frage stellten.

1848/1849 gab es noch eine Revolution, weil die Fabrikbesitzer der Ansicht
waren, daß der Adel gar kein Recht hatte das Bürgertum in der Ausübung seiner
Geschäfte zu stören. Nun, da brauchte man auch das Proletariat. Aber nur für
den Kampf gegen die Monarchie. Später arrangierte das Bürgertum sich mit dem
Adel und eine Art Restauration feierte fröhliche Urständ. Speziell in
Deutschland, in Frankreich behielt man bis zur Etablierung des Kaisers
Napoleon III die Republik bei. Nutzte dem Proletariat aber auch nichts. Im
Sommer 1849 protestierte es gegen die Erhöhung der Brotpreise und ein paar
andere Nickeligkeiten. Dann kam, von der bürgerlichen Regierung
herbeigerufen, die gleiche Armee, gegen die vornehmlich die Arbeiter auf den
Barrikaden des Jahres 1848 gekämpft hatte, um die Arbeiter im Auftrag der
bürgerlichen Regierung mit Kartätschenfeuer davon zu überzeugen, daß ihr
Protest ungerechtfertigt ist, es gelang.

Na ja, seid den erfolgreichen Protesten der Franzosen gegen den CPE, der
gesetzlichen Regelung, welche Firmen erlauben sollte, junge Menschen 2 Jahre
auf Probe einzustellen, so ähnlich hätte man es hier in Deutschland auch
gerne, sehnt sich einige Widerständler nach französischen Verhältnissen. Nun,
bitte sehr, bekommen wir doch, wie im 49Jahr im 19. Jahrhundert.


Tja, Bismarck wird auch abgeschafft, wer jetzt Assoziationen zu diversen
Sicherheitspacketen, zum Schutz der Bevölkerung, natürlich, zieht, dem wird
sicherlich jovial, hm, vielleicht auch anders, mitgeteilt das er fehlgeleitet
ist, von linker Demagogie, zum Beispiel. Anderseits, wenn die
Wirtschaftsmagnaten, in der Regel konservativ, nicht mal mehr ihren Bismarck
hochhalten, muß man doch mit dem Schlimmsten rechnen.
Mal sehen, was als nächstes kippen soll, ich hätte ein Vorschlag, vielleicht
sollte man Amerika analysieren, also noch konsequenter als es bisher getan
wird. Der Herr Koch, seines Zeichens Ministerpräsident des Bundeslandes
Hessen, ist ja sehr rührig Vorschläge zu konzepieren, die etwas mir der
sozialen Struktur der USA zu tun haben. Es gäbe da noch das Vorbild der
Konföderierten Staaten von Amerika, ja, die Bevölkerung hier ist weiss, also
überlegen, aber letztendlich muß man doch nicht so pingelig sein. Errichten
wir ein Sklavensystem und die Kosten für Arbeit verringern sich drastisch und
Unfälle während der Arbeit sind die Folge der Dummheit der Sklaven und von
denen gibt es genug.

Die Demokratie ließe sich auch aufrecht erhalten, ist dann wie im antiken
Griechenland Sache der Oberschicht, also der richtigen Menschen."

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Die Nebel der französichen Revolution
Zitat:

"Na ja, seid den erfolgreichen Protesten der Franzosen gegen den CPE, der gesetzlichen Regelung, welche Firmen erlauben sollte, junge Menschen 2 Jahre auf Probe einzustellen, so ähnlich hätte man es hier in Deutschland auch gerne, sehnt sich einige Widerständler nach französischen Verhältnissen. "

Das der Genosse die Proteste der französichen gehobenen Mittel- und Oberschicht für ihre Privilegien als etwas Gutes einstuft will mir nicht ganz einleuchten. wahrscheinlich ist es der Protest an sich, der bei uns fehlt, und wir uns deshalb an jedem freuen, der überhaupt noch stattfindet.

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Es waren nicht nur Privilegien, die da verteidigt wurden. Nach Interviews und Analysen zu der Thematik, die ich in Spiegel, Zeit und Le Monde gelesen habe, gestaltete sich das doch etwas vielschichtiger. Die Riots in den Banlieues, auch wenn deren Protagonisten sich eben wegen deren Privilegien während der Studentenproteste gegen diese wandten, gehörten außerdem in eine Betrachtung miteinbezogen. Ich will das jetzt gar nicht bewerten - dazu müsste man tatsächlich eine Untersuchung machen - und die Protest-an-sich-Sache ist gar nicht so dumm. Der Protest als Solcher ist ja gut für die Moral, selbst wenn er nichts ausrichtet oder in die falsche Richtung läuft, und dass er hier nicht stattfindet möglicherweise ein Alarmzeichen für das (Nicht)Bewusstsein der Massen.

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Oder ein Merkmal dafür, wie gut die herrschende Oberschicht es verstanden hat, die Massen zu korrumpieren. Das läuft hier alles brav und artig ab und die Sozialdemokratie hat dabei einen grossen Anteil.

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Das "Privileg", für geleistete Arbeit sogar noch bezahlt zu werden, ist für die Generation Praktikum bereits abgeschafft.
Offenbar handelt es sich bei Löhnen und Gehältern um zu streichende Subventionen.

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Und ich beharre unbeirrt auf Lafargues Recht auf Faulheit.

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Inzwischen dürfte die Ankündigung einen Minister erschießen zu wollen weniger Probleme bereiten, als das, was Che gerade gesagt hat.

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@ noergler

zum "Privileg" noch folgendes: Durch das innovative Prinzip des - bestenfalls 14 Monate bezogenen - Elterngeldes soll es gerechterweise mehr Frauen "ermöglicht" werden "am Arbeitsleben teilzunehmen".

Diese wackere schnelle Eingreif-Truppe jünger Mütter kann sich den Legionen der Generation P ja gleich anschliessen. Das erhöht das billig-willige Arbeitsangebot.

Und: wer nur wirft, soll der auch essen ?

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In der ersten Hälfte der 90er Jahre war es in bestimmten linken Zusammenhängen noch ganz normal, damit zu argumentieren. Wer hingegen sagte, Langzeitarbeitslose, die ständig Leistungen bezögen, würden dadurch träge und passiv, der musste sich anhören, er hätte Elemente faschistischen Denkens im Kopf. Gut, das ist über 10 Jahre her, aber die Zeit, in der, wenn auch nur von einer radikalen Minderheit, so gedacht wúrde und die Linke zwar politisch marginal, aber doch nicht ohne Einfluss und kulturell sogar von großem Einfluss war, dauerte weit länger als ein Jahrzehnt. Ob der Neoliberalismus eine historische Umwälzung darstellt oder nur eine Episode steht noch dahin. Entscheidend ist, ob wirtschaftliche Veränderungen nachhaltig sind, aber das neoliberale Wirtschaftsmodell sägt ja gerade an den Wurzeln der Nachhaltigkeit. Und dann kann noch etwas ganz Anderes kommen als der brummende Turbokapitalismus. Ich nenne es den somalisch-irakischen Weg.

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@ workingclasshero

Es kann auch so kommen, ich nenne es mal den "fröhlich-wütenden Almosenempfängerweg", wie ich es weiter unten beschrieben habe.

Da scheint die Reise im Lande D ja hinzugehen.

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Die Konfoederierten
Da ich dem Text weitesgehend zustimme, haeng' ich mich mal an einer, moeglicherweise in ihrer Wichtigkeit von mir ueberschaetzten, Randbemerkung auf.

"Es gäbe da noch das Vorbild der Konföderierten Staaten von Amerika..."

"Waere die Sklaverei das wirtschaftlich ueberlegene System gewesen, haette man sie nicht abgeschafft."

Nichts liegt mir ferner als den Apologeten von Sklavenhaltern zu spielen, dennoch erzielten Sklaven, von ihren Haltern als "Livestock" bezeichnet und gerwertet, auf den Maerkten Preise die mit Zuchthengsten die dem Aufbau eines Rennstalls dienten, durchaus ebenbuertige Preise. Will sagen, der Erwerb eines Sklaven setzte eine nicht zu unterschaetzende Investition vorraus. Unterkunft, Kleidung, Verpflegung aerztliche Versorgung mussten, unabhaenig davon wie rudimentaer, um nicht zu sagen menschenunwuerdig mangelhaft, vom Sklavenhalter zum Schutz seiner Investition aufgebracht werden.
Der in den industrialisierten Nordstaaten vorherschende Manchasterkapitalismus bot demgegenueber klare Vorteile. Zwar zahlte man dem Arbeiter einen Lohn, ob und inwieweit dieser zur Lebenserhaltung reichte war Sache des Arbeiters, brauchte den Arbeit"geber" aber nicht zu interessieren. Bei Ausfaellen, ob durch Krankheit, Unfall oder Tod, oeffnete man mit den Worten "Der naechste bitte" das Fabriktor. Case Closed.

Wenn ich einen ganz schlechten Tag erwische fuerchte ich, dass die heutigen Eliten nichteinmal mehr bereit sind die mit dem Besitz von Sklaven, oder den Leibeigenen des Feudalismus einhergehende Verantwortung zu uebernehmen.

Verantwortung.
Der Weg unser Gesellschaft von der Industrie zur Dienstleistungsgesellschafft gin einher mit dem nahezu voelligen verschwinden selbiger.
Der Weg von der Dienstleistungs in die Wissensgesellschafft brachte uns Pisaund ein Urheberrecht welches die im deutschen Bildungswesen implementierte Apartheit forciert.
Der Weg in die Informationsgesellschafft wird Zensiert, staatlich und privatwirtschaftlich.
Je weniger unsere "Eliten", ob Politik oder Wirtschaft, bereit sind Verantwortung zu uebernehmen, umso lauter schreien Sie im Chor "Ihr muesst Verantwortung uebernehmen".
Je lauter der Markt nach flexibilitaet schreit, umso drastischer faellt die Eingrenzung der Bewegungsfreiheit Arbeitsloser aus.
Man will aktivieren. Unklar bleibt, wie ein Mensch der zwei Wochen nach seinem "Zahltag" keinen Pfennig Bargeld mehr auf der Naht hat in unserer voellig durchkapitalisierten Gesellschaft Aktivitaeten, welcher Art auch immer, entfalten soll.
Richtig ist, dass gezielte Weiterbildung die Chance auf einen Arbeitsplatz steigert. Falsch ist, dass Arbeitsplaetze fuer Weitergebildete mirakuloes aus dem Boden wachsen.
Das im hoechsten Masse unapetiliche Fass Euthanasiedebatte mach ich in diesem Zusammenhang erst garnicht auf.

Wer tatsaechlich glaubt, der totale Markt kaeme ohne totale Wertschoepfung daher moege seinen Kopf in die Kloschuessel tunken und bis zum Aufwachen die Spuelung betaetigen.

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Loellie, demnächst wird sich eh noch ein ganz anderes Fass hier öffnen, Stichwort Vernichtung überflüssiger Esser. Allerdings, kleine Randnotiz zum Norden der USA: Manchesterliberal stimmt da nicht so ganz. Unregulierter Industriekapitalismus des 19. Jahrhunderts ist noch etwas Anderes als Manchesterliberalismus, das Manchestertum war z.B. für kostenlose und möglichst hohe Bildung für Alle. Die Manchesterliberalen waren auch durchaus Leute, die sich mit Marx und Engels diskutierend an einen Tisch setzten. Trotzdem bleiben sie Wirtschaftsliberale, aber der Begriff wird heute als Bezeichnung für die frühe Hochphase des Kapitalismus im 19. Jahrhundert generell verwendet, meint aber eigentlich eine bestimmte politische Bewegung.

Ansonsten stimme ich Dir natürlich voll und ganz zu.

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Anders wird ein Schuh draus
@ che,

zu der Einlassung:

"...demnächst wird sich eh noch ein ganz anderes Fass hier öffnen, Stichwort Vernichtung überflüssiger Esser...."

Mit Verlaub: das ist Quatsch.

Was passiert ist unter dem Label "Umbau des Sozialstaates" der Ersatz ehemals anspruchsbasierender Sozialleistungen nach der Versicherungsidee durch steuerfinanzierte Sozialleistungen die nach dem Almosenprinzip von einer gnädigen politischen Kaste ausgereicht werden.

Das ist aus vielen Gründen gut für die politische Kaste:

1) die auf diese Weise Almosen (früher "Transferleistungen") empfangenden Wahlpöbel sind in der Überzahl.

2) sie werden dadurch abhängig von der politischen Kaste der real existierenden Einheitspartei CSED.

3) sie machen ihr Kreuzchen im Wahlrummel dort, wo man ihnen etwas mehr Almosen verspricht.

4) sie sind für die "Gerechtigkeitsdiskussion" stets offen, weil sie sich - zu Recht - dauernd in den Arsch getreten fühlen. Das hilft weitere "Reformen" zu schlucken, die von der politischen Kaste als "gerecht" angeboten werden.

5) man kann Almosen nach Haushaltslage zahlen.

Resultat: man hat ein sediertes, verarmendes, weitgehend chancenloses aber wütend-neidisches Wahlvolk, das von einem abhängig ist, und das man mit ein paar Parolen ("Gerechtigkeit !!!" muss darin enthalten sein) "in die gewollte Richtung rennen lässt.

Besser geht es nicht.

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Iran und Irak haben 1980-88 überzeugend demonstriert, was "Quatsch machen" bedeutet, ebenso kürzlich Tutsi und Hutu. Meine Bemerkung bezog sich auf das zweite Kapitel des Artikels "Von der Dekade der Entwicklung zum Neoliberalismus".

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Ach so.

Sag mal, ist es in der Gegend um Braunschweig tatsächlich so wie bei den Hutu und den Tutsi ?

In Hamburg sind die Eingeborenen weitgehend ruhig und verbringen ihre Tage mit einem Blisterpack "Maternus-Pils" oder einer Flasche Lidl "Goldbrand" je nach Facon. :-)

Ach ja, topaktuell zur "Gerechtigkeitsdiskussion" des ZKs der CSED :

Unternehmenssteuerreform: "...Geplant sei, dass 2008 die Körperschaftsteuer für Konzerne auf einen "international konkurrenzfähigen Satz von 12,5 Prozent" halbiert wird. ..." (aus SPON)

Konzerne also. Klasse Idee. Wer beschäftigt nochmal 70 % der noch arbeitenden Bevölkerung ? Und wer stellt 80 % der Lehrstellen ? Ach ja, der Mittelstand, dieser unbelehrbare Lump. Soll er Scheisse fressen und sterben.

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@ loellie

"Will sagen, der Erwerb eines Sklaven setzte eine nicht zu unterschaetzende Investition vorraus. Unterkunft, Kleidung, Verpflegung aerztliche Versorgung mussten, unabhaenig davon wie rudimentaer, um nicht zu sagen menschenunwuerdig mangelhaft, vom Sklavenhalter zum Schutz seiner Investition aufgebracht werden.

Der in den industrialisierten Nordstaaten vorherschende Manchasterkapitalismus bot demgegenueber klare Vorteile. Zwar zahlte man dem Arbeiter einen Lohn, ob und inwieweit dieser zur Lebenserhaltung reichte war Sache des Arbeiters, brauchte den Arbeit"geber" aber nicht zu interessieren. "

so wurde von den südstaaten zur zeit des bürgerkriegs argumentiert. allerdings machte das buch von frau beecher-stowe den grösseren eindruck. für den nachttisch empfehle ich: fraser, george macdonald; flashman. held der freiheit.

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@Lebemann, vielleicht ist es Dir aufgefallen, dass sich dieses Kapitel unter anderem mit Entwicklungspoltik beschäftigt, des Weiteren, dass mir die Killing Fields des Irak mitunter näher und auch wichtiger sind als manche Gegenden Deutschlands? Warte einfach ab, bis ich das entsprechende Kapitel geschrieben habe!

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@ che

sorry, ich war noch im gesegneten Standort D.

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Danke fuer die Klarstellung.
Dass in diesem Zusammenhang der Begriff Manchesterkapitalismus suboptimal ist war mir klar, aber eine Praezisierung haette mich aus dem Schreibfluss gerissen.

Der von den fruehstkapitalistischen Fugger vorangetriebene Bau ordentlicher Unterkuenfte geschah nicht aus Mildtaetigkeit sondern purem Eigennutzen. Dieser Eigennutzen ging imho in den USA irgendwann zwischen dem Buergerkrieg und dem heraufziehenden Fordismus verloren. Ein Eckpunkt bildet hier sicherlich die Aenderung des Aktienrechts, konkreter der Haftung, welche zum Zwecke der Finanzierung des Eisenbahnbaus durchgesetzt wurde.

Quatsch?
Angesichts des stark ruecklaeufigen Krankenstandes bei gleichzeitiger Ruecknahme der medizinischen Versogung einkommensschwacher Bevoelkerungsschichten und dem 'new flavor' in der Eutanasiedebatte von der 'Vernichtung ueberfluessiger Esser' zu sprechen ist sicherlich extrem, ich hoffe instaendig dass es hoffnonungslos uebertrieben ist, von Quatsch kann allerdings mitnichten die Rede sein. (Auch ohne Nichten nicht).

Trotz "Anders" und "Quatsch" kann ich in des Lebemanns Kommentar keine Gegenmeinung erkennen. Eher eine Ergaenzung des gesagten. Wir leben in einer Zeit des Umbruchs. Da sind sprachliche Unschaerfen unvermeidbar. Manchmal erinnert mich das an die fruehen 80er, als wir die Musik die wir hoerten mit "Wave" oder "Avantgarde" benannten und darunter bisweilen voellig inkompatible Musikstile subsummierten. Gothic oder Industrial gab es damals als Musikstil, nicht aber als Name.
nu bin ich abgeschwiffen...

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Der Begriff der Vernichtung der überflüssigen Esser hat etwas mit (Nichtmehr)Entwicklungspolitik und Kriegführung von Metropolenmächten in den drei Kontinenten zu tun. Lehnt Euch einfach entspannt zurück und wartet, bis ich dieses Fass aufmache, was u.U. noch ein paar Tage dauern kann.

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@ loellie

"ergänzend" war zu meiner Einlassung korrekt.

Zur "Euthanasie-durch-nicht-mehr-Bezahlen-von Bachblütentherapie", meiner mit Verlaub etwas pointierten Aufspiessung Ihrer obigen Einlassung erlaube ich mir zu bemerken dass D immer noch eines der - wenn nicht das - aufwendigsten Gesundheitssysteme der Welt hat.

Es ist noch ein langer, weiter Weg, bis Patienten sterben müssen ( Schrei: "Triage" ) weil das viele Geld alles in die Verwaltung, und nicht mehr in die behandlung geht. Unmöglich ist es dennoch nicht.

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@lebemann
"...erlaube ich mir zu bemerken dass D immer noch eines der - wenn nicht das - aufwendigsten Gesundheitssysteme der Welt hat."

mich kurz mal einmische: das wort "aufwendig" ist sehr relativ.

"Berlin - Die Zahlen sind erschreckend hoch: 348.000 Menschen würden in Deutschland nicht ausreichend mit Nahrung und Trinken versorgt - das ist ein Drittel der Pflegedürftigen, die in Heimen leben oder von Pflegediensten betreut würden. Zu diesem Schluss kommt eine Studie des Deutschen Instituts für Menschenrechte (DIMR). Sogar fast die Hälfte der Betreuten, rund 440.000 Menschen, lägen wund und hätten Druckgeschwüre. Angesichts dieser erheblichen Mängel kommt das DIMR-Papier zu dem Ergebnis, dass es in Deutschland keine flächendeckende und menschenwürdige Grundversorgung Pflegebedürftiger gebe.(...)"

http://www.spiegel.de/politik/deutschland/0,1518,421440,00.html

aus eigener erfahrung in den 1980er jahren, wo ich ca. ein halbes jahr auf verschiedenen pflegestationen eines altenheimes gearbeitet habe, möchte ich das bestätigen - zuwenig personal, dazu schlecht ausgebildetes und auch nicht unterstütztes, was bei dieser doch teils sehr belastenden arbeit zu diversen problemen wie gebrauch von drogen aller art, mobbing und burn-out führte. teils wurden die aggressionen auch direkt an den alten ausgelassen.

und es gibt in deutschland "versteckte" euthanasie im ganz klassischen sinne. seit langem schon, primär in krankenhäusern, wo diverse grauzonen genutzt werden.

neu (abgesehen mal vom offenen faschismus wie im ns) - und damit erreichen wir jetzt tatsächlich langsam die dimensionen im trikont - ist die ausweitung des selektionsgedanken auf "unproduktive" aka "unnütze esser", wie sie auszugsweise hier nachzulesen ist:

http://autismuskritik.twoday.net/stories/1781662/

diese entwicklungen wurden übrigens bereits vor mehr als zehn jahren zb. von lateinamerikanischen linken für den "westen" vorhergesagt - ich habe noch einen text eines tupamaros herumfliegen, der die - recht "stille" - vernichtung/aushungerung von als überflüssig bezeichneten bevölkerungsteilen als eines von mehreren primären merkmalen einer neuen historischen phase nach dem zusammenbruch des "realsozialismus" und verschiedener innerkapitalistischer entwicklungen analysiert.

den "langen, weiten weg" halte ich daher für pfeifen im walde - leider.

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Alles ist schlimm und wird schlimmer
@ monoma

der von mir gewählte Begriff "eines der aufwendigsten" war sehr bewusst gewählt.

In unserem gesundheitssystem ist der Fehler derzeit nicht das zu wenig Geld dort hineinfliesst, sondern das es erschreckend schecht verwendet wird.

Was die Pflege anbetrifft, da bin ich d'accord, und wir wolen nicht die schönen alten staatlichen Pflegeheime vergessen, gelle, ohne Aufzug und mit bröckelndem Putz, die für den Wahlpöbel von heute als Verreckungsanstalten von morgen bereitstehen.

Das mag die politische Kaste dem Wahlpöbel von heute aber ungern sagen, sein Schnitzel aus Qualzucht könnte ihm ja nicht mehr schmecken.

Was das aber mit gesteurter Euthanasie zu tun haben soll ist mir nicht klar.

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Das Problem ist, dass es zu Bismarcks Zeiten noch ein nennenswertes Proletariat gab - heute ist es "vanished in thin air", bzw. in die Ukraine oder nach China umgesiedelt. Wir hätten also bestenfalls eine revolutionäre Situation ohne ein revolutionäres Subjekt, das auf nationaler Ebene für die Reproduktion der Gesellschaft benötigt würde.

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@ chat atkins

beg to differ : wann war das "Proletariat" für die "Reproduktion" einer Gesellschaft wirklich, tatsächlich, mal ganz ehrlich nötig, ausser in den Parteitagsreden besonders rückschrittlicher ZKs und in den romantischen Träumen der Liebhaber von Bildwerken des Sozialistischen Realismus ?

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@Chat: nun nehmt mir nicht alles vorweg, auch darum wird es in dem Beittrag gehen.
@lebemann: im 19.Jahrhundert haben die Bourgeois die Waren natürlich alle per Händeklatschen aus der Luft gezaubert, nicht wahr?

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@ lebemann: In der Zeit, als an den Maschinen noch Griffe dran waren. Davor sowieso.

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*off topic*-Frage an Che: Warum brechen deine Texte so seltsam um? Der Flattersatz ist nicht sehr lesefreundlich.

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@ chat & che

Ahhh ... "Produktion" im Sinne von Herstellung, weniger "Re-produktion" im Sinne von Erneuerung ist gemeint !

Sorry.

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@chat: das hier ist eine Blogsoftware, die nicht von mir ist. Ich weiß es einfach nicht. Ich kann hier schließlich keine sauberen QuarkXPress-Layouts einstellen, sorry.

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Solange das Kapital auf der Produktion von akkumulierbarem Mehrwert beruht, braucht's wohl Leute, die das machen, sage ich mal so als Salon-Marxologe.

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Sobald Roboter sich selber warten können, braucht´s diese Leute unter Umständen auch nicht mehr. Bis das der Fall ist, existiert ein Proletariat, das sich permanent neu zusammensetzt (vgl. Karl Heinz Roth, die permanente Neuzusammensetzung der Klasse). Das ist eben der Irrtum von Arbeiterromantikern ebenso wie Postmodernen, das Proletariat an der klassischen Industriearbeiterschaft festzumachen oder, da diese entwder ausstirbt oder, siehe VW, eigentlich recht privilegiert ist, als gestrig zu bezeichnen. Proletariat, das sind die kleinen Verkäufernnen an den Supermarktketten ebenso wie die als Zeitassistentinnen ihre 14 Stunden-Schichten schiebenden Tanja-Anjas, erst recht die Illegalen auf den Baustellen und in den Sweatshops, und der Klassenwiderspruch hat längst eine geopolitische Dimension angenommen, da selbst der letzte Penner bei uns noch Profiteur der Ausbeutung des Trikont ist.

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@lebemann: "Reproduktion" bezeichnet soziologisch das Wunder, dass eine Gesellschaft sich täglich von Neuem wiederherstellen kann: Kinderchen werden geboren, neue Autos als Ersatz für die kaputten gebaut, Straßen ausgebessert, Korn wächst heran, Krankheiten werden geheilt, Geld trägt Zinsen usw. Unterbricht man die Reproduktion, zerfällt die Gesellschaft.

@che: Du bist ja auch auf blogger.de. Zickt derzeit der "maximum thread count" bei dir auch rum?

Weiter im Text: Ein Proletariat aus den Bestandteilen ist aber kein "proletarisches" Proletariat mehr. Daher wohl der neue Begriff "Prekariat" für all die künftigen Tanja-Anjas.

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Der maximum thread count hatte mich in letzter Zeit oft geärgert, zur Zeit aber kaum. Meines Wissens hat Dirk da eine paar Bugs behoben. Proletarisches Proletatriat und so weiter: ch bitte nochmals um Geduld. Ich schreibe die Tage den besagten größeren Beitrag, in dem ich zu all diesen Dingen ausführlich Stellung nehme.

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Ich bin gespannt!

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bloss mal so nebenbei, es gehört eigentlich garnicht hierher:

in österreich hat die spö neuerdings schlechte karten. weil der mitspieler ögb eben gemerkt hat, dass er sein ganzes vermögen verzockt hat. jetzt kommt es darauf an, möglichst bald einen käufer für die bawag-psk zu finden, damit der ögb seine schulden (1,5 mrd eur) bei der bawag bezahlen kann. was dann aus den dreien weiter wird ist noch unklar.

das nur, weil in reichsdeutschen, wie der österreicher sagt, wenn er nicht piefkinesische sagen will, medien darüber wenig zu erfahren ist. im standard (österreichische tageszeitung), in den salzburger nachrichten (dto.) und im profil (österr. nachrichtenmagazin) schon eher.

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Mit einer "faulen Gesellschaft" wäre etwas faul
Wenn es nur meine Zeit erlauben würde, mehr zu sagen...! Tut sie aber nicht, daher nur darauf:
Und ich beharre unbeirrt auf Lafargues Recht auf Faulheit.
Ich bezweifle, ob Lafargues Provokationen größeren Wert haben. Richtig aber ist, dass es ein Menschenrecht auf Freizeit gibt bzw. geben sollte, mehr noch, auf Muße, was wiederum voraussetzt, dass die Arbeit so organisiert ist, dass die Freizeit auch genossen werden kann.

Ich glaube, dass sowohl "Arbeit", als auch "Muße" Platz in jedem Menschenleben und -lieben haben sollten, nicht nur als Teilhabe, sondern auch sehr elementar zur Entfaltung des Individuums und einer humanen Gesellschaft.

Ein "Recht auf Faulheit" verkennt, würde es gänzlich und unbedingt von jeglicher Arbeit abgekoppelt, die sinnvolle Wechselwirkung zwischen guter Arbeit und guter Muße, und verkennt obendrein, dass unsere Gesellschaft bei weitem noch nicht reich genug ist, um allen ein "Recht auf Faulheit" garantieren zu können.

Im Übrigen halte ich den Begriff der "Restauration" in Vor-Bismarcksche Zeiten für übertrieben. Ganz so weit wird es nicht gehen. Ich sehe aber auch, und es kotzt mich an, dass zutiefst reaktionäre und (in fast schon hitlerischer Weise!) antidemokratische Kräfte den Diskurs unserer Eliten beeinflussen und z.Zt. insgesamt Oberwasser haben. Gewisse wilheminische bwz. vor-Bismarcksche Strömungen sehe ich auch, z.B. diese seltsame Affenliebe selbst erklärter "Liberaler" zum sozial gescheiterten Manchesterliberalismus.

Machen wir sie nass und gebt ihnen selbst das ekelhafte Gebräu zu trinken (z.B. die Schmarotzerdiskussion), mit dem Sie unsere Gesellschaft übergießen!

Sagt: Dr. Dean

P.S. "Eigenverantwortung" hieße bei vollständiger Umsetzung in dem Kontext, dass die fetten Ärsche enteignet werden, um sich dann z.B. auf der Insel Elba "eigenverantwortlich" vergnügen zu dürfen. Dem McKinsey-Pack u.ä. also maximal Sozialhilfeniveau, oder wunschweise auch mit "Lohnabstandsgebot" nochmals nach unten reduziert.

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Hat sich mal jemand Politiker angeschaut?
Die politische Elite unseres Landes setzt sich zusammen aus offenbar komplett Ahnungslosen und aus zum Teil Hochintelligenten. Allen ist eines gemeinsam: Statt sich über die Zukunft von D Sorgen zu machen, muß jeder so oft als möglich in den Medien auftreten. Und ehe man es sich versieht, denken die selbst ernannten Think-Tanks schon mal vor. Und kauen vor, was dann als Gesetzentwurf ausgesch***en wird. Und immer sind große Lösungen gefragt. Ich will unseren Politikern gar nicht Unterdrückungswillen unterstellen. Die Mädels und Jungs sind einfach überfordert.

Und so gesehen repräsentiert die Politik niemanden. (Nicht einmal die Oberschicht. Denn wer Geld hat, der ist in jedem Land daheim.) Sie dilletiert nur hilflos.

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Hoch intelligent und Ahnungslos zu sein ist übrigens kein Widerspruch. Ich glaube, so gut wie kein im Bundestag sitzender Politiker hat von den Sorgen und Nöten oder den alltäglichen Bedürfnissen der normalproletierenden Bevölkerung eine realistische Vorstellung.

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