Montag, 13. August 2007
Kampf um des Antideutschen Bart
Hier geht´s ja richtig ab: Telegehirn liefert eine Herleitung und Definition dessen, was Antideutschtum ist. Ich bin mit ihm ja selten einer Meinung, aber, Seitenhiebe gegen Mitdiskutanten und seine reduktionistische Klischeevorstellung von Antiimperialismus ausgenommen, (und natürlich einen inflationär gebrauchten Antisemitismus-Begriff) würde ich das ursprüngliche Posting in Teilen sogar unterschreiben. Allerdings ist es eine Zustandsbeschreibung von dem, was so um 1995 antideutsche Positionen ausgemacht hat - die militant antiislamische Zuspitzung und die unsäglichen Verrenkungen der Kritischen Theorie, die in den letzten Jahren für einen Großteil der antideutschen Diskussion (nicht die Antideutschen als Gesamtkollektiv) typisch sind, finden sich hier nicht wieder, was Lysis sogleich richtig stellt, dabei allerdings auch etwas monoptisch ist. Im Endeffekt würde ich den Positionen von Lysis unter der Einschränkung zustimmen, dass es in der autonomen Szene auch "Antideutsche light" gibt, die mit der Definition des Telegehirns, oben genannte Abstriche mit eingerechnet, durchaus beschreibbar sind und nicht die seltsame Mischung aus Lobhudelei für das israelische Militär, verdrehter Adorno-Exegese und Antiislamismus darstellen, als die antideutsche Gesinnung meist in die Öffentlichkeit tritt. Doch dieser Freiburger Cocktail beherrscht nun einmal den Diskurs.

http://telegehirn.wordpress.com/2007/08/13/antideutsch-ist-nur-ein-schlagwort/#comments


Das Niveau des Kommentarbereichs ist dann bald wieder auf Ground Zero.

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Was übrig bleibt, ist eine vage Beschreibung der antideutschen Kräfte, wie sie sich vor etwa 12 Jahren darstellte. Ob das aus Unkenntnis der neueren Entwicklung geschieht, ein Zufallstreffer ist oder irgendwo zusammengelesen, wer weiß. Hier taucht ja auch öfter der Ausdruck Antiimps auf, obwohl das eine Richtung der Linken ist, die sich in der ersten Hälfte der 1990er aufgelöst hat.

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Uff, da schaut man nach langer, langer Abwesenheit wieder herein uns stößt schon wieder auf solchen Kram! Sorry, aber hier scheinst Du Scheuklappen zu haben oder Deine Wahrnehmung extrem zu beschönigen, was mich in dem Fall ausgesprochen wundert. Wenn ich diese tolle Beschreibung der ADs charakterisieren sollte, dann eher so: Für mich liest sich das wie Adelheid Streibl und was sie nach dem Lafontaine-Attentat so absonderte über Tierversuche.

Damals gab's einen großartigen Text in der KONKRET, wo deren Wahnvorstellungen einfach nur in Beziehung gesetzt wurden zu dem, was täglich im Fernsehen gesagt wird - so ist das beim Tele wahrscheinlich hinsichtlich des Netzes, vermute ich mal.

Da saugt der auf und rührt es dann zu einem etwas wahnhaften Brei mit Guten und Bösen, und er als edler Ritter dann im Kampf gegen die inneren (internalisierten) Dämonen oder so ....

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Ach,
dann gibt es keine Antiimperialisten mehr? Auch keine neuen?

btw: Dieser Artikel war und ist eine Replik auf Boche und Rayson, die sich am Wort "Antideutsch" an sich stossen und denen ich erklären wollte, was nun eigentlich damit gemeint ist. Es wurde ja schon angemerkt und auch vollkommen zu Recht, daß bei mir der Islamismus fehlt, was auch voll beabsichtigt war. Einerseits um den Rahmen nicht vollends zu sprengen und die beiden zu überfordern und andererseits ist mein Standpunkt gegenüber dem Islamismus bereits hinlänglich deutlich geworden, so das ich es nicht für nötig hielt das noch mit einzubauen, aber es ist wohl so, daß dort noch eine Ergänzung nötig geworden ist.

Nicht 1995, sondern mindestens 14. April 1997. ;-)

Ach, ja:

"Ob das aus Unkenntnis der neueren Entwicklung geschieht, ein Zufallstreffer ist oder irgendwo zusammengelesen, wer weiß."

Weder noch. Das stand alles auf einer Corn Flakes Packung.

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Ah, auf einer Corn Flakes Packung. Dann ist ja alles klar. In Berlin sind die Cerealien-Hersteller doch weitaus politischer als an der Waterkant ;-)


Ich störe mich an der Kurzform Antiimps, die sowohl bei Dir als auch bei anderen Antideutschen regelmäßig auftaucht. Dieser Begriff bezeichnet keine beliebigen Antiimperialisten, sondern ein ganz bestimmtes Spektrum innerhalb der radikalen Linken, das davon ausging, revolutionäre Kämpfe könnten nur von Guerrillagruppen in der Dritten Welt ausgehen und es wäre die Aufgabe der Metropolen-Linken, diese zu unterstützen. Klassenkämpfe würden in Industrieländern kein revolutionäres Potenzial mehr freisetzen, weil die Arbeiter in den Metropolen selbst von der Ausbeutung des Trikont profitieren würden, linkes Engagement könne daher nur Dritte-Welt-Soliarbeit, Engagement in der Friedensbewegung oder Unterstützung des bewaffneten Kampfes gegen das System umfassen. Letzteres wurde als höchste Form des Kampfes betrachtet und als "Zur Front kommen" bezeichnet.

Antiimps bildeten die Sympathisantenszene der RAF, auch wenn nicht alle Antiimps RAF-Unterstützer waren. Diese Szene hat sich in den frühen 1990ern aufgelöst.

Antiimperialismus im Allgemeinen ist ein eher diffuser Begriff, ganz allgemein sind Linke mehrheitlich gegen Imperialismus, wie auch gegen Kapitalismus, Rassismus, Sexismus, Umweltzerstörung und einiges Andere. Seit einigen Jahren wird von Antideutschen wie auch undogmatisch-sozialrevolutionären Linken der Begriff "Antiimperialisten" als Negativabgrenzung zum traditionellen linken Internationalismus marxistischer Gruppen mit ihrer Gegnerschaft zur NATO und ihrem oftmals, nicht immer positiven Bezug zur PLO (und daraus abgeleitetem Antizionismus) und ihrer früheren Unterstützung sozialistischer Regime gebraucht, ohne dass diese Gruppen den Begriff Antiimperialisten als Eigenbezeichnung verwenden würden.

Die Neuen Antiimperialisten, die sich seit 1980 in deutlicher Abgrenzung zu dieser Art Antiimperialisten und den Antiimps entwickelt haben und denen ich selber mich zurechne, vertreten hingegen im Wesentlichen eine antipositivistische, industriell oder großagrarisch ausgerichtete Entwicklungspolitik generell in Frage stellende Kritik am westlichen (was in diesem Fall den früheren osteuropäischen Kasernenhofsozialismus mit einbezieht) Begriff der Moderne. Im Gegensatz zum traditionellen Antiimperialismus beziehen sich Neue Antiimperialisten nicht auf sozialistische Regime oder hierarchisch organiserte Guerrillabewegungen (schon gar nicht auf die nationalistische Auseinandersetzungebene Zionismus versus PLO), wohl aber z.B. auf Basisbewegungen ihre Existenz verteidigender Bauern und Armer (z.B. LandbesetzerInnenbewegung in Argentinien, FabrikbesetzerInnen in Argentinien), generell die Bewahrung der Subsistenz gegen Industrialisierungs- und Modernisierungsprojekte und bilden hierzulande einen impulsgebenden Teil der Antiraszene.

Die Neuen Antiimperialisten sind in der theoretischen Analyse von Marx ebenso wie von Strukturalisten und Poststrukturalisten wie Derrida, Lévy Strauss und Althusser, von Operaisten wie Tronti und auch von Dependenztheoretikern und feministischen Ansätzen geprägt, ihre politische Zielrichtung ist am Ehesten dem Anarchosyndikalismus nahe.

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