http://che2001.blogger.de/stories/620170/#621401
Demgegenüber würde ich sagen, wenn ich mich schon auf einen "einzig sinnvollen" Freiheitsbegriff festlegen wollte (an sich mag ich keine einzigen Wahrheitenund keine absoluten Begriffe, weil ich lieber so frei bin, unterschiedliche Wahrheiten gelten zu lassen und in Facetten und Annäherungen zu denken), wäre das für mich der Begriff der Autonomie. Das ist ja das Thema, mit dem Jaspers, De Beauvoir, Benjamin, Horkdorno sich abgeplagt haben.
Autonomie bedeutet die reale Fähigkeit eines jeden Menschen (auch und gerade der Schwächsten in einer Gesellschaft), das eigene Leben so weit als möglich nach dem eigenen freien Willen zu gestalten. Voraussetzung dafür ist auch, dass der freie Wille sich überhaupt zu bilden vermag. In totalitären Systemen mit ihren Propagandaapparaten ist dies völlig unmöglich, aber der Spätkapitalismus mit seiner Beherrschung der Öffentlichkeit durch eine werbende Wirtschaft und die Simulation von Realität durch eine interessengeleitete Kulturindustrie ist da nicht viel besser, wenn wir Adorno, Sonntag und Postman folgen. Nach Adorno sind alle unfrei unter dem Anschein frei zu sein, kollektive Freiheitsberaubung wird als organisiertes Vergnügen geliefert, "Alles, was heute Komunikation heißt, ist nur der Lärm, der die Stummheit der Gebannten übertönt".
Zur Freiheit gehört auch die Freiheit von den Einflüsterungen der Bewusstseinsindustrie, in diesem Sinne ist der Mensch in der postmodernen Gesellscháft alles Andere als autonom.
Wie der große Meister Horkheimer sprach:
"Die soziologische Meinung, daß der Verlust des Halts in der objektiven Religion, die Auflösung der letzten vorkapitalistischen Residuen, die technische und soziale Differenzierung und das Spezialistentum in kulturelles Chaos übergegangen sei, wird alltäglich Lügen gestraft. Kultur heute schlägt alles mit Ähnlichkeit. Film, Radio, Magazine machen ein System aus. Jede Sparte ist einstimmig in sich und alle zusammen. Die ästhetischen Manifestationen noch der politischen Gegensätze verkünden gleichermaßen das Lob des stählernen Rhythmus. Die dekorativen Verwaltungs- und Ausstellungsstätten der Industrie sind in den autoritären und den anderen Ländern kaum verschieden. Die allenthalben emporschießenden hellen Monumentalbauten repräsentieren die sinnreiche Planmäßigkeit der staatenumspannenden Konzerne, auf die bereits das losgelassene Unternehmertum zuschoß, dessen Denkmale die umliegenden düsteren Wohn- und Geschäftshäuser der trostlosen Städte sind. Schon erscheinen die älteren Häuser rings um die Betonzentren als Slums, und die neuen Bungalows am Stadtrand verkünden schon wie die unsoliden Konstruktionen auf internationalen Messen das Lob des technischen Fortschritts und fordern dazu heraus, sie nach kurzfristigem Gebrauch wegzuwerfen wie Konservenbüchsen. Die städtebaulichen Projekte aber, die in hygienischen Kleinwohnungen das Individuum als gleichsam selbständiges perpetuieren sollen, unterwerfen es seinem Widerpart, der totalen Kapitalmacht, nur um so gründlicher. Wie die Bewohner zwecks Arbeit und Vergnügen, als Produzenten und Konsumenten, in die Zentren entboten werden, so kristallisieren sich die Wohnzellen bruchlos zu wohlorganisierten Komplexen. Die augenfällige Einheit von Makrokosmos und Mikrokosmos demonstriert den Menschen das Modell ihrer Kultur: die falsche Identität von Allgemeinem und Besonderem. Alle Massenkultur unterm Monopol ist identisch, und ihr Skelett, das von jenem fabrizierte begriffliche Gerippe, beginnt sich abzuzeichnen. An seiner Verdekkung sind die Lenker gar nicht mehr so sehr interessiert, seine Gewalt verstärkt sich, je brutaler sie sich einbekennt. Lichtspiele und Rundfunk brauchen sich nicht mehr als Kunst auszugeben. Die Wahrheit, daß sie nichts sind als Geschäft, verwenden sie als Ideologie, die den Schund legitimieren soll, den sie vorsätzlich herstellen. Sie nennen sich selbst Industrien, und die publizierten Einkommensziffern ihrer Generaldirektoren schlagen den Zweifel an der gesellschaftlichen Notwendigkeit der Fertigprodukte nieder.
Aber dafür sind Sprache und Gestik der Hörer und Zuschauer bis in Nuancen, an welche bislang keine Versuchsmethoden heranreichen, vom Schema der Kulturindustrie noch stärker durchsetzt als je zuvor. Heute hat sie die zivilisatorische Erbschaft der Frontier- und Untemehmerdemokratie angetreten, deren Sinn für geistige Abweichungen auch nicht allzu zart entwickelt war. Alle sind frei, zu tanzen und sich zu vergnügen, wie sie, seit der geschichtlichen Neutralisierung der Religion, frei sind, in eine der zahllosen Sekten einzutreten. Aber die Freiheit in der Wahl der Ideologie, die stets den wirtschaftlichen Zwang zurückstrahlt, erweist sich in allen Sparten als die Freiheit zum Immergleichen. Die Art, in der ein junges Mädchen das obligatorische date annimmt und absolviert, der Tonfall am Telephon und in der vertrautesten Situation, die Wahl der Worte im Gespräch, ja das ganze nach den Ordnungsbegriffen der heruntergekommenen Tiefenpsychologie aufgeteilte Innenleben bezeugt den Versuch, sich selbst zum erfolgsadäquaten Apparat zu machen, der bis in die Triebregungen hinein dem von der Kulturindustrie präsentierten Modell entspricht. Die intimsten Reaktionen der Menschen sind ihnen selbst gegenüber so vollkommen verdinglicht, daß die Idee des ihnen Eigentümlichen nur in äußerster Abstraktheit noch fortbesteht: personality bedeutet ihnen kaum mehr etwas anderes als blendend weiße Zähne und Freiheit von Achselschweiß und Emotionen. Das ist der Triumph der Reklame in der Kulturindustrie, die zwangshafte Mimesis der Konsumenten an die zugleich durchschauten Kulturwaren."
Der Mensch als Person gerät hierbei also unter völllige Heteronomie.
Ach ja, am Rande: Der Freiheitsbegriff bei Jiddo Krishnamurti ist ebenfalls eine diskutierenswerte Angelegenheit.
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Gibt es denn eine spezifische Männerfreiheit?
Ich meine, außer der, samstags zwischen 18 und 20 Uhr nicht gestört zu werden (negative Freiheit) bzw. das Recht auf eine unverschlüsselte Bundesliga-Reportage (positive Freiheit)?
SCNR ;-)
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"Furchtbares hat die Menschheit sich antun müssen, bis das Selbst, der identische, zweckgerichtete, männliche Charakter des Menschen geschaffen war. Die Anstrengungen, das Ich zusammenzuhalten, haftet dem Ich auf allen Stufen an, und stets war die Lockung, es zu verlieren, mit der blinden Entschlossenheit zu seiner Erhaltung gepaart."
Horkheimer/Adorno 1986, S. 33
Da knüpft dann eine umfangreiche, aber leider nie sonderlich wirkungsmächtige feministische Theorie-Tradition an ...
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Ich hatte eigentlich gedacht, das wäre arschklar.
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"Dazu grundsätzlich: Das rationale Machbarkeitsdenken ist von Männern entwickelt worden, die instrumentelle Vernunft, von Che erwähnt und von Horkheimer so genannt, ist das Ergebnis eines männlichen Geistes und männerspezifischer Denkstrukturen."
zeigen frauen in machtpositionen nicht gerade, dass die "instrumentelle vernunft" (aka objektivistische position) kein spezifisch "männliches" kriterium ist? ich halte es eher für berechtigt, diese art von - hm, bewußtsein als *geschlechtslos* zu bezeichnen, eben weil sie objektivistisch (dinglich-tot) ist und eher als eine funktion des gesamten subjekts zu begreifen ist.
das die männliche fraktion der weltbevölkerung sich diese eigenschaft bis heute überwiegend und mehr oder weniger stillschweigend meistens selbst als "geschlechtsmerkmal" zuschreibt - "begründer der zivilisation" und das übliche blabla - hat imo eher etwas damit zu tun, dass diese objektivistische funktion als baustein in einer konstruierten männlichen "identität" unverzichtbar ist - und zwar deswegen, weil sie gleichzeitig diese (als-ob)-identität produziert. was eine tatsächlich authentische männlichkeit ausmacht, können wir, gleichfalls bezgl. der weiblichkeit, unter den bisherigen gesellschaftlichen bedingungen nur in fragmenten erahnen.
zu diesem thema auch ein ergänzender aspekt:
http://autismuskritik.twoday.net/stories/1119925/
und das obige weitergedacht, möchte ich auch hier wiedersprechen:
"Vor dem Kapitalismus, vor dem Feudalismus, vor der Sklavenhaltergesellschaft, nach der jungsteinzeitlichen Revolution, war das erste grundlegende Eigentums- und Gewaltverhältnis das Eigentum des Mannes über Grund und Boden und über den Leib der Frau."
das allererste gewaltverhältnis - und damit übrigens auch die grundlage jeglichen eigentumsbegriffes - ist eher in der bildung der objektivistischen position innerhalb der menschen zu sehen, die u.a. die fiktion eines körperlosen "ich" produziert, welches sich zu "seinem" körper in einem antagonistischen verhältnis befindet. dieses "ich" ist eine fiktion, die ihren eigenen ursprung "vergessen" hat und von ihrer - materiell-körperlich-abhängigen - basis innerhalb von untrennbaren weltbezügen nichts wissen will und kann.
in seinen extremformen ist dieses "ich" in jeder art von psychose zu beobachten. es ist - und das ist keine metapher - strukturell autistisch, was kein problem wäre, wenn es sich an sekundärer stelle in einer voll ausgebildeten subjektivität befinden würde. es wird aber dann zum problem, wenn es innerhalb der menschlichen psychophysis zur kompensation bspw. traumatisch bedingter schäden dienen muss. diese schäden implizieren immer u.a. einen grundsätzlichen allgemeinen *bezugsverlust* zur sozialen mitwelt, und das ist das einfallstor für das objektivistische denken - bezugslos, paranoid, narzißtisch allmächtig, und ohne jegliche wahrnehmung für die eigene unauflösbare eingebundenheit in diverse weltbezüge.
das ist der seit langer zeit vorherrschende bewußtseinsmodus in der sog. westlichen zivilisation. es ist ein ver-rückter, und auch letztlich suizidaler modus. der allerdings solche trugbilder wie "absolute freiheit" und auch "eigentum" erzeugt und die werkzeuge zu deren zwangsweise gewaltförmiger durchsetzung in der realität gleich quasi mitliefert.
und männer wie frauen sind darin sowohl täterInnen als auch opfer - die ersten nehmen wir aus verschiedenen gründen eher als täter wahr, die zweiten als opfer. das ist auf *einigen* ebenen auch realitätsgerecht, sollte allerdings nicht den blick auf die grundsätzliche dialektik dahinter verbergen.
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Was diese Passage angeht:
"das allererste gewaltverhältnis - und damit übrigens auch die grundlage jeglichen eigentumsbegriffes - ist eher in der bildung der objektivistischen position innerhalb der menschen zu sehen, die u.a. die fiktion eines körperlosen "ich" produziert, welches sich zu "seinem" körper in einem antagonistischen verhältnis befindet. dieses "ich" ist eine fiktion, die ihren eigenen ursprung "vergessen" hat und von ihrer - materiell-körperlich-abhängigen - basis innerhalb von untrennbaren weltbezügen nichts wissen will und kann." - sorry, das mag richtig sein, aber da ist Dein Ansatz nun wirklich sehr tiefenpsychologisch, ich bin, trotz Nebenfach Psychologie, dann doch eher in einer feministischen Lesart des historischen Materialismus zu Hause.
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Noch etwas zu einigen deiner Worten, che2001 :-) Du schriebst: "bis er [Krishnamurti] selbst verkündete, es gäbe keine Götter, und der einzige Weg zur Wahrheit liege in der vorurteilslosen, absolut antiautoritären Selbsterkenntnis." Mit jener Verkündung meinst du wahrscheinlich die Rede, mit der Krishnamurti seinen Orden auflöste. So weit ich mich erinnere sagt Krishnamurti nicht, es gäbe keine Götter; die "message" lautete vielmehr: Zur Wahrheit führt kein fester Pfad; durch ein festes Gebilde aus Theorien und Glaubenssätze (wie z.B. der Orden) kann der Mensch nicht zur Wahrheit gelangen; man kann nur durch eigene Kraft und eigenes Erkennen zu ihr gelangen. Des weiteren sagtest du: "Für ihn ist der alles in Frage stellende kritische Geist das höchste." Ich finde, das klingt so als solle man alles kritisch analysieren und bezweifeln, und zwar mit dem reinen Intellekt (von wegen "Hm, ist der Baum wirklich grün?"). Eigentlich geht es jedoch wie du schon sagtest eher darum, keine Vorurteile gegenüber dem eigenen Leben, der Welt, dem eigenen Geist zu haben bzw. sich der eigenen Voreingenommenheit bewusst zu werden. Also wieder: keine Theorien und Dogmen anzuhäufen, sondern das tägliche Leben an sich wirklich zu betrachten.
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Nur mal so.
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Mein Menschenbild ist das jedenfalls nicht. Ich freue mich über jedes Angebot der Kulturindustrie, denn niemand zwingt mich, es anzunehmen. Sie verschafft mir aber Vielfalt und die Möglichkeit zu wählen, diese Kulturindustrie. Und wenn man sich mal Deine, Ches, Praxis anschaut, dann folgt die ja der gleichen Logik. Sonst wäre Che nicht Che, sondern er hätte sich in den 80ern brav von der Kulturindustrie zum sauber gescheitelten Pullunderträger mit Tennisclub-Ambitionen sozialisieren lassen.
Also, da wird dieses Horkheimersche Menschenbild dann einfach nur noch arrogant. Ja, wir Erleuchteten, wir sind den kapitalistischen Menschenprogrammierern entkommen, wir sind zu klug für die, aber dieses ganze arme Pack da, dieser Pöbel mit seinem Massengeschmack, der war nicht schnell genug auf den Bäumen, und jetzt wählt er auch noch CDU oder SPD. Aber vielleicht haben die Leute, die Dan Brown lesen, bei Quelle bestellen und Formel1-Rennen besuchen ja auch gute Gründe dafür? Nicht, daß Du und ich sie verstehen würden, aber es könnte doch sein, daß da auch erwachsene Menschen einfach nur ein paar Entscheidungen getroffen haben, mit ihren Gründen, und daß sie nicht nur doofe Lemminge sind, die Horkheimer und Adorno nicht gelesen haben?
So. Freiheit nimmt für mich mit der Anzahl und Reichweite der Entscheidungen zu, die ich über mein Leben treffen kann, ohne daß der Staat oder andere Menschen mit durch die Ausübung von Zwang beschränken. Die Kulturindustrie zwingt mich zu nichts. Sie bietet mir Vielfalt, aus der ich wählen kann. Und das ist sehr gut.
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Nee, so einfach ist das nicht, Adorno und Horkheimer vor Rayson und Statler zu retten, obwohl das zweifelsohne möglich ist, die hatten's ja drauf.
Statler ist auch bemerkenswerterweise nicht aufgefallen, daß das ja selbst eine Theorie negativer Freiheit ist, was unsere zwei Säulenheiligen da formulierten.
Weil's eben implizit eben auch ein bestimmter Typ von Befreiungs-Theorie ist, die die beiden formuliert haben - inwiefern es auch eine Theorie der Freiheit ist, das wäre hier zu kompliziert, das darzustellen. Das ist aber nicht das gleiche, eine Theorie der Befreiuung und eine der Freiheit.
Und Befreiungstheorien können, müssen nicht, strukturell in Entfremdungsmodelle münden, kann man ja täglich in der liberalen Blogosphäre nachlesen, wo wortreich ausgeführt wird, wie vermeindlich "das Sozialsystem" massenhaft seine Opfer psychisch deformiert und daß sie deshalb davon befreit gehörten, ob die das nun wollen oder nicht - und das im Sinne der höheren Wahrheit Hayeks und Berlins. Ist ja deren zweites, zentrale Theorem neben "Nimm mir bloß nix weg!".
Das ist ja strukturell analog zum Massenbetrug durch Kulturindustrie.
Und dann hat man das Problem, das man so etwas wie Eigentlichkeit behaupten muß, eine wahre Natur des Menschen, seine wahren Bedürfnisse im Gegensatz zu den z.B. kulturindustriell künstlich erzeugten, und das ist bei der Kritischen Theorie ein ganz gravierendes Problem - woher wissen das denn die Kritischen Theoretiker im Gegensatz zu allen anderen, welches die wahren Bedürfnisse sind? Und wie wollen die denn da hinkommen, daß die Gesellschaft diese freilegt?
Dieser heroische Eigenverantwortungsdiskurs der Liberalen funktioniert strukturell ganz ähnlich, und ich vermute, daß netbitch dieses "liberale, männliche Selbst" meinte mir ihrer Intervention, das Freiheit vor Bindung präferiert und das Ego über den Anderen stellt?
Nichtsdestotrotz finde ich bestimmte Varianten des Freudomarxismus noch um einiges problematischer als das liberale Selbst, auch femistische Varianten dieses Freudomarxismus, und bin heilfroh, daß Foucault mich von diesen befreite ;-) ...
Das sind immer implizite Naturalismen, die eine wie auch geartete "wahre" Natur des Menschen behaupten, und da wird's dann gefährlich, selbst wenn man die wie Adorno aus guten Gründen nicht positiv kennzeichnet, sondern allenfalls in der Kunst erahnt ... das kann nicht minder zu Normalisierung führen, als die Kulturindustrie dies faktisch und längst schon ebenso macht.
Ich glaube, daß gerade die in so erschreckend vielen Fällen wirklich punktgenaue Analyse der Kulturindustrie Horkheimers und Adornos nur dann reformuliert werden kann, wenn man das Problem der "inneren Natur" anders formuliert, als die beiden das taten ...
Das alles sei ganz ausdrücklich verstanden als Kritik eines bestimmten Typs von Befreiungstheorien, nicht als Kritik von ganz realen, politischen Befreiungsbewegungen, nicht, daß man das hier mißversteht ...
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Realer Wahlmöglichkeiten! Tjä, für möglichst viele Menschen und nicht allein für bürgerliche Kasten. Um das zu begreifen, muss man nicht einmal Marx gelesen haben. Es benötigt lediglch einen offenen Blick für die Welt.
Dass eine emanzipatorisch verstandene Freiheit sehr verschiedene Freiheitsquellen kennt, deutlich mehr als nur negative Freiheiten, das mag neoliberale Trottel überfordern, auch deshalb, weil sich diese Neoirgendwassis im Wesentlichen nur für die (Steuer- und Abgaben-)Freiheit vom Staat interessieren.
Das ist primitiv.
Es gibt bei politischen Gestaltungsfragen selbstverständlich nicht nur eine Wahl zwischen "Staat oder Markt", sondern immer sehr unterschiedliche Ausformungen des Staates (auch Che wies darauf hin) und überdies sehr unterschiedliche Ausformungen "des" marktlichen ökonomischen Geschehens.
Kommen Sie noch mit Herr Statler?
Und sorry, recht armselig ist es auch, jedenfalls für einen in Heidelberg praktizierenden Akademiker, durchaus berechtigte (wenn auch in meinen Augen oftmals überzogene) Argumentationen hinsichtlich der "Kulturindustrie" mit einem dümmlich-dämlichen Pauschaleinwand wegzuwischen.
Auch wenn derlei Primitivität Raysons Day gemacht haben sollte. LOL.
Wie Che richtig hingeweisen hat, macht eine perfekte negative Freiheit (erlangt durch fast totale Staatfreiheit?) längst noch nicht frei, und zwar gleichgültig, welches mehr oder minder erhabene Menschenbild als Argumentationsschild bzw. als tatsächliche Monstranz vor sich hergetragen wird.
Nebenbei: Mein schwerster Vorwurf an den Rechtsliberalismus ist: Er hat im Wesentlichen einen nihilistischen Freiheitsbegriff. Wichtig ist auch dieses zentrale Zitat zum Freiheitsbegriff:
"Ursprünglich erfahre ich Freiheit im Verkehr mit anderen und nicht im Verkehr mit mir selbst. Frei SEIN können Menschen nur in Bezug aufeinander, also nur im Bereich des Politischen und des Handelns; nur dort erfahren sie, was Freiheit positiv ist und dass sie mehr ist als ein Nichtgezwungen-werden."Wer als neoliberaler Milchbubi überdies nicht zu begreifen vermag, dass menschliche Freiheiten durchaus auch durch nicht-staatliche Institutionen und Unternehmen bedroht und eingeschränkt werden können, der sollte sich zum Freiheitsbegriff von Isiaiah Berlin am Besten überhaupt nicht äußern.
Denn er hat es nicht verstanden.
P.S.
Freiheit geht nur mit Emanzipation. Dazu zählt für Heidelberger Akademiker z.B. auch die Emanzipation vom engen und vermeintlich chicen ideologischen Korsett der Neocon
P.P.S.
Und bitte kein dümmliches Gejaule darüber, dass jede Beachtung positiver Freiheiten automatisch bewirken würde, dass dann negative Freiheiten unter die Räder kommen.
Denn: Dem ist nicht so. Das Gegenteil ist richtiger. Eine Diktatur des Marktes ist, im Vergleich zu einem vernünftig regulierten und sozial ausgewogenen System ein erbärmlicher Zustand, ein Zustand, der für die meisten Menschen in keiner Weise preisenswert ist. Ja: Aus Gründen der Freiheit, besonders dann, wenn man diesen Begriff ernst nimmt, und nicht nur als
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-- Joachim Fest
Gilt auch für Pausenclowns.
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*lach*
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Befreiungstheorie -- schön und gut. Aber das ist nicht das relevante Kriterium. Der Paranoide, der meint, daß Freimaurerlogen ihn am guten Leben hindern und deshalb zerschlagen werden müssen, vertritt auch eine Befreiungstheorie, aber wir müssen diese Theorie deshalb weder sexy noch zutreffend finden.
Die relevante Frage ist, ob es diesen angeblichen Zwang wirklich gibt, den Horkheimer und Adorno da unterstellen. Ich denke nicht. Bisher wurde ich im Leben noch nie zum Konsum von irgendwas gezwungen, genauso wenig wie mir jemand meinen Musikgeschmack diktiert oder mich auf meine politischen Präferenzen programmiert hat. Das waren stets meine Entscheidungen, und zwar: freie Entscheidungen.
Also, nein, das Wettern gegen die Kulturindustrie ist keine Theorie negativer Freiheit, denn von welchem Zwang sollte ich denn bitte befreit werden, wenn es die Kulturindustrie nicht mehr gibt?
Bei dem anderen Punkt hast Du allerdings völlig recht, denke ich: Wenn irgendwelche universell gültigen, materiell spezifizierten Auffassungen von der 'wahren Natur des Menschen' zugrunde gelegt werden, dann wird es gefährlich. Wenn man negative Freiheit fordert, dann kommt man ohne sowas aus. Menschen sollen so sein, wie sie sein wollen, sie sollen sich so entwickeln, wie sie sich entwickeln wollen, und die wesentliche Voraussetzung dafür bleibt schlicht die Abwesenheit von Zwang.
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@pessimistisches Menschenbild. Man nimmt es den jüdischen Intellektuellen Adorno und Horkheimer also übel, dass sie nach der Realität von Auschwitz ein pessimistisches Menschenbild vertraten, statt guidomobil-mäßig für die Spaßgesellschaft einzutreten. Positiv denken, Leute, la vita e bella!
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Eine klassenlose Gesellschaft anarchistischen Zuschnitts würde eben gerade nicht lange übrigbleiben, sondern es würde im wahrscheinlichsten Fall zu einer Gewaltherrschaft kommen. Und bis die Gesellschaft dann wieder auf unserem heutigen Stand ist, möchte ich eigentlich nicht warten.
Es tut mir leid, aber ich muss jetzt auch gleich wieder an meine entfremdete Arbeit gehen: Programme wollen weiterentwickelt werden, der Redakteur einer Fachzeitschrift winkt mit dem Abgabetermin und eine Dienstreise will auch noch vorbereitet werden ...
Meine entfremdet und hochmotiviert berufstätige Partnerin hat mich dringend darum gebeten, noch schnell die Waschmaschine zu füllen. OK, letzteres ist natürlich Zwang zu entfremdeter Arbeit, aber sonst habe ich nichts anzuziehen ;-)
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Der Zwang, den Horkheimer und Adorno beschreiben, funktioniert halt anders als unmittelbare, politische Unterdrückung ... wobei ja aktuell schon gilt, daß Ärger mit dem Staat bekommt, wer aus dem "Ich bezahle für alles, was ich tue!" ausschert. Siehe als nur kleine Beispiele das Freilichtkino hier im Schanzenpark oder die Aufstände rund um die Bauwagen-Siedlungen.
Ansonten funktioniert das über soziale Kontrolle und teils auch die technische Entwicklung selbst: Die Rezeption im Fernsehsessel bringt halt ganz andere Wahrnehmungsformen hervor als das Lauschen eines Schönberg-Konzertes (falls der überhaupt noch zur Aufführung gebracht wird). Treibt Kreativität aus und verhindert Autonomie, produziert bestimmte Formen der Sinnlichkeit und im Tanz z.B. zu Swing-Musik auch Formen der Körperlichkeit. Teils läßt sich das auch in Varianten des berühmten "Opium für's Volk" deuten - angesichts der Massenarbeitslosigkeit hätten wir doch längst die Revolution, wenn's kein Fernsehen gäbe.
Auch - um jetzt mal kurz in die Freud-Kiste zu greifen, die ich, siehe oben, so nie vertreten würde, Marx ohne Freud ist mir lieber - die quasi-libidinöse Bindung an Konsumgüter als Ersatzbefriedigung, auf daß die wahre Befriedigung nie zuteil den Menschen werde, das ist ja selbst dann kein Blödsinn, wenn man auf eine positive Kennzeichnung dessen, was "wahre Befriedigung" sei, verzichtet.
Und auch sonst - einfach mal lesen, das Kulturindustrie-Kapitel in der "Dialektik der Aufklärung", das ist schon ein außerordentlich bedeutender und zudem auch noch lustiger Text. Und jenseits aller Selbst-Zuordnungen zu irgendwelchen Doktrinen ist's ja oft hilfreich, gerade das zu lesen, was das eigene Denken gegen den Strich bürstet ...
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Schönes Eigentor, Herr Hobbyphilosoph! :-)
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Hey Statler, jetzt kannste janz herrschaftfrei sagen: "Danke, Dean, ich habe etwas gelernt".
Und, falls Du damit nicht überfordert bist, kannst Du mal die Frage beantworten, warum ein "Liberaler" bzw. Liberaler wie Du so eine große Lust verspürt, auf den Liberalen (!) Habermas rumzudreschen.
Irgendwas an Deinem "Liberalismus" ist da ziemlich
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Promoviert hat Habermas übrigens in Bonn. Ab 1956 war er dann in Frankfurt Assistent, allerdings nicht von Horkheimer, sondern von Adorno ans Institut geholt. Auf Betreiben Horkheimers wurde ihm drei Jahre später die Habilitation verweigert, weshalb er diese bei Abendroth in Marburg erlangte. Und beide, Horkheimer und Adorno, meinten, daß Habermas als akademischer Lehrer keine Zukunft habe. Das alte Thema, Hasenscharte und Sprachfehler und so.
Also, wenn ich schon was lerne, dann lieber nicht von präpotenten Scheindoktoren, denn bei denen lernt man meistens nur Falsches.
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Und die Größe zuzugeben, dass Du Dich da vertan hast mit Deiner Antwort an Artur, die hast Du halt nicht. Habermas war halt doch eine ganze Zeit lang Schüler (u.a.) von Horckheimer, Du Eimer.
Und wo bitteschön bleibt Deine Erklärung die seltsame Lust an "liberalen" Habermas-Bashing, hä?
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Hat der Scheindoktor nicht wenigstens *ein* Buch von Horkdorno zuhause, auf dessen Einband er die Schreibweise des Namens nachsehen kann? Und seine Entgegnung in der Sache ist ja nun eh schwach. Bildungssimulant.
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http://www.blogfrei.de/metalust/2006/12/beissattacken_gegen_gutmensche.html
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Nö, mein Süßer! Hockdorno ist mir unbekannt. Aber falls Du Dich wirklich für die Bücher interessierst, die ich gelesen habe, dann würdest Du staunen.
Über Deine Unbildung.
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Hier sind wir immerhin in einem Warlog. Sollte ich wirklich Maß haben? Muss ich? Ja, gut. Meine neuen Bücherregale messen 100 Zentimeter und 80 Zentimeter (es gibt kaum etwas quälenderes als fehlender Raum für Bücher). Die sehen zusammen mit dem letztes Wochenende selbst gebauten Zweit-Schreibtisch richtig gut aus. Und die neuen (ebenfalls selbst gebauten) Sitzhocker sind ein prima Lacher. Stell ich vielleicht ins Blog.
Und doch interessiert es mich, welchen Sinn ein grantliger wie süßer S-Tatler im Habermas-Bashing sieht. Ist es die Bekämpfung des 68´-er Urfeindes? Irgend einen Sinn muss das für ihn ja machen.
Ich erwarte von S-Tatler
"Denn ich hege keinen Zweifel, dass die Freiheit in der Gesellschaft vom aufklärenden Denken untrennbar ist.
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Die Geschichte, die über Jürgen Habermas verbreitet worden ist, hätte mir genauso passieren können: Ein «Pimpf» mahnt einen anderen, in Zukunft pünktlich zum Dienst zu erscheinen. Der andere «Pimpf» allerdings, Hans-Ulrich Wehler, und der neuerliche Verbreiter der Episode, Joachim Fest, sind nicht Irgendwers. Mindestens einer von ihnen, Fest nämlich, hat das mit der Geschichte verknüpfte offenbare Märchen ernst genommen, dass der Zettel mit dem Dienstbefehl dreissig, vierzig Jahre später von Habermas aus Sorge vor politischer Inkriminierung verschluckt worden sei. Wer solchen Unsinn glaubt, hat seine normalen Urteilskräfte suspendiert...Eins noch: Wer nichts mehr zu bieten hat, der hängt sich an Rechtschreibfehlern auf. Ein Merkmal von Armseligkeit nicht nur in der Bloggosphäre...
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Welche Freiheit meinen die da? Die nagative Freiheit als Abwesenheit von Kapital beim Volk?
Die positive Freiheit des Kapitals und seiner Besitzer? Nämlich unbehelligt damit tun und lassen zu können was man will, ohne den lästigen GG-Artikel "Eigentum verpflichtet"? Wahrscheinlich.
Sicher werden hier und da und dort demnächst Naumann geschulte Propagandisten durch die Gegend schreiben, dass die Freiheit, die sie meinen, von der sie aber nicht sagen dürfen, welche es genau ist, allen dient und das Volk glücklich machen wird... hähähä. Köhli lässt grüßen!
*via lobbycontrol
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