Sonntag, 28. Januar 2007
Das Zimmermädchen
Wie Hermann L. Gremliza in der aktuellen "konkret" schrieb, verdient ein festangestelltesZimmermädchen in einem Hamburger Fünf-Sterne-Hotel (Übernachtungspreis bis 1200 Euro) 2,46 Euro in der Stunde. Eine hiervon Betroffene klagte gegen dieses Ausbeuterverhältnis, mit dem Resultat, dass sie heute von Hartz IV lebt.

Man kann nur sagen, bravo, weit haben es rot und grün gebracht. Es ist etwa anderthalb Jahrzehnte her, da hing ich eng drin in einer Szene schwarzarbeitender Migranten. Die 6-Mark-Gehaltsklasse (umgerechnet etwa 2,46 Euro) hieß dort der"Tamilentarif", das war ein Einkommen, für das kein Kurde und kein Litauer schwarz gearbeitet hätte (die lagen so bei 10 Mark). Ihre Arbeitgeber waren Dönerbudenbetreiber oder Schrottverwerter, die das Geld auch nicht gerade druckten. Heute ist das also ein Gehalt für ein reguläres Arbeitsverhältnis bei einem renommierten Arbeitgeber. Wenn sich so etwas lese, packt mich der blanke Hass.

Angesichts solch atemberaubender Umschichtungen zeigt sich einmal wieder die Notwendigkeit zu gesellschaftlicher Gegenwehr.

... comment

 
nicht nur dich.

... link  


... comment
 
mir fällt nix "konstruktives" dazu ein, ausser dass ich mich Dir anschliesse. ...nee, mir fällt nichts ein.

... link  


... comment
 
Prinzipiell finde ich es richtig, auf solche Zustände hinzuweisen, auch wenn man nun eigentlich über Lösungsvorschläge diskutieren müsste.

Aber aus dem Wortlaut Deines Artikels könnte man schließen, dass das Zimmermädchen in dem Hotel angestellt ist. Tatsächlich ist sie wahrscheinlich im Auftrag einer »Fremdfirma« tätig (und möglicherweise sogar noch als Angestellte eines Subunternehmers einer »Fremdfirma«). Mit jeder Stufe bleibt ihr weniger Einkommen für ihre Arbeit. Die Zusammenhänge müssen IMHO schon transparent gemacht werden, bevor man nach Lösungen sucht.

... link  


... comment
 
So geht's auch
»225 Menschen arbeiten derzeit in Rothaus, oft in der zweiten oder dritten Generation. Die Brauerei ist in der Region ein beliebter Arbeitgeber, regelmäßig zahlt das Unternehmen 14 Monatsgehälter, je nach Ertragslage waren es manchmal sogar 15.«

http://www.spiegel.de/wirtschaft/0,1518,461719,00.html

Auch Langenscheidt soll 14 Monatsgehälter zahlen, aber das hilft dem Zimmermädchen natürlich nicht weiter ...

... link  

 
Vielleicht bekommen sogar einige der Beschäftigten im Kerngeschäft des Hotels 14 Monatsgehälter ... aber die Verhältnisse im Hotel- und Gastronomiegewerbe sind eben sehr unterschiedlich. Manche Unternehmen verdienen gut, andere stehen am Rande der Pleite. Hier in Dresden trifft beides auf untereinander recht ähnliche Hotels zu und niemand schaut so recht dahinter, woran das liegt.

Das Problem ist IMHO noch nicht einmal, dass Hilfsprozesse ausgelagert werden. Das kann für beide Seiten auch sehr gut funktionieren. Das Problem ist, dass Hilfsprozesse verantwortungslos und ohne Rücksicht auf die Folgen ausgelagert werden. Am Ende leidet darunter auch die Qualität im Kerngeschäft und es kann zur Pleite kommen.

... link  

 
das problem ist, dass es in d keine mindestlöhne gibt, wie in resteuropa. da lässt sich's leicht ausbeuten und versklaven. da hast du ganz recht, stefanolix.

... link  

 
Man sollte sich schon entscheiden, ob das outsourcen der Zimmerreinigung ein Problem darstellt oder nicht. Da von liberaler Seite ja die Produktivität das A und O der Lohnfindung sein soll stellt sich die Frage warum bei einer Konstruktion über Fremdfirmen und Subunternehmer für den Beschäftigten jede Stufe einen Verlust an Einkommen darstellen soll, wo doch die Arbeit die gleiche bleibt.

Ob Fremdfirma oder nicht, in einem solchen Falle zeigt man zu recht mit den Fingern auf dieses Dorint Hotel, den die kennen die Kalkulation und machen die Vorgaben für Beschäftigte oder eben für die Fremdfirmen. Das Hotel hat ja auch reagiert und der Reinigungsfirma gekündigt. Allerdings vermute ich nicht aus Einsicht sondern wegen der Publicity.

Trotzdem halte ich es für möglich, dass ein erfahrenes Zimmermädchen zwei bis drei Zimmer pro Stunde reinigen kann und somit 7 bis 10 Euro pro Stunde verdient, auch wenn dann immer noch die Frage bleibt ob das ein der Leistung angemessener Lohn ist.

... link  

 
Ich bezweifle, dass man dieses spezielle Problem mit Mindestlöhnen lösen kann. Der oben genannte Stundenlohn kommt ja dadurch zustande, dass das Zimmermädchen die vorgegebene Leistung von einer bestimmten Anzahl Zimmer pro Tag nicht geschafft hat oder nicht schaffen konnte. Als Außenstehender kann ich die Normen nicht einschätzen. Ich bin ganz klar für eine leistungsgerechte Bezahlung auf der Basis einer erfüllbaren Norm, aber ich sehe auch keine einfache Lösung.

2xPS an meinen Vorredner: Wenn vom Hotel ein bestimmter fester Preis pro Zimmer gezahlt werden kann, muss ja jede weitere Stufe zwischen Auftraggeber und Zimmermädchen Einfluss auf den Lohn haben.

Wenn sich das Zimmermädchen dem Hotel auf eigene Rechnung als Selbstständige anbieten würde (am besten in einem freien Team von Zimmermädchen) könnte sie vielleicht einen besseren Preis erzielen und wäre ganz anders motiviert.

... link  

 
Schön, dass Du der Meinung bist, die Frau gehörte leistungsgerecht bezahlt. Im Gegensatz zu Dir sehe ich aber eine Lösung. Und die heißt: Es haben auch bei den Subs dieselben Tarifverträge und Lohnstrukturen zu gelten wie im Hotel- und Gaststättengewerbe. Wer sich nicht dran hält, kriegt die Bude dichtgemacht. Und zwar beim ersten Verstoß und nicht am St. Nimmerleinstag. So einfach ginge das.

... link  

 
@jr: Definiere doch mal eine leistungsgerechte Norm für die Reinigung eines Hotelzimmers ...

Wir alle haben mehr oder weniger »amateurhafte« Erfahrungen mit dem Reinigen von Zimmern, dem Beziehen von Betten und ähnlichen Tätigkeiten. Ich kann meine Hemden in eine Reinigung schaffen, aber notfalls auch selbst waschen und bügeln. Aber ich kann weder auf Leistung bügeln noch auf Leistung putzen. Was ich damit sagen will: ohne Normen geht es nicht und die Norm ist der eigentliche Schlüssel zur leistungsgerechten Bezahlung.

... link  

 
Warum soll ich eine Norm definieren, wenn sie in den Tarifverträgen des Hotel- und Gaststättengewerbes längst definiert ist?

... link  

 
Das Problem mit der Marktwirtschaft ist, dass die "Norm" dort etwas fließendes ist. Falls auf dem Arbeitsmarkt Menschen vorhanden sind die bereit und fähig sind mehr Hotelzimmer pro Zeiteinheit zu putzen, dann wird dies zur (vorläufigen) Norm.

... link  


... comment
 
Die Abschaffung der Sklaverei hat auch ihre Vorteile
wie die Römer bei Asterix und Obelix schon erkannten, hat die Bezahlung der Sklaven ihre Vorteile. Man spart nicht nur Peitschenhiebe, sonder muss sich um Kost und Logis der Sklaven auch nicht mehr kümmern.

Besonders wirksam ist die Verlagerung der Arbeit ins Ausland, da spart man auch noch Steuern und Sozialabgaben. Schon kostet ein Markenhemd oder eine Markenhose nur noch einen Euro in der Produktion. Hier kann man locker das 100-fache verlangen.

Wie gesagt wirtschaftlich hat die Abschaffung der Sklaverei nur Vorteile.

... link  


... comment
 
Zu "angestellt" oder "Fremdfirma": Über einen Freund bekomme ich zur Zeit erschreckende Einblicke in das Hotelgewerbe der oberen Klassen. Das, was da hinter den Kulissen abgeht, spottet jeder Beschreibung. Arbeitsverträge, in denen Stundenlöhne von unter fünf Euro festgeschrieben sind, sind eher normal, wobei sich das nach unten rechnet, weil unbezahlte Überstunden an der Tagesordnung sind. Zuschläge für Wochenende, oder Nachtarbeit gibt's quasi nicht und die Behandlung innerhalb des Systems ist unter aller Sau, weil sich dieses System bis in "höhere" Positionen fortsetzt und irgendwann jeder zum Ellenbogentier wird und nach unten tritt.

Wohl bemerkt: Es geht nicht um kleinere Familienbetriebe, in denen man versucht, irgendwie durchzukommen. Es geht um große Häuser, die permanent im TV mit ihrem Luxus und ihrer "Eleganz" präsent sind.

Eine Lösung fällt mir nicht ein. Die (sowieso desinteressierten) Kunden bekommen das nicht mit. Publikmachen funktioniert kaum, weil jeder, der aufmuckt, schon innerhalb des Systems Probleme bekommt und schnell überhaupt keine Arbeit mehr hat. Mal abgesehen von der sicherlich eintreffenden Post von Rechtsanwälten der betroffenen Hotels, die besser bezahlt werden...

... link  

 
So ist das
Die Lösung besteht in solchen Fällen in
a) einem vernünftigen Mindestlohn plus
b) eine wache Zivilgesellschaft inklusive demokratischer Medien, die sich für derartige Fragen mit Leidenschaft interessieren sowie
c) ein starker Staat, der die Interessen Schwacher durchsetzt.

Reaktionäre Liberallas kennen natürlich nur einen Weg, um gesellschaftliche Probleme zu meistern: Steuern senken! Da das aber bei der angesprochenen Zielgruppe die Probleme erkennbar nicht löst, wird mit scheinbar besorgter, salbungsvoll-arroganter Tonlage das Übliche Neoliberale Mantra vorgebetet:

1. Nur keine Staatseingriffe!
2. Ein soziales Problem? Nee, da kann man wohl nichts machen. Eigentlich interessiert das auch nicht.
3."Der" Markt löst alle Probleme - das aber natürlich nur, wenn er gänzlich unreguliert ist...

Mal abgesehen von der subtheologisch, rückständigen und eigentlich amoralischen Struktur des rechtsliberalen Blablas, kann man hier in Reinform betrachten, warum Leute wie "Stefanolix" und andere Vertreter der L-Gruppen der Nullerjahre sich zwar "ordoliberal" nennen - während sie jedoch weder Ahnung davon noch Interesse haben, die reale soziale Wirklichkeit auch nur bei kleinsten Aspekten verbessern zu wollen.

Denn - hier haben wir das subtheologische Moment - "der" Markt löst ja bekanntlich jedes Problem - und falls nicht, dann gibt es halt keine Lösung...

Und seltsam, diese dogmatische Glaubensgewissheit ist bei diesen "Liberalen" völlig unantastbar - in Sachen politischer Glauenstreue und papageienhaftem Parolengekrächse übrigens sehr vergleichbar mit überzeugten Stalinisten der DDR...

Dazu passt, finde ich jedenfalls, dass Blogger wie Stefanolix und Rayactson eine DDR-Biografie haben. Sie haben nur die Begriffe ausgetauscht - und schon dürfen sie sich wieder im bornierten Dogma bequem einrichten.

So ist das.

... link  

 
Solche Arbeitsbedingungen beschränken sich ja nicht auf das Gastgewerbe. Praktisch überall da, wo es einen Außendienst gibt, der Promotionveranstaltungen macht, werden Überstunden gar nicht erst erfasst, es gibt also keinen Überstundenzuschuss, sondern die Überstunden sind komplett unbezahlt. Vielfach gilt dies auch für Arbeit am Wochenende. In Werbeagenturen und Zeitungsverlagen ist es oft üblich, dass 8 Stunden am Tag bezahlt, aber 12 gearbeitet werden, in der Layoutphase auch mal 30 Stunden am Stück.

@Dean: So sehr Du grundsätzlich Recht hast, musst Du nicht immer ad personam werden. Das von Dir genannte "neoliberale" Mantra habe ich so explizit formuliert wie von Dir vorgetragen speziell bei Stefanolix bislang nicht gelesen, und Rayson kommt meines Wissens aus Baden. Du kritisierst da berechtigterweise eine Grundhaltung, die kritisierenswert ist, fixierst sie aber in einer Art und Weise auf Personen, die weder den konkreten Personen noch dem Gegenstand Deiner Kritik wirklich gerecht wird.

... link  

 
zum mantra: 4. TINA = There Is No Alternative

... link  

 
Che, Du gestattest, dass ich das Thema noch mal kurz aufgreife?

Zuerst hat es jeder Gast eines Hotels selbst in der Hand, dem Personal die Arbeit leichter oder schwerer zu machen. Man kann jedes Zimmer so oder so verlassen ...

Und wie bei anderen personenbezogenen Dienstleistungen kann man sich mit einem kleinen Trinkgeld bedanken. In privat geführten kleineren Hotels kann man am Ende des Aufenthalts die Rechnung etwas aufrunden; bei uns im Osten sagt man dann scherzhaft »der Rest ist für die Kaffeekasse«. In größeren Hotels der Mittelklasse findet sich auch ein Weg. Mit relativ wenig Geld kann man so den niedrigen Stundenlohn des Zimmerpersonals schon (steuerfrei) verdoppeln ...

Ich denke, dahinter steckt letztlich auch ein gesunder Egoismus des Gastes: wenn nämlich die Dienstleistung wirklich so mies bezahlt wird, dann werden die Bedingungen für ihn und alle zukünftigen Gäste Schritt für Schritt immer schlechter werden.

... link  


... comment