Sonntag, 2. April 2006
Zur Wahl in Peru
Peru kann als ein besonders trauriges Beispiel für die Verirrungen des Neoliberalismus angesehen werden. Zwar ist das Land arm, verfügte aber durch Montanvorkommen und mit die ertragsreichsten Goldminen der Welt über staatliche Einnahmequellen neben den Steuern, die fast ebenso groß waren wie das Steueraufkommen selber. Diese staatlichen Bergwerke wurden von Fujimori restlos an ausländische Investoren verkauft, der die weitgehend autarke Wirtschaft japanischen, europäischen und US-amerikanischen Heuschreckenschwärmen auslieferte. Linkskandidat Ollanto Humala hat nun einen radikalen Wechsel versprochen. Ob das auf eine Enteignung und Verstaatlichung der Gold- und Kupferminen hinauslaufen würde ist zunächst unklar, aber man kann auf die Wahlen am 09. April gespannt sein. Ich habe den Eindruck, dass die USA ihre Machtbasis in der zynisch als "Hinterhof" bezeichneten Südhälfte des Doppelkontinents Stück für Stück verlieren.

Ach ja: Bush hat letzten Umfragen zufolge nur nopch das Vertrauen von 25% der US-Bürger.

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Zum Fall EL Masry
Erschreckend: Der CIA kannte seine Kontobewegungen. Was wird eigentlich noch Alles überwacht? In den 80ern eruierte ich mal, dass mein Telefon überwacht wurde, in dem ich mich telefonisch mit einem Anderen dazu verabredete, eine Ampelblitzanlage in die Luft zu sprengen. Natürlich hatte niemand von uns vor, so etwas zu tun oder überhaupt etwas bumsen zu lassen, aber man konnte dann beobachten, wie erst ein Zivilstreifenwagen und dann ein grünweißer Bulli vorfuhren und die ganze Nacht die arme Ampel bewachten. Nun geschah das in schwersten Hausbesetzerzeiten, die längst vergangen sind, aber mit der Erfahrung im Hintergrund befürchte ich, dass unsere Sicherheitsorgane allererste Spitzelklasse sind. Wie hieß es damals nicht so schön auf unseren Demos: Stasi Ost und Stasi West, überall dieselbe Pest!

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Zur Wahl in Israel
Kadima auf Platz 1, Arbeitspartei auf Platz 2, Likud weit abgeschlagen. Auch wenn ein dauerhafter Frieden mit den Palästinensern in weiter Ferne erscheint, so ist das Wahlvolk wohl dennoch für Haudruffs und Falken nicht zu haben. Die wirtschaftlichen und sozialen Probleme des Landes brauchen dringend eine Lösung, und die scheint aus Sicht der Wählermehrheit bei der Partei der Pragmatiker am Ehesten zu erwarten zu sein. Warten wir´s ab. Ich denke, dass sich auch Hamas früher oder später bewegen wird. Wenn man nicht direkt miteinander redet, dann eben über Mittelsmänner, was in der Gegend ja Tradition hat.

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Die Infantilisierung der Gesellschaft
In der Zeit habe ich einen lesenswerten Themenschwerpunkt zu den Protesten in Frankreich verfolgt und dem seltsamen Umstand, dass in Deutschland oder Großbritannien niemand rebelliert . Erklärt wurde dies mit der unterschiedlichen Sozialisation von Studentengenerationen. Rebellierte man in den 60ern und 70ern gegen Nazi-Eltern und Nazi-Lehrer und hatte die Jugendrevolte deswegen notwendigerweise einen linken Charakter, fielen Adoleszensrevolte und politische Oppositionsbewegung aus historischer Notwendigkeit zusammen, so zeichneten sich die 80er durch Diversifizierung aus. Linker Protest richtete sich zunehmend gegen die bereits etablierten 68er, entsprechend verschob sich das subkulturelle Kostüm von Hippie zu Punk, gleichzeitig rebellierten schon die ersten Kinder der 68er gegen ihre Elterngeneration, insofern wäre es grundfalsch, in der Haltung der Popper und Yuppies gesellschaftliche Angepasstheit zu sehen. Dann waren die 80er die Zeit des ausgeprägten Hedonismus und der Mega-Parties, des Aufkommens immer schneller wechselnder Zeitgeist-Moden und der Enttabuisierung bislang eher randständig betrachteter sexueller Neigungen (Stichwort Neue Sinnlichkeit). Die 90er brachten, wie ich sie mal salopp nenne, die Generation Modeste: Von ideologischem Denken weit entfernte Leute (falls keine Ideologie haben nicht auch eine ist), die das Weltgeschehen mit ironischer Distanz betrachteten, für das in den vorangegangenen Generationen selbstverständliche politische Engagement weiter Teile der akademischen Jugend aber kein Verständnis aufbrachten. Die darauf folgende aktuelle Studentengeneration ist geprägt durch Harmonie: Verständnisvolle, aufgeklärte Eltern, praller Wohlstand von Anfang an, eine konfliktarme Kindheit und Jugend - und jetzt plötzlich das Fehlen einer Zukunftsperspektive, bzw. eine Zukunft, die sich mit "Generation Dauerpraktikum" bezeichnen ließe. Im Gegensatz zu den Studierenden der 60er, 70er und 80er haben sie nie für ihre Interessen zu kämpfen gelernt, und nun sind auf einmal sie härteren Zumutungen ausgesetzt als in der Nachkriegszeit je eine Generation vor ihnen. Das ist schwer, da findet sich die Antwort nicht so schnell.

Ich habe gerade im Kino "Basic Instinct 2" gesehen, möglicherweise der raffinierteste Psychothriller, den ich je genießen konnte. Sharon Stone erinnerte mich an eine Frau, mit der ich als 26jähriger (sie war 23) mal ein Kurztechtel hatte. Also, das war natürlich keine Serienkillerin, aber die gleiche Art von cooler, arrogant-raffinierter Dominanz, der gleiche Typ männermanipulierender Vamp. Um mich herum im Kino sitzen lauter Leute in dem Alter, in dem wir damals waren. Ich schaue mir beim Rausgehen die Gesichter der Frauen an. Lauter liebe, unschuldige Puppengesichter. Ich hätte echt Schwierigkeiten, mir bei einer heute 23 jährigen die Verruchtheit meiner damaligen Begegnung vorzustellen. Das gleiche erlebe ich bei meiner Vorzimmerdame oder jungen Männern im Alter von 22-25, mit denen ich zusammenarbeite: Sie erscheinen mir so, wie wir mit 17 waren. Ich erinnere mich, dass der damalige Freund meiner großen Schwester mir seinerzeit sagte, als er 17 gewesen wäre, wäre er weitaus selbstständiger gewesen als meine Generation.

Auf der anderen Seite, Sharon Stone steht wie Madonna für die andere Seite der selben Medaille: Diese Frauen sind jung und schön und dennoch Mitte bis Ende 40. Von Filmdiven abgesehen, hatten Frauen in dem Alter in den 70ern Oma-Habitus: Blauer Faltenrock, Dutt, Dufflecoat, ohne erotische Lockzeichen.

Wo soll das noch hinführen? Rente mit 80, Wahlrecht ab 30, Job als hochqualifizierte Migrationsarbeitskraft in Kasachstan, Sudan, Kosovo
oder auch in Merry Old England oder Schweden?

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