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Mittwoch, 13. September 2006
Unbegleitetem Minderjährigen droht Abschiebung
che2001, 16:18h
HAZ vom 09.09.2006
Landkreis will 16-Jährigen in die Türkei abschieben
Peine (kau). Die geplante Abschiebung eines 16-jährigen Jungen in die Türkei löst in der Region Peine Wirbel aus. Nach Angaben des niedersächsischen Flüchtlingsrates hat die Ausländerbehörde des Landkreises Peine angekündigt, den minderjährigen Masum Aydenis allein in die Türkei zu schicken. Der Vater des Jungen und zwei Brüder lebten in der Türkei, mit ihnen könne Masum Aydenis Kontakt aufnehmen. „Ihr Alter ist nunmehr kein Hindernis mehr, eine Abschiebung durchzuführen“, heißt es in einem Schreiben der Ausländerbehörde vom 7. Juli.
In den Augen des Flüchtlingsrates wäre Abschiebung des Minderjährigen rechtswidrig. „Der Aufenthaltsort des Vaters ist nicht bekannt“, sagte Sprecherin Shakila Nawazy. „Der Junge müsste sich allein zu seinem Vater durchschlagen.“ Zudem sei nicht nachgewiesen, ob der Vater den Jungen überhaupt ernähren kann. Ein solches Vorgehen verstoße gegen die Kinderrechtskonvention und die EU-Aufnahmerichtlinie. Im Innenministerium ist der Fall nicht bekannt. Generell dürften Minderjährige abgeschoben werden, wenn sich im Herkunftsland jemand um sie kümmere, sagte Sprecher Klaus Engemann.
Landkreis will 16-Jährigen in die Türkei abschieben
Peine (kau). Die geplante Abschiebung eines 16-jährigen Jungen in die Türkei löst in der Region Peine Wirbel aus. Nach Angaben des niedersächsischen Flüchtlingsrates hat die Ausländerbehörde des Landkreises Peine angekündigt, den minderjährigen Masum Aydenis allein in die Türkei zu schicken. Der Vater des Jungen und zwei Brüder lebten in der Türkei, mit ihnen könne Masum Aydenis Kontakt aufnehmen. „Ihr Alter ist nunmehr kein Hindernis mehr, eine Abschiebung durchzuführen“, heißt es in einem Schreiben der Ausländerbehörde vom 7. Juli.
In den Augen des Flüchtlingsrates wäre Abschiebung des Minderjährigen rechtswidrig. „Der Aufenthaltsort des Vaters ist nicht bekannt“, sagte Sprecherin Shakila Nawazy. „Der Junge müsste sich allein zu seinem Vater durchschlagen.“ Zudem sei nicht nachgewiesen, ob der Vater den Jungen überhaupt ernähren kann. Ein solches Vorgehen verstoße gegen die Kinderrechtskonvention und die EU-Aufnahmerichtlinie. Im Innenministerium ist der Fall nicht bekannt. Generell dürften Minderjährige abgeschoben werden, wenn sich im Herkunftsland jemand um sie kümmere, sagte Sprecher Klaus Engemann.
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Niedersächsisches Innenministerium stellt Ordnungsrecht vor Menschenrecht
che2001, 16:17h
Das Netzwerk für traumatisierte Flüchtlinge in Niedersachsen, ein
Zusammenschluss aus Ärzte- und Psychotherapeutenkammern, Menschenrechts-
und Flüchtlingsverbänden, ist in Sorge um Gazale Salame aus Hildesheim,
die in die Türkei abgeschoben wurde. Ihre Wiedereinreise wird trotz
eines positiven Gerichtsurteils vom Innenministerium verhindert.
Menschenrecht müsse vor Ordnungsrecht gehen, erklärten Vertreter des
Netzwerks am Mittwoch in Hannover. Das Netzwerk fordert die
Landesregierung auf, dem Urteil des Verwaltungsgerichts zu folgen und
für die Wiedereinreise von Gazale Salame zu sorgen. Das behördliche
Vorgehen dürfe die Not hilfsbedürftiger Flüchtlinge nicht aus
ideologischen Gründen verlängern.
Menschenrecht vor Ordnungsrecht!
Gazale Salame wurde im Februar 2005 mit ihrer anderthalbjährigen Tochter
und im 3.Monat schwanger in die Türkei abgeschoben, als ihr Mann die
beiden älteren Töchter in die Schule brachte. Seitdem lebt sie unter
schwierigen Bedingungen in einem armen Vorort von Izmir. Sie hat ihre
beiden älteren Kinder und den Mann nicht wieder gesehen, der Vater und
die Schwestern kennen den kleinen Bruder nur von Fotos, die
Unterstützerinnen bei Besuchen in Izmir gemacht haben.
Das Verwaltungsgericht Hannover hat die Ausreiseaufforderung für den
Vater im Juni aufgehoben, die zuständige Landrätin wollte das Urteil
akzeptieren und sich für eine schnelle Familienzusammenführung
einsetzen. Das Innenministerium zwingt den Landkreis jedoch Berufung
einzulegen. Bis zu einer Entscheidung können weitere Monate vergehen.
Der Zustand der jungen Mutter in Izmir ist nach Aussagen mehrerer Ärzte
besorgniserregend. Der Psychiater, Dr. Fatih F. Karaman aus Izmir, der
Frau Salame im Auftrag der türkischen Menschenrechtsstiftung untersucht
hat,attestiert ihr eine behandlungsbedürftige Depression und
Angststörung mit Suizidalität. Eine Behandlung kann nur Erfolg haben,
wenn sie wieder zu ihrer Familie kann und eine Zukunftsperspektive sieht.
Das Schicksal dieser Familie ist nur ein Beispiel dafür, dass die nach
unserer Verfassung zu beachtende Verhältnismäßigkeit bei
ordnungspolitischen Entscheidungen nicht mehr gewahrt wird. Der Schutz
der Familie hat in unserer Verfassung einen sehr hohen Rang, ebenso das
Recht der Kinder auf beide Eltern und zwar unabhängig davon, ob sie
verheiratet sind oder nicht. Welches vergleichbar schwerwiegende
öffentliche Interesse steht dem entgegen und könnte das
Auseinanderreißen einer Familie rechtfertigen?
Zusammenschluss aus Ärzte- und Psychotherapeutenkammern, Menschenrechts-
und Flüchtlingsverbänden, ist in Sorge um Gazale Salame aus Hildesheim,
die in die Türkei abgeschoben wurde. Ihre Wiedereinreise wird trotz
eines positiven Gerichtsurteils vom Innenministerium verhindert.
Menschenrecht müsse vor Ordnungsrecht gehen, erklärten Vertreter des
Netzwerks am Mittwoch in Hannover. Das Netzwerk fordert die
Landesregierung auf, dem Urteil des Verwaltungsgerichts zu folgen und
für die Wiedereinreise von Gazale Salame zu sorgen. Das behördliche
Vorgehen dürfe die Not hilfsbedürftiger Flüchtlinge nicht aus
ideologischen Gründen verlängern.
Menschenrecht vor Ordnungsrecht!
Gazale Salame wurde im Februar 2005 mit ihrer anderthalbjährigen Tochter
und im 3.Monat schwanger in die Türkei abgeschoben, als ihr Mann die
beiden älteren Töchter in die Schule brachte. Seitdem lebt sie unter
schwierigen Bedingungen in einem armen Vorort von Izmir. Sie hat ihre
beiden älteren Kinder und den Mann nicht wieder gesehen, der Vater und
die Schwestern kennen den kleinen Bruder nur von Fotos, die
Unterstützerinnen bei Besuchen in Izmir gemacht haben.
Das Verwaltungsgericht Hannover hat die Ausreiseaufforderung für den
Vater im Juni aufgehoben, die zuständige Landrätin wollte das Urteil
akzeptieren und sich für eine schnelle Familienzusammenführung
einsetzen. Das Innenministerium zwingt den Landkreis jedoch Berufung
einzulegen. Bis zu einer Entscheidung können weitere Monate vergehen.
Der Zustand der jungen Mutter in Izmir ist nach Aussagen mehrerer Ärzte
besorgniserregend. Der Psychiater, Dr. Fatih F. Karaman aus Izmir, der
Frau Salame im Auftrag der türkischen Menschenrechtsstiftung untersucht
hat,attestiert ihr eine behandlungsbedürftige Depression und
Angststörung mit Suizidalität. Eine Behandlung kann nur Erfolg haben,
wenn sie wieder zu ihrer Familie kann und eine Zukunftsperspektive sieht.
Das Schicksal dieser Familie ist nur ein Beispiel dafür, dass die nach
unserer Verfassung zu beachtende Verhältnismäßigkeit bei
ordnungspolitischen Entscheidungen nicht mehr gewahrt wird. Der Schutz
der Familie hat in unserer Verfassung einen sehr hohen Rang, ebenso das
Recht der Kinder auf beide Eltern und zwar unabhängig davon, ob sie
verheiratet sind oder nicht. Welches vergleichbar schwerwiegende
öffentliche Interesse steht dem entgegen und könnte das
Auseinanderreißen einer Familie rechtfertigen?
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