Freitag, 24. August 2012
Dortmund: Stadt verbietet Antifacamp
www.ruhrbarone.de

Sicherheitsbedenken und die Angst vor den Nazis sind die Gründe, warum
die Stadt Dortmund soeben bekannt gab, das ab Morgen geplante Antifacamp
überraschend nicht zu genehmigen.

Von Stefan Laurin, Ruhrbarone

Rund um den Tremoniapark, in dem ab Morgen das Antifacamp stattfinden
sollte, werden bereits Zäune aufgebaut. Die Stadt Dortmund hat heute in
einer Pressemitteilung bekannt gegeben, dass sie das Camp nicht zulassen
wird. Polizei, Feuerwehr und Ordnungsamt hätten gravierende
Sicherheitsbedenken angemeldet.

Dortmund OB Ullrich Sierau sagte dazu: „Die Berichte aller drei Behörden
lassen mir im Interesse des städtischen Friedens keine andere Wahl. das
Camp wird nicht genehmigt.“

Nach der Erklärung der Stadt hätte die Polizei die Anreise von 300
“gewaltbereiten Autonomen” prophezeit. Zudem hätten die Nazis für Morgen
eine Demo gegen das Camp angekündigt.

Verboten: Das Antifa-Camp in Dortmund

Auch bezweifele die Stadt das die Veranstalter die Strom-,
Wasserversorgung, Abwasserbeseitigung und die Auflagen zur Lärmimmission
umsetzen können.

Die Absage der Stadt kam überraschend. Seit vergangener Woche wurden
Gespräche geführt die von Seiten der Camp-Initiatoren als offen und
konstruktiv eingeschätzt wurden. Auch ein gestern kurzfristig
angesetztes Gespräch mit der Stadt war gut verlaufen.

Die Initiatoren des Camps haben mittlerweile mit einer eigenen Erklärung
auf das Verbot reagiert:

Die Entscheidung von Oberbürgermeister Sierau ist eine politische
Bankrotterklärung“, so Tobias Schmidt, Pressesprecher des Antifacamps.
„Besonders die Tatsache, dass eine von Neonazis angemeldete
Demonstration gegen das Camp ein Ablehnungsgrund gewesen ist, macht uns
fassungslos. Man muss sich das auf der Zunge zergehen lassen: weil eine
seit heute verbotene Organisation von gewaltbereiten Neonazis gegen
unser Camp demonstrieren will, wird uns eine Genehmigung verweigert.

In den Verhandlungen ist laut Schmidt von solchen Problemen keine
Rede gewesen. „Hauptsächlich wurden uns Fragen zur Anzahl der
Toilettenhäuschen, dem Wasseranschluss und Rettungswegen gestellt“, so
Schmidt. „Wir sind davon ausgegangen und in dem Glauben gelassen worden,
dass generelle Bedenken gegen das Camp ausgeräumt seien. Mit der
jetzigen Absage sind die Gespräche, die in den letzten Tagen und Monaten
mit der Stadt geführt worden sind, völlig entwertet. Besonders die
Koordinierungsstelle der Stadt hat sich als nutzlos erwiesen.“

Besonders empört sind die Antifaschisten über das Verhalten der
Polizei. „In mehreren Gesprächen haben Beamte der Polizei Dortmund, zum
Beispiel Herr Lukat, der Leiter des ständigen Stab, uns versichert, man
wolle dem Camp keine Steine in den Weg legen. Jetzt, am Tag vor dem
Aufbau des Camps, legt die Polizei plötzlich ein Horroszenario vor, um
die Stadt dazu zu bewegen, uns die Genehmigung zu verweigern. Das sich
die Stadt von der Polizei ihre Politik derart diktieren lässt, ist ein
einmaliger Vorgang und lässt die Frage zu, wie es um die Gewaltenteilung
in Dortmund bestellt ist.“

Die Organisatioren beraten zur Stunde über ihr weiteres Vorgehen.
„Wir haben permanent das Gespräch mit den verantwortlichen Behörden
gesucht, gebracht hat das offenbar nichts. Diese Absage einfach
hinzunehmen ist für uns keine Option,“ schließt Schmidt.

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Wahnsinn und Verstand VII
So langsam kommen wir dem Eingemachten näher, und der Plot entwickelt sich, wenn auch noch (oder gerade!) mäandernd-wabernd.


Wilde Tage in Hamburg

St. Georg, Samstag nachmittag, strahlender Sonnenschein. Zwei Leute, eine Frau und ein Mann, zu Fuß unterwegs, engumschlungen. Sie hat lange dunkelbraune Haare, ist etwa Mitte zwanzig, schlank, mittelgroß und trägt eine schwere schwarze Motorradlederjacke, schwarze Radlerhose, darunter knallbunte Leggings und auf Hochglanz polierte Springerstiefel. Er ist ungefähr dreißig, dunkelblond, stämmig gebaut und eher unauffällig gekleidet: Trachtenjankerl, normale Jeans, Turnschuhe. Erst bei näherem Hinsehen fällt ein interessanter Kontrapunkt auf. Am Revers des Jankerls trägt er nämlich das, was auf den ersten Blick am wenigsten dazu zu passen scheint, einen roten Stern.
Ein frischverliebtes Paar. Britt und Henning.
"Franco kann dir wirklich guten Stoff besorgen." erklärt Britt gerade. "Nicht nur Dope, auch Peyotl, Capis , Rauchopium und die spezielleren Sachen." "Was sind die spezielleren?" erkundigt sich Henning. "Das, weswegen wir jetzt zu ihm gehen. Selbst hergestellte Mixes. Er mischt zum Beispiel Codein mit Ephedrin und Powder . Gibt ein
sanftes Wolke-Sieben-Gefühl, ohne daß du müde wirst. Was ich von ihm will, ist aber was anderes." "Und was?" Sie grinst breit und gibt ihm einen Kuß. "Was Spezielles für uns!" lacht sie. "Ischtar!" "Ischtar?" "Das einzige tatsächlich wirksame Aphrodisiakum!"
Henning reagiert etwas iritiert. "Brauchen wir so etwas denn?" fragt er skeptisch. "Eigentlich reichen wir uns doch selber. Die letzten Nächte waren toll..." Seine Worte verhallen in Britts unbändigem Gelächter. "Oh, seid ihr alle brav! Du, Alfie, Heike, allemittenand. Ich rede von keinem blöden Potenzsteigerungsmittel. Ischtar verändert das Körperempfinden. Du nimmst alles intensiver war, ohne daß es anstrengt. Ähnlich wie Koks, aber nicht so speedy. Und ohne die Nebenwirkungen. Komm, wir sind da!"
Sie betreten ein leerstehendes Werkstattgebäude. Im ersten Stock hat Franco sein Loft. Eine ausgebaute Lagerraumetage, sehr schrill eingerichtet. Autoschrott, zu bizarren Arrangements zusammengeschweißt, Lichterketten, Christbaumschmuck, ein Zebrafell, ein riesiges Terrarium mit einer Königspython.
Franco, ein schnurrbärtiger, kleingewachsener Südeuropäer, hat sie schon erwartet. "Was machst du, Britt?" ist seine Begrüßung. "Alles klar?" "Alles klar soweit." gibt sie zurück. "Und selber?" "Dies und das ist passiert, aber letztendlich ist Franco immer obenauf." antwortet er verschmitzt. "Ihr wollt Ischtar?" "Wir wollen Ischtar!" bekräftigt sie. Franco grinst richtig schimmlig. Er mustert Henning von oben bis unten. "Na dann viel Spaß!". Henning
beschließt, ihn für unsympathisch und einen Sexisten zu halten. So richtig locker ist er nicht. Britt und Franco umso mehr. "Franco, alter Schleimbeutel, gib dem jungen Mann mal eine Einführung. Er hat noch nie etwas von Ischtar gehört." Franco setzt sich genüßlich in einem Korbstuhl zurück und fordert die beiden mit einer kurzen Handbewegung auf, Platz zu nehmen.
"Ischtar ist eine Kreation meines Freundes Nico." beginnt er. "Der genialste Kopf der Mixerszene, zumindest früher einmal." "Mixerszene?" will Henning wissen. "Was ist das?" "Die Leute, die aus verschiedenen Substanzen neue Drogen zusammenmischen." erläutert Franco. "Keine Designer-Drugs, nicht so ein billiges Zeug. Wirklich geile Sachen, die extrem törnen, ohne abhängig zu machen. Und nicht kommerziell, sondern, um selber gut drauf zu kommen und Abenteuer im Kopf zu erleben." "Nicht kommerziell ist gut!" höhnt Britt. "Wenn es den Kommerz nicht gäbe, hättest du ihn doch erfunden!" "Aber sicher, baby! To your pleasure!" gibt Franco cool zurück. "Franco di Rafaeli, Import-Export. Drogen, Waffen, Nachrichten. Kein H, kein Koks, nichts an Faschos, keine Geschäfte mit Luden, wenns nicht sein muß. Und keine dummen Fragen." setzt er gedehnt hinzu.
"Was war denn nun mit Nico?" fragt Henning nach. "Geduld, Junge!" Franco zündet sich einen Stick an und setzt sich in Positur. Offenbar braucht er ein gewisses Maß an Selbstinszenierung.
"Nico hat die eiserne Regel aller Mixer verletzt und ist dafür bestraft worden. Diese Regel lautet: Hände weg von harten Drogen! Er ist auf Doom." "Doom?" "Seine schlechteste Erfindung. Scharf gemachtes LSD. So wie Crack Kokain ist, das mit Backpulver verschnitten härter reinhaut als normales Koks oder Ecstasy verbessertes Amphetamin mit viel stärkerer Wirkung, ist Doom LSD mit ein paar Zusatzstoffen. Der Trip dauert ein paar Tage, Flashbacks dauern Stunden und können monatelang auftreten. Nico ist der einzige Konsument seiner Droge. Wir haben dafür gesorgt, daß er das Kram nicht in Umlauf bringt. Aber er selbst trippt ständig darauf und ist fast schon schizo. Na, was heißt schizo. Also, er lebt in einer anderen Welt." Franco wirkt echt traurig, als er das sagt. Nach einer kurzen Pause hellt sich sein Gesicht auf. "Kommen wir zu was Angenehmeren!" meint er. "Also zu Ischtar. Ischtar ist eine Mischung aus Adenosintriphosphat, das ist eine Substanz aus dem menschlichen Nervenstoffwechsel, Etilefrin, das den Blutdruck steigert, chemisch verändertem Vitamin E und extrem konzentrierten Elektrolyten. Sowas wie Isostar, aber in etwa dreißigfacher Konzentration. Sehr schwer herzustellen, deshalb verrate ich euch auch das Rezept. Wer kein erstklassiges Labor und außergewöhnliche Beschaffungswege hat, kriegt es nicht hin." Sprichts und greift in eine Schublade des neben ihm stehenden runden Cocktailtisches, holt eine Dose heraus und reicht sie Britt. "Zu ihren Diensten, Duenna. Sind zehn Gramm, macht dreihundert Mark." Henning bleibt fast der Atem stocken, als Britt locker fünfhundert Mark hinblättert und meint: "Behalt den Rest. Vielleicht mußt du mir noch einmal einen Gefallen tun. Unter Kriminellen!" "Unter Kriminellen!" bekräftigt Franco und steckt das Moos ein.

"Woher hast du denn so viel Geld her?" fragt Henning seine Herzallerliebste auf dem Heimweg. "Du mußt nicht alles wissen." grinst sie. "Später kommt vielleicht die Zeit. Vorerst nur so viel: Ich habe mehr mit Ganoven als mit Autonomen zu tun."

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