Dienstag, 4. September 2012
déjà vu!
Heinz Rudolf Kunze sang mal "Ich habe Hitler gesehn
er schrie Shalom und spielte Holocaust im Libanon
ich habe Stalin gesehn
er haßt Gewalt und leitet eine Nervenheilanstalt

Die kommen immer wieder
die sind alle noch da
die kommen alle immer schlimmer wieder
die sind ganz ganz nah

Ich habe Jesus gesehn
mit Brandgesicht als Napalmsäugling ohne Augenlicht
ich habe Marx gesehn
er mag den Papst und der mag ihn (er gibt ihm Heroin)

Die kommen immer wieder
die sind alle noch da
die kommen alle immer schlimmer wieder
die sind ganz ganz nah

Ich habe Shakespeare gesehn
er führt Regie als Hamlet sehn sie Reza Pahlevi
ich habe Einstein gesehn
er singt The Show Must Go On und wohnt im Pentagon

Die kommen immer wieder
die sind alle noch da
die kommen alle immer schlimmer wieder
die sind ganz ganz nah"

Die Platte hieß "Alles Gelungene ist eine Form von Gewalt".


An diesen Song musste ich in den letzten Monaten oft denken. Denn so ähnlich geht es mir mit dem No-Border-Camp, dem Gendercamp , manchem bei der Mädchenmannschaft oder im Umfeld usw. Ich habe das Gefühl, dass da Themen, Debatten und Irrtümer der undogmatischen Linken aus den 1980ern und 1990ern sozusagen neuinszeniert oder auch recycelt werden, scheinbar mit dem festen Willen, die dümmsten Fehler, die der Linken unterlaufen sind (nehme mich selbst da ausdrücklich nicht aus) unbedingt zu wiederholen.

Und ich denke zurück an die Leute, die ich damals kennengelernt hatte, neben den vielen Vernünftigen halt auch die sehr Schrägen, und was später so geworden ist aus den großen KämpferInnen.


Da war zum Bleistift der "Edelproletarier". Der Edelproletarier machte für eine Antifagruppe eine Ausstellung zum Thema faschistischer Ordenskult und proletarische Gegenkultur. Die sah so aus, dass in einer Vitrine Nazi- und Wehrmachtsorden, preußische Orden, NS-Parteiabzeichen usw. ausgestellt wurden und in einer anderen Sowjet- und DDR-Orden, KPD-Abzeichen etc., und das war dann die "proletarische Gegenkultur". Als mein Freund Clausi spöttisch meinte, das wäre doch eigentlich genau das Gleiche entgegnete der Edelproletarier, Clausi sei wohl kein Arbeiterkind. Daraufhin antwortete er, zumindest verdiene er sich seinen Lebensunterhalt mit eigener Hände Arbeit und fragte den Edelproletarier, aus was für einer Familie er denn stamme. Kleinlaut erwiderte dieser, sein Vater sei Philosophieprofessor und seine Mutter Direktorin eines Gymnasiums.

Später bekam er Hausverbot in einem linken Zentrum, weil er eine Frau sexuell belästigt hatte. Noch später vernahm ich, dass er für einen Luft- und Raumfahrtkonzern Tarnkappenbomber entwickle.

Dann gab es eine Frau, die in unseren Zusammenhängen "Danger-Woman" genannt wurde. Das war eine Jura-Studentin, die über eine AG zum §218 in die Frauen-Lesben-Szene kam. Anfangs trat die auf wie eine typische Juristin, distinguiert und rhetorisch sehr professionell, dezent schick, kein Szene-Outfit. Während sie äußerlich zum Stachelpunk mutierte wurde sie inhaltlich immer radikaler, betrieb um 1990 schon so etwas wie "Auschlussfeminismus" und sorgte für die soziale Ächtung verschiedener Personen. Teilweise erwischte es nicht die Falschen, es waren üble Frauenbelästiger dabei, aber eben auch Männer, die lediglich verdächtigt wurden, Pornos geschaut zu haben, was einer näheren Überprüfung nicht standhielt, und Feministinnen, die ihre radikale Linie nicht mitmachten. Am Ende war sie selbst in der Frauen-Lesben-Szene komplett isoliert. Irgendwann warf sie ihre Marx- Engels- Luxemburg- Adorno- de Beauvoir- und Foucault-Bände auf den Müll (andere sammelten sie glücklicherweise ein) und zog nach Gomera, wo sie eine reichistische Therapie machte, und lebt heute als Bottom in einer BDSM-Beziehung mit ihrem damaligen Therapeuten.


Dann der Fighter, der Wetten darauf abschloss, wieviele Bullen er mit seiner Zwille erwische und heute Regionaldirektor bei einer Versicherung ist.

In einer Diskussionsrunde erzählten zwei Frauen, dass das Patriarchat der schwerste Widerspruch und das schlimmste Unterdrückungsverhältnis in dieser Gesellschaft sei, während mensch von einem Klassenwiderspruch eigentlich heute nicht mehr sprechen könne. Der Coach und ich hielten dem entgegen, dass wir sehr wohl immer noch in einer Klassengesellschaft leben würden und dass sie Rassismus wohl gar nicht auf dem Schirm hätten. Schon die Tatsache, dass alle Ausländerbeauftragten Deutsche seien wäre so, wie wenn Männer Frauenbeauftragte seien. Darauf kam dann, das könne mensch nicht vergleichen, das sei eine Frage des Staatsbürgerrechts. Beide machten auf dem Feminismus-Ticket Karriere, während antirassistische Radikalfeministinnen, die ich damals kannte in der Sozialhilfe landeten. Das sind so die Dinge, die mich umtreiben, wenn ich aktuelle entgleisende Debatten lese.

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Ankündigung und Einladung
Hiermit möchte das Vietnam-Zentrum-Hannover e.V. Euch herzlich einladen:

Vietnam-Workshop in Hannover,



am 9. September 2012 - Geschichte(n) in Vielfalt



Ort: Kulturzentrum Faust, Warenannahme



Zur Bettfedernfabrik 3



30451 Hannover



Wann: 12.00 Uhr



Viele Grüße vom



Vietnam-Zentrum-Hannover e.V.



Chau Lam

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