Mittwoch, 8. Februar 2006
Jyllands Komposten
Zu den Hintergründen der Mohammed-Karrikaturen schreibt Herr Fischer von der SZ:

Publizistischer Begleitschutz
„Jyllands-Posten" hilft der rechten dänischen Regierung

Von Gerhard Fischer
Skandinavien-Korrespondent der Süddeutschen Zeitung 7.2.2006

München- Im dänischen Wahlkampf im Herbst 2001 griff die Zeitung Jyllands-Posten plötzlich die ausländischen Kollegen an. Er verurteile, was in deutschen oder französischen Zeitungen stehe, schrieb der Kommentator des konservativen Blattes. Die von den Korrespondenten beschriebene Ausländerhetze gebe es im dänischen Wahlkampf nicht, sondern nur eine normale, offene, sehr demokratische Debatte. Die Vorwürfe an die Kollegen gipfelten in dem Satz: „Kümmert euch lieber um die Ausländerghettos, die es in euren Heimatländern gibt!"
Jyllands-Posten - jenes Blatt, das den Karikaturen-Streit ausgelöst hat - ist eine Zeitung mit einem fast missionarischen Anspruch: Sie hat mit Erfolg daran gearbeitet, die geistige und politische Führerschaft der Linksliberalen in der dänischen Gesellschaft zu brechen. Dänemark ist - ausgehend von der 68er-Bewegung - jahrzehntelang ein tolerantes, progressives Land gewesen. Die gleichgeschlechtliche Partnerschaft wurde staatlich geregelt, Hippies lebten ungestört in dem alternativen Wohnprojekt Christiania mitten in Kopenhagen.
Jyllands-Posten erscheint fern von Kopenhagen, in Aarhus auf Jütland. Die Gegend ist agrarisch geprägt, die Bevölkerung naturgemäß konservativer als in der Hauptstadt. Schon lange kritisierte die Zeitung das ihrer Ansicht nach elitäre, linke, ein bisschen verlotterte Kopenhagen. Mitte der neunziger Jahre machte sich dann eine rechtsgerichtete, ausländerfeindliche Partei auf den Weg: die dänische Volkspartei unter der schrillen Populistin Pia Kjaersgaard. Es wäre eine unzulässige Vereinfachung, Jyllands-Posten und die rechten Politiker gleichzusetzen; aber Mitstreiter im weiteren Sinne sind sie allemal, und nunmehr galt eine weitere Gruppe als lohnenswerte Zielscheibe: Die Muslime im Land. Jyllands-Posten hetzte nicht so schamlos wie Kjaersgaard, aber das Blatt begriff Ausländer nie als Bereicherung, sondern stets als Belastung.
Dann kam der Wahlkampf 2001. Der rechtsliberale Anders Fogh Rasmussen forderte den sozialdemokratischen Regierungschef Poul Nyrup Rasmussen heraus. Beide polemisierten gegen die Ausländer im Land, Fogh Rasmussens Partei Venstre klebte ein Wahlplakat, auf dem kriminelle Muslime zu sehen waren, und darunter stand: „Zeit für Veränderung". Das Plakat suggerierte, dass alle Muslime gewalttätig sind, und dass man sie gerne loswerden würde. Anders Fogh Rasmussen wurde Premier, ließ sich von Kjaersgaards Partei tolerieren, und zusammen versetzten sie die ideologischen Eckpfeiler in der dänischen Gesellschaft: Die Ausländergesetze wurden extrem verschärft, die Entwicklungshilfe und die Ausgaben für die Umwelt gekürzt. Jyllands-Posten gab den publizistischen Begleitschutz auf diesem Weg in eine rechts-konservative Gesellschaft.
Am 30. September 2005 veröffentlichte das Blatt die Mohammed-Karikaturen und erntet nun Reaktionen, die alle Grenzen sprengen. Das dänische Berlingske Nyhedsmagasin schrieb, dass Jyllands-Posten mit seinem jahrelangen Kurs auf eine Eskalation zugesteuert sei. Die liberale Zeitung Politiken sieht das wohl genauso: Auf ihrer Satire-Seite nennt sie Jyllands-Posten seit langem Jyllands-Faschisten oder - weil das Blatt vom Land kommt - Jyllands-Komposten.

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Jyllands Komposten
auf Grund der ruralen Herkunft des Blattes finde ich äuß0erst charmant. Ich kann den Odeur des Dungs, der von der Chefredaktion ausströmt, förmlich riechen.

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Kann hier einer Dänisch lesen.

Ich nicht.

Ich mag den Stil des Artikels der SZ, er folgt den grundsätzlich gültigen Mustern einer guten Kampagne: rücke etwas in die Nähe von etwas anrüchigem ohne dies genauer zu begründen, springe von einer Meinung zur anderen wenn man Dich widerlegen kann, halte Dich nicht mit Fakten, sondern Stimmungen auf, und es bleibt immer etwas haften.

Lasst doch bitte das, was ihr aus der einen Ecke klar erkennt, sich nicht aus der anderen Ecke blind gegen Euch wenden.

Der Kakao, durch den man uns zieht, müssen wir nicht noch trinken.

Ansonsten bitte an einen dänisch sprechenden Mitblogger: Beweise, das Jylands Dingsda stets rechtsnational und rassistisch ausgerichtet ist.

Kann kaum glauben, das das Land das uns noch bis gestern von der Ex-Regierung als vollintegriertes Musterländle vorgespiegelt wurde, heute eine einzige braune Brühe sein sollte.

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Hier ist nicht pauschal von einem Land die Rede, sondern von der politischen Ausrichtung einer einzigen Zeitung und von einer Verschlechterung des ausländerpolitischen Klimas in der allerletzten Zeit.

vgl. hierzu: http://de.wikipedia.org/wiki/Jyllands-Posten


http://www.ksta.de/html/artikel/1138712317018.shtml


http://www.tagesspiegel.de/meinung/index.asp?ran=on&url=http://archiv.tagesspiegel.de/archiv/03.02.2006/2328488.asp#art

http://www.tagesspiegel.de/politik/index.asp?ran=on&url=http://archiv.tagesspiegel.de/archiv/03.02.2006/2329311.asp#art

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Nicht von einem Land ist die Rede, das stimmt.

Mein Punkt war, wie gut der SZ Autor mit Schlamm schmeisst, bis was kleben bleibt. nehmen wir zur Illustration den Wiki-Link.

Also:

Erstens

unterschlägt uns der SZ-Autor, das die Jylands Dingsda im selben Haus erscheint, das die "liberale Zeitung Politiken" heraus gibt, welches die Jylands Dingsbums angeblich als "Jylands Faschisten" bezeichnet. Der Autor erzeugt also den Eindruck, es gäbe einen bitteren Streit zwischen einem rechtsnationalen und einem liberalen Blatt, als würden nicht beide aus demselben Stall kommen, der nur unterschiedliche Zielgruppen bedient.

Na ganz toll, überhaupt nicht tendenziös...

Zweitens

Jylands Dingsda erscheint auf dem Lande, irgendwo auf einer abgelegenen Insel - was lernen wir daraus: provinziell, Mief, braun, verstockt-konservativ. Freund Nixxon wird davon sofort angesprochen und wittert den Mief des Kompost - was er auch sollte.

Nur scheint diese Zeitung aus der Provinz ein Gegengewicht zur Zentralmacht- und Medien zu bilden. Ist sie vielleicht das kleine gallische Provinzdorf ? Fragen über Fragen.

Schmeisse mit Schmutz, es bleibt immer was kleben.


Drittens

Jylands Dingsda ist "eine Zeitung mit fast missionarischem Eifer". Was sich anhört als sei es die Hauspostille der dänischen fundamentalistrischen Christen (Ihhhhh!) und Snake-Handler. Das mit dem "missionarischen Eifer" könnte man auch über die TAZ sagen wenn man wollte. Und ?

Summa: der Autor baut ein druch nichts belegtes Zerrbild auf, in dem er Kernfakten verschweigt und ein Phantom frei erfindet. Immer schön ohne Beleg, ohne Beweis, mit viel Schmutz.

So sieht Pressearbeit heute aus. Danke, Herr Fischer von der SZ.

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Also: Der SPIEGEL wird auch von Springer gedruckt und unterscheidet sich dennoch von der Bild. Die übrigen Quellen, die ich eingefügt habe, runden das Bild eher in Richtung der SZ-Darstellung ab. Jütland ist erstens keine Insel, sonder der einzige Teil Dänemarks, der zum Festland gehört, und zweitens in der Tat der mit Abstand konservativste Teil des sonst recht weltoffenen Landes und die einzige Gegend, wo außer der deutschen Minderheit praktisch keine Ausländer leben, quasi das Niederbayern Dänemarks. Die betont rassistische Ausländerpolitik Dänemarks der letzten Jahre ist keine Erfindung linker Medien, sondern eine durchaus nachprüfbare Tatsache. Jyllands Posten ist in Dänemark etwa mit dem Spektrum FAZ-Welt vergleichbar, allerdings dabei, wenn auch mit gewählterem Vokabular, so polemisch wie Bild, speziell in ausländer- und asylpolitischr Hinsicht aber ungefähr so, wie die Springer-Presse in den 70ern gegen links hetzte. Berlingske Tidene ist etwa mit dem Tagesspiegel oder der Zeit, Politiken eher der FR oder SZ vergleichbar. Sie erscheint im gleichen Verlaghaus wie Jyllands Posten, beide sind aber redaktionell unabhängig. Ob man dies als Pressefreiheit bei gleichzeitiger ökonomischer Konzentration oder Spartenausrichtung begreift, überlasse ich dem Urteil des Lesers, je nachdem, wie dessen Welt- und Medienbild aussieht. Die Holtzbrinck-Gruppe, die z.B. über das Handelsblatt Kapitalinteressen nicht gerade fern steht, ist auch durchaus liberal und verlagsintern toleranter ausgerichtet als einerseits Springer und andererseits eine mogadischoliberale Wochenzeitung.

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Freiheitlich denkende Missionare
ist eine Zeitung mit einem fast missionarischen Anspruch
Vielleicht lässt sich Carsten Juste, (Noch-) Chefredakteur von "Jyllands Komposten" ja von Peter Kurrild-Klitgaard beraten? Der ist Professor für Political Science & Public Management an der Uni Odense und einer der Direktoren der Mont Pèlerin Society, der führenden Einseitig-Denk- und Beeinfluss-Fabrik des Neoliberalismus. ;-)

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Spannende Spur, danke!

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Ich bin sicherlich
alles andere als Dein "Freund", lebemann. Also spar' Dir Deine unerwünschten Annäherungsversuche, ja?!?

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Jungs, bitte etwas mehr Gelassenheit! Es sollte nicht sein, dass sich Leute untereinander anfeinden, die mehr verbindet als trennt.

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Neues vom Landfunk
Komposten's doppelte Moral ...

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HUAARRRHARRRHARRRHAAAARH!!!!!!!!!!

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Na endlich ein paar Fakten.

Haben wir noch mehr schlüssiges und vor allen Dingen sich wie ein roter Faden durchziehendes ? Auch ich habe mal im Jahr 2003 einen Fehler gemacht.

Der Spiegel schrieb vor Jahren über die Irakische Aufrüstung mit chemischen, atormaren und anderen Superwaffen wie der "Superkanone" dieses später in Belgien ermordeten Ballistikers. Man nannte Beweise, man zeigte Belege über Lieferungen auch deutscher Firmen. Unwahr ? Halbwahr ? Halbgar ? Aber keine Dauerserie bis heute. Sind sie am Speersort daher Kriegstreiber von der Familie Bush's Ganden ?

Bitte noch mehr, vor allen Dingen, liest hier einer von uns Dänisch ?

Bis dahin halte ich es mit Taxi-Jupp: "I am not convinced"


Nachtrag:

Wer sich verteidigt, klagt sich an:

http: //www.spiegel.de/politik/ausland/0,1518,399857,00.html

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Der einzige Däne, den ich kenne, liest Berlinske Tidene und sonst nichts und ist momentan auch nicht erreichbar. Du hast damit ja recht, dass wir alle Nachrichten aus zweiter Hand haben, solange wir nicht Dänisch verstehen (btw., dann müssen wir uns fragen: Bringt Al Ahram antisemitisch-verschwörungstheoretische Beiträge? Wer liest arabisch?); Fehler wie die genannten können passieren. Ich habe auch schon Rechercheergebnisse veröffentlicht, die dann von der Realität eingeholt wurden. Vor Irrtümern ist niemand gefeit. Dennoch scheinen mir die bisher vorliegenden Informationen über Jyllands Posten doch eine deutlich erkennbare Grundtendenz nahezulegen. Kritik an scheinbaren rassistischen Tendenzen dieser Zeitung regt sich übrigens auch bei denen, die professionell mit solchen Themen zu tun haben, nämlich bei den Asyl- und Flüchtlingsinitiativen.

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