Dienstag, 14. Februar 2006
Wider Geschichtsrevisionismus
Während Geschichtsschreibung lange Zeit vor allem die Geschichte der Sieger war, verfasst aus ihrer eigenen Sicht (von Cäsars De Bello Gallico bis Heinrich von Treitschke), bedeutet die Verwissenschaftlichung der Geschichtsschreibung seit dem Historismus, dem Positivismus, aber auch dem Historischen Materialismus (nicht der sozialistischen und kommunistischen Parteien, sondern der diesem Ansatz verpflichteten seriösen Historiker) den Versuch, einer objektiven, zumindest: nicht von der Apologie der Staatsmacht her geleiteten Sichtweise der historischen Prozesse nahezukommen. Je mehr von einer gewissenhaften und seriösen Geschichtswissenschaft gesprochen werden kann (historische Objektivität kann es angesichts der Subjekitivität der Menschennaturen und subjektiver Interessenlagen gar nicht geben, aber es gibt sehr wohl eine distanzierte, quellenkritische und an einem Erkenntnisinteresse orientierte Geschichtsforschung und - Schreibung), desto eher formiert sich der Versuch, historische Prozesse im Nachhinein tendenziös umzudeuten, am Rande und zunehmend außerhalb der Geschichtswissenschaft. Schon nach dem Ersten Weltkrieg zeigte sich dies anhand der Ostforschung. Rechtsnationale deutsche Historiker, Sprachwissenschaftler und Volkskundler versuchten, nach dem Verlust deutscher "Ostgebiete" wie Teilen Polens oder Südmasuren nachzuweisen, dass diese aufgrund jahrhundertealter deutscher Besiedlung "deutscher Kulturboden" oder ihre nichtdeutschsprachige, aber kulturell deutsch beeinflusste Bevölkerung "volksdeutsch" sei, um territoriale Ansprüche auf diese Gebiete historisch begründen zu können. Historiker wie Hermann Aubin oder Gerhard Ritter schufen so einerseits durch die Verbindung von Geschichtsforschung mit Volkskunde, Sprachwissenschaft und Archäologie die Grundlagen der modernen Sozialgeschichte im Sinne der Historischen Sozialwissenschaft (genauer gesagt, einen Zweig davon, der andere Zweig kam aus der angloamerikanischen Entwicklungssoziologie), andererseits ein Rechtfertigungsprogramm für die Eroberungszüge der Nazis und die Datenbasis des verbrecherischen "Generalplans Ost". Nach dem Zweiten Weltkrieg sollte sich diese Tradition nicht ungebrochen fortsetzen, wohl aber der sich von der Geschichtswissenschaft mehr und mehr entfernende Geschichtsrevisionismus.


Einer von dessen extremsten Formen ist die Auschwitz-Leugnung, die nicht etwa nur von kahlköpfigen Stiefelnazis vorgenommen wurde, sondern, als prominentestem Vertreter, auch von dem britischen Rechtsaußen-Historiker David Irving.

Generell gibt es zum Thema Faschismus/Nationalsozialismus in der Historiographie diverse, höchst unterschiedliche Forschungsansätze. Der Kürze halber sollen hier erwähnt werden:

1) Faschismus/Nationalsozialismus als Totalitarismus
Angesichts des Hitler-Stalin-Paktes und des Vorgehens der Komintern-Brigaden gegen die anarchistische CNT und die trotzkistisch-rätekommunistische POUM im Spanischen Bürgerkrieg erschien der Vergleich zwischen Stalinismus und Nationalsozialismus hinsichtlich der Machtstrukturen naheliegend. Dies war ursprünglich eine moralische Gleichsetzung, die sozioökonomische Faktoren ausblendete. Im Kalten Krieg wurde daraus dann ein Ansatz, der Sozialismus und Faschismus generell gleichsetzte, bis hin zur Instrumentalisierung zur prowestlichen Propaganda, die HannahAhrendt, der wesentlichsten Begrpnderin des Totalitarismus-Ansatzes, sehr fern gelegen hatte. Nach 1989 erlebte dieser Mißbrauch der Totalitarismus-Theorie eine Renaissance in Form übler Machwerke, wie dem Schwarzbuch des Kommunismus.


2) Nationalsozialismus als einzigartiges Phänomen

Vwerschiedene Ansätze, z.B. NS als Spezialfall des Faschismus, nämlich als durch die Gesellschaftsstrukturen des Kaiserreichs bestimmter deutscher Sonderweg (Jürgen Kocka)

Deutscher Sonderweg reicht von Luther über Bismarck geradewegs bis hin zu Hitler
(O.Butler, Mc Govern, Shirer, in einer sehr speziellen Variante auch Goldhagen)

NS unterscheidet sich von anderen Faschismen oder Totalitarismen durch die besondere Rolle Hitlers (Bracher, illgruber, Hildebrand, Haffner, Fest)


3) Nationalsozialismus als Faschismus

a) Faschismus ist die unmittelbar terroristische Herrschaft der am meisten chauvinistischen, am meisten imperialistischen Kräfte des Finanzkapitals
(Dimitroff).

b) Faschismus als Bonapartismus: Ein Machtvakuum zwischen Kapital und Arbeiterklasse führt zur Machtergreifung einer im Kern kleinbürgerlichen, Elemente der Arbeiterbewegung wie der bürgerlichen Eliten aufgreifenden militant-chauvinistischen M;assenbewegung (Bauer, Thalheimer)


c) Faschismus als Post-Bonapartismus: Faschismus ist Klassenkampf von oben, in einer Art sozialem Bürgerkrieg wird die Arbeiterbewegung zerschlagen. Der Faschismus ist die Art der Terrorherrschaft, durch welche die Bourgeoisie nach Auftreten der ersten sozialistischen Revolutionen ihre Macht absichert, sowie der terreur der Jakobiner die Terrorherrschaft zur Verhinderung sozialistischer KOnsequenzen der Französischen Revolution war.
(Trotzky)

d) Faschismus als bürgerlicher Ausnahmestaat

Nachdem die kulturelle Hegemonie des Bürgertums zerstört wurde, aber das Proletariat nicht zur Macht gelangen konnte folgt auf den liberalen Kapitalismus mit weltmarktabhängiger Geldwirtschaft eine auf nationaler Abschottung basierende Verbindung aus Industriekapitalismus und ursprünglicher Akkumulation durch Zwangsarbeiterwirtschaft und Raubkriege - Primat der Politik zur Rettung der kapitalistischen Ökonmie (Poulantzas, Mason).

e) Faschismus als fehlgeschlagene Modernisierung
(Parson).

f) Faschismus als an die 20er, 30er und 40er Jahre gebundene Revolte gegen Tradition und Moderne zugleich (Nolte).

g) Faschismus als durch Umstrukturierungsprobleme feudaler Agrargesellschaften bedingte Abweichung vom "normalen" kapitalistischen Modell, das sonst eine liberaler Verfassungsstaat ist.
(Mommsen, Jäckel, Hildebrand, Organski, Moore)

h) Faschismus als Extremismus der Mitte
Mittelschichten reagieren in der Furcht, zwischen Proletariat und Bourgeoisie zerrieben zu werden mit Unterstützung der extremen Rechten
(Lipset).

Allen Faschismustheorien innerhalb der etablierten Geschichtswissenschaft ist gemein, dass sie den Faschismus als ein historisch einzigartiges, nicht relativierbares Verbrechen ansehen. Dies ist das Hauptunterscheidungsmerkmal zum Geschichtsrevisionismus.

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"Allen Faschismustheorien innerhalb der etablierten Geschichtswissenschaft ist gemein, dass sie den Faschismus als ein historisch einzigartiges, nicht relativierbares Verbrechen ansehen."

Den Faschismus oder den Nationalsozialismus?

Es ist bis heute üblich, die Regime eines Franco oder Salazar als faschistisch zu bezeichnen. Das wäre nach dieser Vorgabe wohl nicht ganz zutreffend, da bisher niemand auf die Idee gekommen ist, den Spaniern oder Portugiesen historisch einzigartige, nicht relativierbares Verbrechen vorzuwerfen.

Die Unterscheidung zwischen Faschismus und Nationalsozialismus scheint mir wichtig. Sonst bin ich schnell wieder bei der Propaganda.

Umgekehrt wird ein Schuh daraus.

Wenn ich Faschismus als Fehlentwicklung - ja, ich weiss, das ist nicht neutral und wissenschaftlich, den demokratischen Rechts- und Sozialstaat als die Regel und andere Formen der Staatsorganisation als die Ausnahme oder gar als Fehlentwicklung zu bezeichnen, allerdings halte ich Wertung im Bereich der Sozialwissenschaften als zulässig, solange ich diese benenne und aufzeige - ansehe, dann werde ich auch hier Unterschiede in der Abweichung der vom mir gesetzten Norm der Erhaltung der Menschenwürde als Aufgabe des Staates feststellen können.

Der Ständestaat eines Dollfuss und Schuschnigg, wird auch als Austrofaschismus bezeichnet, obwohl die Nationalsozialisten die schärfsten Feinde des österreichischen Staates waren. Von unsagbaren Verbrechen des sog. Austrofaschismus kann nicht die Rede sein.

Ebensowenig bei den bereits genannten Regimen Franco und Salazar, die ebenfalls keine einzigartigen, historisch nicht relativierbaren Verbrechen begangen haben.

Sogar Mussolini schafft es nicht, in die erste Liga der politischen Verbrecher und Massenmörder vorzudringen.


Andere Frage: Was war eigentlich das polirische System der Sowjetunion?

Führerkult? Nun, Personenkult gab es.
Autoritäres Staatsverständnis: Die Partei hat immer recht.
Historisch nicht relativierbare Verbrechen: Der Umgand mit politischen Gegnern und Minderheiten war nicht von wohlwollendem Verständnis geprägt, um die politische Correctness zu wahren.


Es gibt schon gute Gründe für eine Totalitarismustheorie.

Die meine wäre kurz gefasst:
In Zeiten der Krise staatlicher Organisation (Indiz: Entstehen dieser Formen in Folge von Bürgerkriegen) ist die Machtergreifung, die Installation eines autoritär - also aufgrund eigener Machtvollkommenheit, entschieden auftretender Anhänger, nicht jedoch demokratischer Willensbildung - legitimierten Machthabers möglich.

Unterschiede bestehen in der Legitimation des Usurpators (Rasse, Klasse, Nation), in Art und Umfang der tatsächlichen Machtausübung sowie in der Agressivität nach aussen.


Ach so, der Revisionismus.

Den halte ich eher für ein Zeichen schlechten Gewissens, zumindest aber die Einsicht, gegen fundamentale Normen verstossen zu haben. So wie es Totschläger und Mörder gibt, die ihre Tat bagatellisieren. Es gbt auch andere, die mit ihren Taten prahlen.

Eigentlich warte ich darauf, dass die Völkischen sich vom Revisionismus abkehren, und sich stolz zu ihren geistigen Vätern bekennen.

Hier scheint mir besondere Wachsamkeit angesagt zu sein (wobei, das ist richtig, gleichzeitig nicht vernachlässigt werden soll, Beschönigungen der NS-Verbrechen und -Verbrecher als solche zu bezeichnen) :

Angeblich soll es ja schon vorgekommen sein, dass die pädagogische Absicht, durch Filmaufnahmen der Jugend die NS-Verbrechen vorzuführen, dies mit spontanem Beifall der Zuschauer für die Verbrecher konterkariert wurde.

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Hinsichtlich der Einmaligkeit der Verbrechen hast Du hinsichtlich des NS recht, der als Teil des Gattungsphänomens Faschismus eben diese Besonderheit hat. Im Umgang mit heute vertretenen geschichtsrevisionistischen Positionen wird zumindest in Deutschland in dieser Hinsicht allerdings kein Unterschied zwischen NS und Faschismus im Allgemeinen gemacht. Zum Totalitarismus muss ich Dir widersprechen: Entscheidendes Unterscheidungsmerkmal ist das Verhältnis zum Kapitalismus. Historisch erscheint der Stalinismus als eine brutale Durchsetzungsform eines sozialistischen Staates nach einer sozialen Revolution mit folgendem blutigen Bürgerkrieg, der Faschsismus (und hierbei ist es egal, ob Italo-Ibero-Austriofaschismus oder NS) hingegen als bürgerliche Reaktion auf die soziale Revolution und eine extreme antiliberale Form einer kapitaliostischen Diktatur, je nach Betrachtungsweise als Versuch, den Kapitalismus vor der sozialistischen Revolution zu retten oder als kapitalrevolutionäres Projekt, um durch staatliche Lenkung die Wertschöpfung zu optimieren. Diesen Gesichtspunkt haben auch die ursprünglichen Theoretiker der Totalitarismustheorie wie Hannah Ahrendt (die eine Linkssozialistin war, soviel zum Versuch Konservativer zur Vereinnahmung ihres Ansatzes) und Carl Friedrich nie verlassen, ihnen ging es um eine moralische Kritik an NS und Stalinismus. Friedrich hat den Totalitarismus als 6-Faktoren-Syndrom beschrieben:

Offiziell vorgebene Theorie, einzelne Staatspartei, die zugleich Massenpartei ist (Abgrenzung zu oligarchischen Diktaturen in verschiedenen Entwicklungs- undSchwellenländern, staatliches Mediemonopol mit Propagandaapparat, terroristische Polizeimaßnahmen, staatliches Waffenmonopol mit bewaffneten Verbänden u.U. außerhalb von Militär und Polizei (lternative: Massenpräsenz des Militärs im Alltag, politisierte Streitkräfte), zentral gelenkte Wirtschaft. Es sollte nicht vergessen werden, dass an diesem sehr statischen Modell nun schon seit 60 Jahren kritisiert wird, dass es der revolutionären Dynamik der politischen Bewegungen und den unterschiedlichen ökonomischen und kulturellen Hintergründen von NS und Stalinismus überhaupt nicht gerecht wird, so dass die verschiedenen anderen Erklärungsmodelle, die sich gerne auch kombinieren lassen, insgesamt einen größeren Erkenntniswert haben.

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das hiesse also, die betriebsunfälle auf dem weg zum demokratischen sozialen rechtsstaat sind folgendermassen denkbar:

feudalstaat, das bürgertum schafft es nicht, an die macht zu kommen und die industrialisierung zu betreiben: Sozialismus (als höchste Form der Unterentwicklung, nach Enzensberger).

kapitalismus, das bürgertum will an der macht bleiben, und bedient sich zu diesem zweck des faschismus (so stalin und die als m/l bezeichnete weltliche religion).

das mit dem sozialismus als weiterentwickelte chinesische despotie hat einiges für sich. wittfogel, glaube ich, hat sich hier verdienste errungen.

das mit dem faschismus als bürgertum mit anderen mitteln ist mir zu sehr vom ergebnis bestimmt
- SMAD-Befehl 124 (u. SMAD-Befehl 126 vom 31. 10.1945) über Beschlagnahme dt. u preuß. Staatseigentum, Eigentum der NSDAP, der Nazi-Aktivisten und Kriegsgewinnler, ein Viertel der Industrie wird zu SAG-Betrieben, die dt. Verwaltungen haben bis 20. 11. entsprechende Listen einzureichen -
als dass ich das so unbesehen übernehme.

tatsächlich spricht einiges dafür, dass die staaten, in denen sich faschistische regime etablierten, tatsächlich feudal geprägt waren, so italien, spanien, portugal und österreich (es gibt in österreich heute noch ausgedehnten grossgrundbesitz, z.b. mayr-melnhof http://www.mm-forst.at/unternehmen/kennzahlen.htm).
btw. den schritt deutschlands in die moderne setze ich nach 1945, enteignung des ostelbischen grundbesitzes an.

wenn ich den faschismus als kapitalrevolutionäres projekt ansehe, besteht die gefahr, jede etwas autoritäre regierungsausübung als faschismus zu definieren, diffamieren, wäre der bessere ausdruck. frage: und die fünfte republik zu zeiten de gaulles? nur weil wir frankophil sind, darf der adelsspross und panzergeneral das?

das problem mit der klassifikation ist das jeder ordnung, sie ist immer künstlich und entsprechend dem verfolgten zweck angelegt. der begriff des faschismus wurde eben auch in der politischen auseinadessetzung zur diffamierung eingesetzt, und musste deshalb entsprechend zugerichtet werden.

abhilfe wäre, auf den begriff ganz zu verzichten, und das entsprechende regime bei seinem selbstgegebenen namen oder dem entsprechenden haupthahn zu nennen.

nach meiner aufassung gibt es einige gründe, den nationalsozialismus als einen auf völkischer grundlage betriebenen sozialismus zu betrachten. ja, aber die kapitalisten - ja, die sassen in ihrem eckchen und taten, was man ihnen sagte, viel eleganter, das, als enteignen, was immer so den beigeschmack von bankraub hat. das eigentlich neue waren die ns-wirtschaftsführer und die neuen in zusammenahng mit der autarkie betriebenen konzerne, z.b. die salzgitter hüttenwerke. oder anders, wir können nur froh sein, dass dem nach zwölf jahren ein ende gesetzt wurde.

wobei ich dann wieder zur feststellung komme, dass die solchermassen tätigen auch unter adenauer brauchbare mitglieder der neuen, diesmal formierten gesellschaft waren. auch nicht anders als in neufünfland, wo die ehemals roten betriebsleiter nach der wende die chefs geben, vor allem im agrarsektor.

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Es ist die Ökonomie
Nenne mir mal die russischen Unternehmer, die von Stalin profitierten, oder wirklich tiefgreifende und umfassende, flächendeckende Enteignungen nicht-jüdischen Eigentums unter Hitler. Die Eigentumsfrage ist schon die grundsätzliche, unüberbrückbare Kluft zwischen dem NS (und anderen Faschismen) und dem ML-Sozialismus (den nenne ich jetzt mal so, um Missverständnissen vorzubeugen: wo immer ich von Stalinismus schrieb, meinte ich, und meinte z.B. auch Hannah Ahrendt, nur die sowjetische Diktatur unter Stalin himself, keine realsozialistischen Regime nach dem Koreakrieg) ist nunmal das grundsätzliche Vorhandensein oder Nichtvorhandensein von Privateigentum an Produktionsmitteln. Und ich sehe keineswegs den demokratischen sozialen Rechtsstaat als das Ziel historischer Entwicklung an, insofern sind die besagten diktatorischen Systeme nicht unbedingt Betriebsunfälle, sondern eher Parallelentwicklungen oder historische Notwendigkeiten aufgrund bestimmter immanenter Faktoren. Hinsichtlich der feudal geprägten Staaten lässt sich ohne Weiteres Deutschland hinzunehmen, denn trotz hohem Industrialisierungsgrad (im Westen, Ostelbien oder besser eigentlich Ostoderien war so rural und feudal wie die Ukraine) war das Deutsche Reich, war auch Österreich eine vom Adel geprägte Standesgesellschaft, im Gegensatz wiederum zu Frankreich. Demokratie- und Zivilgesellschaftsdefizite waren da in jedem Fall vorhanden.

Weswegen Faschismus als Gattungsbegrif aufrechterhalten werden sollte: Gemeinsame Wesensmerkmale, ähnlich den bei Friedrich aufgezählten Merkmalen des Totalitarismus (bei allen genannten Defizten dieses Modells) haben die faschistischen Staaten ja schon. Würde man den Gattungsbegriff aufgeben, könnten wir eigentlich auch den Begriff der paralmentarischen Demokratie nicht mehr verwenden, wenn wir historische Formen der Demokratie bis zurück nach Athen und die heutigen demokratischen Staaten von Island über die USA, GB, Frankreich, Deutschland, die Schweiz, Schweden, Israel, Indien bis hin zu Japan oder Indonesien zusammen betrachten.

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it´s the economy, stupid, heisst es im original. danke.

das mit dem privateigentum an produktionsmitteln hängt ebenfalls mit einer, ziemlich engen, periode der wirtschaftlichen entwicklung zusammen. schon in den zwanziger jahren des vorigen jahrhunderts ging der zug in eine andere richtung, kapitalgesellschaften und zusammenschlüsse von kapitalgesellschaften die nicht mehr qua eigentumsrecht betrieben wurden.

eigentlich erstaunlich, dass die wirtschaftsgeschichte des ns-regimes nicht umfangreicher erforscht wird; hing bislang wohl damit zusammen, dass einige von diesen wirtschaftsführern ein langes leben hatten. wenig erstaunlich auch, dass die thesen eines götz aly so wenig anklang finden, er scheint da einigen leuten den bequemen opferstatus genommen zu haben. http ://perlentaucher.de/artikel/1851.html

es ist meine überzeugung, die ich nicht belegen kann, dass das ns-regime eine ähnliche wirtschaftliche entwicklung genommen hätte wie die wirtschaft des realen sozialismus (so seine eigene bezeichnung, dass sozialismus nicht unbedingt das sein muss, was in der su daraus gemacht wurde, habe ich auch schon verstanden), nämlich in richtung einer planwirtschaft mit militärischen vorgaben.

"ich sehe keineswegs den demokratischen sozialen Rechtsstaat als das Ziel historischer Entwicklung an" also kein hegel, auch recht. dem demokratischen sozialen rechtsstaat unterstelle ich, die am weitesten fortgeschrittenste form der organisation des staates zu sein. hat was mit persönlicher freiheit und menschenwürde zu tun, was man auch daran erkennen kann, wenn man sich die leute anschaut, die heute die völkischen oder realsozialisten geben.

mit dem begriff der historichen notwendigkeit habe ich im fall hitlerdeutschland schon meine probleme. nach zwölf jahren war dann die halbe welt verbündet, diese historische notwendigkeit durch noch notwendigere notwendigkeiten abzuschaffen.

allerdings, die geschichte wird nicht allein von grossen männern (und noch grösseren frauen hinter den grossen männern) oder von ablauf historischer notwendigkeiten, am besten noch beschränkt auf wirtschaftlicher auseinandersetzungen, gemacht. es ist wohl eher so etwas wie eine wechselwirkung.

übrigens liegt hier der eigentlich annehmbare grund, gegen beide genannten regime (eines hitlers wie eines stalin) zu sein: weil man nicht teil einer volksgemeinschaft (einschliesslich der möglichkeit, selektionsdienst im kz leisten zu dürfen) oder der fortgeschrittenste teil der arbeiterklasse (inschliesslich der möglichkeit, grenzdienst zur verhinderung von grenzdurchbrüchen mit der waffe tun zu dürfen) sein will.

hier liegt auch der grund, warum man sich besser doch den neocons fernhält: liberal ist nicht, seinen unmittelbaren vorteil zu verfolgen, da war sogar schon der dreipunkteverein einmal weiter. oder anders: wenn der einzelne nur als objekt des wirtschaftens gesehen wird, liegt hier ebenfalls die abkehr vom prinzip der menschenwürde.

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Ich würde im Leben nie auf die Idee kommen, Dich als stupid zu bezeichnen, insofern sieh das veränderte Zitat bitte nicht zu eng! Im Großen Ganzen gebe ich Dir recht, wobei ich selber nun aus einer Ecke komme, die mit Heim und Aly einige Gemeinsamkeiten teilt. Die Historische Notwendigkeit bezog sich auf Bedingungen, die allgemein zu den Krisen führen können, aus denen autoritäre Regime hervorgehen, und nicht gerade auf Hilterdeutschland. Was den Liberalismus angeht, gehörte dazu mal der Mut vor Fürstenthronen und die Bereitschaft, für Freiheitsideale zu kämpfen. Wirtschaftsliberalismus in der Tradition Hayeks ist ein rein ökonomistisches Modell, das innerhalb liberaler politischer Tradition eher randständig ist. In dem Sinne ist etwa Sir Betrand Russell eher als typischer Liberaler zu bezeichnen als Hayek. Aber die Diskussion hatten wir ja schon.

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