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Freitag, 31. August 2012
Zu den historischen Voraussetzungen des Awareness-Programms auf dem Nobordercamp
che2001, 01:17h
Um es vorauszuschicken: Ich finde Critcal Whiteness in bestimmten Kontexten sinnvoll. Zur Bewusstmachung von White Supremacy taugt das Konzept etwas, und was Noah Sow und Sesperado da mit ihrer Edutainment-Attacke machen finde ich hervorragend, ist bei mir ja auch in der Blogroll verlinkt, und ich habe deren Auftritt beim 25. Jahrestag des Flüchtlingsrats Niedersachsen sehr gut gefunden und dabei ja auch als Teil des zum aktiven Mitmachen einbezogenen Publikums engagiert mitgetragen. Für eine antirassistische Massenpädogogik ist das ein wunderbarer Ansatz.
Als analytische Methode zur Einordnung von Rassismus als Teil der Strategie von Herrschaft finde ich das Konzept allerdings nicht so gewinnbringend, da ist mir der Antirassismus des Neuen Antiimperialismus tiefgreifender - diese Cultural-Studies-geprägten Denkrichtungen kritisieren eben nicht den Kapitalismus an sich in einer Weise, die auf allgemeine soziale Revolte hinausläuft. Das wurde, freilich waren das ganz andere Leute mit einem sehr reduzierten CW-Verständnis auf dem Nobordercamp deutlich: Der zur Performance verkürzte Auftritt des RS-Umfelds sorgte für Krawall und Irritation (was ja nicht schlecht sein muss und gut sein kann), krachte aber hinein in die antirassistische Basisarbeit von Zusammenhängen, die seit Jahrzehnten aktiv sind und Rassismus, Sexismus, Kapitalismus und Imperialismus im Kontext angreifen. In diesem Zusammenhang sehe ich die Stellungnahmen meines alten Genossen Olaf
http://jungle-world.com/artikel/2012/30/45919.html
und die von Vassily Tsianos
http://jungle-world.com/artikel/2012/32/46024.html
und der Antifa Neukölln
http://de.indymedia.org/2012/08/333781.shtml
auch nicht, wie andernorts gemutmaßbehauptet
http://metalust.wordpress.com/2012/08/09/und-die-diskussion-schreitet-fort-nachschlag-zu-critical-whiteness-und-dem-antira-camp-bei-dem-ich-nicht-war
eben NICHT als Diskursbeherrschungsversuche von Privilegien verteidigenden Weißen (was Mbolo mir dazu erzählt hatte und auf der gleichen Linie lag natürlich erst recht gar nicht), sondern als Verteidigung der sozialrevolutionären Ausrichtung antirassistischer Kämpfe. Ein Genosse aus der Redaktion der Materialien für einen Neuen Antiimperialismus meinte mir gegenüber dazu:
"Das ganze erinnert mich an RAT (Racism Awareness Training), Bullenprogramm, das damals in den 1980er Jahren das Londoner Institut for Race Relation (ICC),
namentlich Sivanandan, heftig kritisiert hatte. Plötzlich musste man sich mit dem eigenen "Rassismus" etc. auseinandersetzen und sprachlich korrekt antworten und sich verhalten. Die Bullen haben trotzdem auf die Schwarzen eingeknüppelt und gesellschaftlich hatte sich nichts verändert. Außer dass man multikulturell aufgehübscht war. Klingt ganz ähnlich wie CW. Ein Selbstzerstörungsprogramm mit zugehörigen Hohepriestern der Exegese und
Exklusion. Die dauernde Identitätsfalle. Man muss diesen totalitären Reinheitszwang nicht unbedingt wiederholen".
Neugierig geworden las ich dann, was Sivanandan, den nun wirklich niemand als "weißen Privilegienverteidiger" bezeichnen kann dazu geschrieben hatte, und das beschreibt dann wirklich ein Counterinsurgency-Programm, ausgearbeitet im Thatcher-England, um (äußerst erfolgreich) den riots in den Ghettos die sozialrevolutionäre Stoßrichtung zu nehmen. Ethnisierung des Sozialen.
http://www.wildcat-www.de/material/m001siva.htm
Hervorgehoben:
"Der Rassismus wurzelt nach Auffassung von RAT in der weißen Kultur, und die weiße Kultur geht unbeeinflußt von materiellen Verhältnissen oder der Geschichte zurück bis zum Anfang der Zeit. Daher ist der Rassismus ein Teil des kollektiven Unbewußten, ein pränataler Schrei, eine Erbsünde. Daher können Weiße letztenendes niemals mehr sein als »antirassistische RassistInnen«. Sie sind sowieso schon rassistische RassistInnen, da sie schließlich in weiße Privilegien und Macht hineingeboren werden; aber wenn sie nichts daran ändern, sich (bewußt oder unbewußt) »einverstanden erklären« mit den institutionellen und kulturellen Praktiken, die den Rassismus verewigen, dann sind sie unrettbar verloren und bleiben rassistische RassistInnen. Wenn sie dagegen gegen solche Privilegien »die Waffen« - oder in diesem Falle RAT - »ergreifen und sie durch den Kampf beenden«, wenigstens in ihrem eigenen Leben, könnten sie wenigstens »antirassistische RassistInnen« werden. RassistInnen bleiben sie allerdings ein alle Ewigkeit. Dieses Argument ist ein Zirkelschluß und grenzt an genetischen oder biologischen Determinismus: Der Rassismus ist zusammengenommen die Kultur, und die Kultur ist weiß, und weiß ist rassistisch. Und die RATte kann nur aus diesem Teufelskreis ausbrechen, wenn sie die materiellen Verhältnisse zur Kenntnis nimmt, die den Rassismus erzeugen. Aber dann wäre sie nicht die RATte.
Aus demselben Grund meidet RAT die gewalttätigste, bösartigste Form des Rassismus, den Nährboden des Faschismus, den der weißen Arbeiterklasse - die, im Gegensatz zu dem, was RAT glaubt, genau deshalb rassistisch ist, weil sie machtlos ist, ökonomisch und politisch, und gewalttätig, weil die einzige Macht, die sie hat, die persönliche Macht ist. Es ist ganz klar, dass es hoffnungslos wäre, zu versuchen die Einstellungen und das Verhalten des ärmsten und verelendetsten Teils der weißen Bevölkerung zu verändern, ohne zunächst ihre materiellen Existenzbedingungen zu verändern. Aber wenn RAT das erkennt, wendet es sein Gesicht ab, und indem es vorgibt, so ein Rassismus sei extrem und außergewöhnlich, lehrt es die Lehrer, auch ihr Gesicht abzuwenden. Und an Innenstadtschulen, wo der Rassismus für das weiße Kind der einzige Spaß und die einzige Befreiung aus seiner hoffnungslosen Realität ist, heißt das, es zum Faschismus zu erziehen. [40] David Ruddell, Antionette Satow und sogar Schwarze wie Basil Manning und Ashok Ohri leugnen ausdrücklich die Bedeutung des Kampfes gegen die NF - mit der Begründung, eine so extreme Form des Rassismus sei nicht unbedingt die gemeinsame Erfahrung der meisten Schwarzen und mache es den Weißen auf jeden Fall zu einfach, den offenen Rassismus draußen zu bekämpfen statt des verdeckten in sich selbst, in ihrem täglichen Leben und in ihren Institutionen (womit in Wirklichkeit der Arbeitsplatz, die Freizeit usw. gemeint sind) (siehe Ruddell, Simpson 1982, Ohri, Manning, Curnow 1982). Aber der Grund dafür ist, dass sie, wie die AktivistInnen der Anti-Nazi League, wenn auch aus anderen Gründen, nicht die organische Verbindung zwischen Rassismus und Faschismus sehen. Martin Webster, der National Activities Organiser der NF, sah sie allerdings, als er erklärte, »die soziale Basis der NF besteht aus den Verzweifelten und Verdrängten unter der weißen Arbeiterklasse« (Webster 1979).
Und weil RAT alles außer der Mittelschicht ignoriert, macht es auch keinen Unterschied zwischen den verschiedenen Rassismen der verschiedenen Klassen - dem nackten Rassismus der Arbeiterklasse, dem vornehmen Rassismus der Mittelschicht und dem ausbeuterischen Rassismus der herrschenden Klasse -, und sei es auch nur, um zur Bekämpfung der verschiedenen Rassismen verschiedene Strategien und Bündnisse zu schmieden.
Andererseits gleicht der Versuch, RAT dazu zu bringen, irgendetwas so politisches zu tun, dem Versuch, einem Ei die Haare auszurupfen, wie ein tamilisches Sprichwort sagt. RAT spielt mit der Politik, es ist ein Fälschung, ein Pseudo - ein Schwindel, der die Menschen denken lässt, sie würden eine Lawine auslösen, indem sie Kieselsteine bewegen, der aber in Wirklichkeit die Kieselsteine nur bewegt (wenn überhaupt), damit die Lawine nie kommt.
Und weil in Großbritannien schwarze Menschen an diesem Schwindel beteiligt sind - indem sie ihn eingeführt haben, praktizieren und reproduzieren - konnte RAT die schwarze Politik und die schwarze Geschichte mit Beschlag belegen und den schwarzen Kampf auf den Hund bringen. Denn wenn der schwarze Kampf in Großbritannien je etwas bedeutet hat, dann war es die Rückkehr der Politik in den Kampf einer Arbeiterklasse, die sich in den Ökonomismus verlaufen hatte, die Rückkehr der Gemeinschaft zur Klasse ([41]), das Schmieden von »schwarz« als einer gemeinsamen Farbe kolonialer und rassistischer Ausbeutung und die Ausweitung von antirassistischen Kämpfen zugleich auf den Antifaschismus und den Antiimperialismus.
Das gleiche gilt für den schwarzen und Dritte-Welt-Feminismus: Wenn er je etwas bedeutet hat, dann einerseits als Korrektiv gegen die Personalisierung der Politik und die Individualisierung der Macht in der weißen Frauenbewegung und andererseits als Versuch, eine Einheit des Kampfes zwischen Rasse, Geschlecht und Klasse zu schmieden. RAT (das sich in Großbritannien mit schwarzen Frauen, darunter ehemaligen Aktivistinnen, in seinen Reihen brüstet) arbeitet nicht nur in beider Hinsicht in die entgegengesetzte Richtung, sondern spiegelt und verstärkt, indem es die Frauen an Rassenlinien spaltet, die gegnerische feministische Tendenz, die »Rasse« an Geschlechterlinien zu spalten, und zersetzt den Kampf noch weiter. Solch eine Fragmentierung des Kampfes hilft zwar vielleicht dabei, mit der persönlichen Paranoia fertigzuwerden, die das Kapital auf unterschiedliche Art bei verschiedenen Gruppen hervorruft, aber beschäftigt sie mit der Suche nach ihren Ausschnittsidentitäten und lässt das Kapital selbst ungeschoren.
Genau aus diesem Grund müssen die Kämpfe der neuen sozialen Kräfte, selbst wenn es keine klassische Arbeiterklasse mehr gibt, die einen klassischen Klassenkampf führen könnte, sich auf die Zerstörung der Herrschenden Klasse konzentrieren - denn die gibt es, in welcher Verkleidung oder unter welchem Namen sie auch den jeweiligen Bewegungen erscheint: Patriarchat, weißer Rassismus, Atommafia, oder von den »neuen Marxisten« heraufbeschworen wird: Machtblöcke, Hegemonien, dominante Fraktionen. Und besonders jetzt, wo die technologische Revolution dem Kapital neuen Aufschwung gibt und zulässt, dass die Herrschende Klasse ihre Anwesenheit - in so vielen Inkarnationen - verstreut und de-simuliert, während sie ihre Macht über uns andere zentralisiert und konzentriert."
Das ist von 1985. Der Diskurs hat sich seither immer einfach nur rückwärts bewegt. Es ist zum Heulen.
Als analytische Methode zur Einordnung von Rassismus als Teil der Strategie von Herrschaft finde ich das Konzept allerdings nicht so gewinnbringend, da ist mir der Antirassismus des Neuen Antiimperialismus tiefgreifender - diese Cultural-Studies-geprägten Denkrichtungen kritisieren eben nicht den Kapitalismus an sich in einer Weise, die auf allgemeine soziale Revolte hinausläuft. Das wurde, freilich waren das ganz andere Leute mit einem sehr reduzierten CW-Verständnis auf dem Nobordercamp deutlich: Der zur Performance verkürzte Auftritt des RS-Umfelds sorgte für Krawall und Irritation (was ja nicht schlecht sein muss und gut sein kann), krachte aber hinein in die antirassistische Basisarbeit von Zusammenhängen, die seit Jahrzehnten aktiv sind und Rassismus, Sexismus, Kapitalismus und Imperialismus im Kontext angreifen. In diesem Zusammenhang sehe ich die Stellungnahmen meines alten Genossen Olaf
http://jungle-world.com/artikel/2012/30/45919.html
und die von Vassily Tsianos
http://jungle-world.com/artikel/2012/32/46024.html
und der Antifa Neukölln
http://de.indymedia.org/2012/08/333781.shtml
auch nicht, wie andernorts gemutmaßbehauptet
http://metalust.wordpress.com/2012/08/09/und-die-diskussion-schreitet-fort-nachschlag-zu-critical-whiteness-und-dem-antira-camp-bei-dem-ich-nicht-war
eben NICHT als Diskursbeherrschungsversuche von Privilegien verteidigenden Weißen (was Mbolo mir dazu erzählt hatte und auf der gleichen Linie lag natürlich erst recht gar nicht), sondern als Verteidigung der sozialrevolutionären Ausrichtung antirassistischer Kämpfe. Ein Genosse aus der Redaktion der Materialien für einen Neuen Antiimperialismus meinte mir gegenüber dazu:
"Das ganze erinnert mich an RAT (Racism Awareness Training), Bullenprogramm, das damals in den 1980er Jahren das Londoner Institut for Race Relation (ICC),
namentlich Sivanandan, heftig kritisiert hatte. Plötzlich musste man sich mit dem eigenen "Rassismus" etc. auseinandersetzen und sprachlich korrekt antworten und sich verhalten. Die Bullen haben trotzdem auf die Schwarzen eingeknüppelt und gesellschaftlich hatte sich nichts verändert. Außer dass man multikulturell aufgehübscht war. Klingt ganz ähnlich wie CW. Ein Selbstzerstörungsprogramm mit zugehörigen Hohepriestern der Exegese und
Exklusion. Die dauernde Identitätsfalle. Man muss diesen totalitären Reinheitszwang nicht unbedingt wiederholen".
Neugierig geworden las ich dann, was Sivanandan, den nun wirklich niemand als "weißen Privilegienverteidiger" bezeichnen kann dazu geschrieben hatte, und das beschreibt dann wirklich ein Counterinsurgency-Programm, ausgearbeitet im Thatcher-England, um (äußerst erfolgreich) den riots in den Ghettos die sozialrevolutionäre Stoßrichtung zu nehmen. Ethnisierung des Sozialen.
http://www.wildcat-www.de/material/m001siva.htm
Hervorgehoben:
"Der Rassismus wurzelt nach Auffassung von RAT in der weißen Kultur, und die weiße Kultur geht unbeeinflußt von materiellen Verhältnissen oder der Geschichte zurück bis zum Anfang der Zeit. Daher ist der Rassismus ein Teil des kollektiven Unbewußten, ein pränataler Schrei, eine Erbsünde. Daher können Weiße letztenendes niemals mehr sein als »antirassistische RassistInnen«. Sie sind sowieso schon rassistische RassistInnen, da sie schließlich in weiße Privilegien und Macht hineingeboren werden; aber wenn sie nichts daran ändern, sich (bewußt oder unbewußt) »einverstanden erklären« mit den institutionellen und kulturellen Praktiken, die den Rassismus verewigen, dann sind sie unrettbar verloren und bleiben rassistische RassistInnen. Wenn sie dagegen gegen solche Privilegien »die Waffen« - oder in diesem Falle RAT - »ergreifen und sie durch den Kampf beenden«, wenigstens in ihrem eigenen Leben, könnten sie wenigstens »antirassistische RassistInnen« werden. RassistInnen bleiben sie allerdings ein alle Ewigkeit. Dieses Argument ist ein Zirkelschluß und grenzt an genetischen oder biologischen Determinismus: Der Rassismus ist zusammengenommen die Kultur, und die Kultur ist weiß, und weiß ist rassistisch. Und die RATte kann nur aus diesem Teufelskreis ausbrechen, wenn sie die materiellen Verhältnisse zur Kenntnis nimmt, die den Rassismus erzeugen. Aber dann wäre sie nicht die RATte.
Aus demselben Grund meidet RAT die gewalttätigste, bösartigste Form des Rassismus, den Nährboden des Faschismus, den der weißen Arbeiterklasse - die, im Gegensatz zu dem, was RAT glaubt, genau deshalb rassistisch ist, weil sie machtlos ist, ökonomisch und politisch, und gewalttätig, weil die einzige Macht, die sie hat, die persönliche Macht ist. Es ist ganz klar, dass es hoffnungslos wäre, zu versuchen die Einstellungen und das Verhalten des ärmsten und verelendetsten Teils der weißen Bevölkerung zu verändern, ohne zunächst ihre materiellen Existenzbedingungen zu verändern. Aber wenn RAT das erkennt, wendet es sein Gesicht ab, und indem es vorgibt, so ein Rassismus sei extrem und außergewöhnlich, lehrt es die Lehrer, auch ihr Gesicht abzuwenden. Und an Innenstadtschulen, wo der Rassismus für das weiße Kind der einzige Spaß und die einzige Befreiung aus seiner hoffnungslosen Realität ist, heißt das, es zum Faschismus zu erziehen. [40] David Ruddell, Antionette Satow und sogar Schwarze wie Basil Manning und Ashok Ohri leugnen ausdrücklich die Bedeutung des Kampfes gegen die NF - mit der Begründung, eine so extreme Form des Rassismus sei nicht unbedingt die gemeinsame Erfahrung der meisten Schwarzen und mache es den Weißen auf jeden Fall zu einfach, den offenen Rassismus draußen zu bekämpfen statt des verdeckten in sich selbst, in ihrem täglichen Leben und in ihren Institutionen (womit in Wirklichkeit der Arbeitsplatz, die Freizeit usw. gemeint sind) (siehe Ruddell, Simpson 1982, Ohri, Manning, Curnow 1982). Aber der Grund dafür ist, dass sie, wie die AktivistInnen der Anti-Nazi League, wenn auch aus anderen Gründen, nicht die organische Verbindung zwischen Rassismus und Faschismus sehen. Martin Webster, der National Activities Organiser der NF, sah sie allerdings, als er erklärte, »die soziale Basis der NF besteht aus den Verzweifelten und Verdrängten unter der weißen Arbeiterklasse« (Webster 1979).
Und weil RAT alles außer der Mittelschicht ignoriert, macht es auch keinen Unterschied zwischen den verschiedenen Rassismen der verschiedenen Klassen - dem nackten Rassismus der Arbeiterklasse, dem vornehmen Rassismus der Mittelschicht und dem ausbeuterischen Rassismus der herrschenden Klasse -, und sei es auch nur, um zur Bekämpfung der verschiedenen Rassismen verschiedene Strategien und Bündnisse zu schmieden.
Andererseits gleicht der Versuch, RAT dazu zu bringen, irgendetwas so politisches zu tun, dem Versuch, einem Ei die Haare auszurupfen, wie ein tamilisches Sprichwort sagt. RAT spielt mit der Politik, es ist ein Fälschung, ein Pseudo - ein Schwindel, der die Menschen denken lässt, sie würden eine Lawine auslösen, indem sie Kieselsteine bewegen, der aber in Wirklichkeit die Kieselsteine nur bewegt (wenn überhaupt), damit die Lawine nie kommt.
Und weil in Großbritannien schwarze Menschen an diesem Schwindel beteiligt sind - indem sie ihn eingeführt haben, praktizieren und reproduzieren - konnte RAT die schwarze Politik und die schwarze Geschichte mit Beschlag belegen und den schwarzen Kampf auf den Hund bringen. Denn wenn der schwarze Kampf in Großbritannien je etwas bedeutet hat, dann war es die Rückkehr der Politik in den Kampf einer Arbeiterklasse, die sich in den Ökonomismus verlaufen hatte, die Rückkehr der Gemeinschaft zur Klasse ([41]), das Schmieden von »schwarz« als einer gemeinsamen Farbe kolonialer und rassistischer Ausbeutung und die Ausweitung von antirassistischen Kämpfen zugleich auf den Antifaschismus und den Antiimperialismus.
Das gleiche gilt für den schwarzen und Dritte-Welt-Feminismus: Wenn er je etwas bedeutet hat, dann einerseits als Korrektiv gegen die Personalisierung der Politik und die Individualisierung der Macht in der weißen Frauenbewegung und andererseits als Versuch, eine Einheit des Kampfes zwischen Rasse, Geschlecht und Klasse zu schmieden. RAT (das sich in Großbritannien mit schwarzen Frauen, darunter ehemaligen Aktivistinnen, in seinen Reihen brüstet) arbeitet nicht nur in beider Hinsicht in die entgegengesetzte Richtung, sondern spiegelt und verstärkt, indem es die Frauen an Rassenlinien spaltet, die gegnerische feministische Tendenz, die »Rasse« an Geschlechterlinien zu spalten, und zersetzt den Kampf noch weiter. Solch eine Fragmentierung des Kampfes hilft zwar vielleicht dabei, mit der persönlichen Paranoia fertigzuwerden, die das Kapital auf unterschiedliche Art bei verschiedenen Gruppen hervorruft, aber beschäftigt sie mit der Suche nach ihren Ausschnittsidentitäten und lässt das Kapital selbst ungeschoren.
Genau aus diesem Grund müssen die Kämpfe der neuen sozialen Kräfte, selbst wenn es keine klassische Arbeiterklasse mehr gibt, die einen klassischen Klassenkampf führen könnte, sich auf die Zerstörung der Herrschenden Klasse konzentrieren - denn die gibt es, in welcher Verkleidung oder unter welchem Namen sie auch den jeweiligen Bewegungen erscheint: Patriarchat, weißer Rassismus, Atommafia, oder von den »neuen Marxisten« heraufbeschworen wird: Machtblöcke, Hegemonien, dominante Fraktionen. Und besonders jetzt, wo die technologische Revolution dem Kapital neuen Aufschwung gibt und zulässt, dass die Herrschende Klasse ihre Anwesenheit - in so vielen Inkarnationen - verstreut und de-simuliert, während sie ihre Macht über uns andere zentralisiert und konzentriert."
Das ist von 1985. Der Diskurs hat sich seither immer einfach nur rückwärts bewegt. Es ist zum Heulen.
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Julia Seeliger zur Dialektik des Fickens unterm Spätkapitalismus
che2001, 17:45h
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Racial Profiling vor Gericht
che2001, 17:40h
Nach dem zunächst Aufsehen erregenden Urteil des Verwaltungsgerichts (VG) Koblenz vom 28.02.2012 zu Personalienkontrollen von Bahnreisenden auf bestimmten Strecken findet am 29.10.2012 ab 13.30 Uhr vor dem Oberverwaltungsgericht (OVG) Rheinland Pfalz die Berufungsverhandlung statt. Diesen Termin der Hauptverhandlung hat nun das Gericht veröffentlicht. Das OVG in Koblenz hatte zuvor auf Antrag des Klägers die Berufung wegen grundsätzlicher Bedeutung zugelassen.
Der 25-jährige Kläger aus Kassel war im Dezember 2010 auf einer Regionalstrecke von Kassel nach Frankfurt/Main von zwei Bundespolizisten wegen seiner Hautfarbe kontrolliert worden. Der junge Student hatte so etwas nicht zum ersten Mal erlebt und klagte gegen die polizeiliche Maßnahme. Die Klage blieb vor dem VG Koblenz zunächst ohne Erfolg. Das Urteil des VG Koblenz hatte bundesweit großes Aufsehen erregt, denn es legitimierte im Ergebnis das so genannte „ethnic profiling“ bzw. „racial profiling“, das von dem UN-Menschenrechtsausschuss bereits 2009 als menschenrechtswidrig eingestuft worden war. Auch die Bundesregierung hatte noch im vergangenen Jahr erklärt, bei rechtmäßigen verdachtsunabhängigen Kontrollen dürfe es keine unterschiedliche Behandlung von Personen nach Herkunft, Hautfarbe oder Religion geben.
Das OVG will in der Verhandlung am 29.10.2012 durch Vernehmung der beiden beteiligten Bundespolizisten sowie möglicherweise des Klägers die genauen Umstände der Personalienfeststellung ermitteln. Das VG Koblenz hatte seinerzeit dem Kläger durch Verweigerung von Prozesskostenhilfe (PKH) die Teilnahme an einer mündlichen Verhandlung unmöglich gemacht. Diese Verweigerung wurde vom OVG bereits als rechtswidrig aufgehoben.
Der 25-jährige Kläger aus Kassel war im Dezember 2010 auf einer Regionalstrecke von Kassel nach Frankfurt/Main von zwei Bundespolizisten wegen seiner Hautfarbe kontrolliert worden. Der junge Student hatte so etwas nicht zum ersten Mal erlebt und klagte gegen die polizeiliche Maßnahme. Die Klage blieb vor dem VG Koblenz zunächst ohne Erfolg. Das Urteil des VG Koblenz hatte bundesweit großes Aufsehen erregt, denn es legitimierte im Ergebnis das so genannte „ethnic profiling“ bzw. „racial profiling“, das von dem UN-Menschenrechtsausschuss bereits 2009 als menschenrechtswidrig eingestuft worden war. Auch die Bundesregierung hatte noch im vergangenen Jahr erklärt, bei rechtmäßigen verdachtsunabhängigen Kontrollen dürfe es keine unterschiedliche Behandlung von Personen nach Herkunft, Hautfarbe oder Religion geben.
Das OVG will in der Verhandlung am 29.10.2012 durch Vernehmung der beiden beteiligten Bundespolizisten sowie möglicherweise des Klägers die genauen Umstände der Personalienfeststellung ermitteln. Das VG Koblenz hatte seinerzeit dem Kläger durch Verweigerung von Prozesskostenhilfe (PKH) die Teilnahme an einer mündlichen Verhandlung unmöglich gemacht. Diese Verweigerung wurde vom OVG bereits als rechtswidrig aufgehoben.
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Sei wie Du willst, Kind!
che2001, 17:09h
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