Freitag, 16. Februar 2007
Shalom Shabbath
In der gleichnamigen Radiosendung hörte ich mit Interesse, wie eine Rabbinerin von Miriam, der unterschlagenen Prophetin des Alten Testaments berichtete und davon, das sich in den drei Marien der christlichen Mythologie - sie bezeichnete die ganze Bibel als Mythologie - antike Göttinnen wiederfinden würden, wie auch das Verhältnis Jesus-Maria an das Verhältnis Zeus-Athene angelehnt sei (ich vermute, Jesus-Maria Magdalena enspräche dann Zeus-Aphrodite).
Maria sei wahrscheinlich gar kein Personenname, sondern Bezeichnung für eine weibliche Heilige, ursprünglich gar Gottheit.
Diese Betrachtungsweise wirft auf die christliche Religionsgeschichte ein faszinierendes neues Licht: Nicht nur die christlichen Heiligen nahmen nach der Christianisierung die Gestalt und den Charakter heidnischer Götter an und umgekehrt, um so die Bekehrung der Heiden zu vereinfachen, es wurden nicht nur christliche Kirchen anstelle antiker Tempel gebaut oder diese zu christlichen Kirchen umgeweiht, nein, die christlichen Heiligen waren von anfang an zu Menschen "degradierte" antike Götter. Insofern wäre das Christentum eine Religion, die synkretistisch aus der Begegnung des Judentums mit dem Hellenismus entstanden ist.


Warum nur hört man solch spannende theologische Erörterungen beim christlichen "Wort zum Sonntag" oder gar in der Kirche niemals?

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Eine gute Quelle für derlei
ist das hier.

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Mark,
Du möchtest Dich vor der Empfehlung von Büchern bitte noch über den dahinter stehenden Verlag informieren. Google hilft Dir sicher gerne.

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Ups.
Nicht sonderlich pc, der Laden, um das mindeste zu sagen. Ich hab "Das geheime Wissen der Frauen" vor vielen Jahren bei zweitausendeins entdeckt und als Geschenk für meine Mutter bestellt, und das war ja nun nicht gerade der Haus- und Hoflieferant für die Freunde der gepflegten Landserunterhaltung. Da ich das Buch soweit koscher fand (und immer noch finde), hatte ich aktuell nicht die Notwendigkeit gesehen, genauer nachzusehen, wer es jetzt im Programm hat.

Das war womöglich fahrlässig. Trotzdem bleibe ich dabei, dass ich das Buch jedem empfehlen würde, der mehr von den Dingen wissen will, die Che in seinem Beitrag angerissen hat. Wer diesem Arun Verlag aus nachvollziehbaren Gründen kein Geld hinterhertragen möchte, soll eben zusehen, dass er das Nachschlagwerk antiquarisch erwirbt oder jemanden findet, der es ihm ausleiht.

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Da man ja serviceorientiert ist, für alle zum Nachschlagen Info über den Arun-Verlag:


http://www.rabenclan.de/index.php/Magazin/LucasCorsoArun06

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...weil es in weiten Teilen der Kirche leider noch immer um Schäfchenhüten und also Machterhalt geht.

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Che, religiöse Spekulationen haben sehr schnell einen Zug ins Beliebige, ins Bodenlose.

Dass die diversen katholisch-christlichen Ideen von und über Maria ggf. auch mal vereinzelt geringe Tuchfühlung hatten zu antiken Vorlagen - sorry: Das wäre in meinen Augen weder aufregend, noch erscheint es als Gesamtperspektive sonderlich substantiviert.

Denn, sorry, die Vielzahl der im Christentum verarbeiteten Motive (z.B. aus den benachbarten Religionen, z.B. Mithraskult) macht es mithin unwahrscheinlich, sogar sehr unwahrscheinlich, dass irgendeine Sekte vor knapp 2000 Jahren, welche in alle Welt versprengt wurde, ausgerechnet das Verhältnis Zeus-Aphrodite zur zentralen Vorlage des (m.E. auch so schon genügend bescheuerten) Marienkults erwählt hat.

Nicht an diesem Ort der Welt, nicht zu jener Zeit. Die griechische Antike war nämlich für diese Sektierer kein vorrangiges Thema. Überhaupt nicht.

Was nun angeblich unterdrückte bzw. vergessene Prophetinnen der Bibel betrifft:

Hier mag ich auf den Talmud verweisen, der reich an diesbezüglichen Geschichten und Andeutungen ist, überreich sogar. Wer mag, findet dort allerhand Nahrung für neue religiöse Spekulation, teils sogar auch in Richtung weiblicher Propheten.

Kurz mal grundlegend: Dass im Judentum Frauen zeitweise priesterähnliche Funktionen hatten, lässt sich gut belegen, z.B. auch im Buch der Weisung (den Christen bekannt als Genesis), wo z.B. solche Sätze geschrieben sind:
In allem, was Sahra zu Dir spricht, höre auf auf ihre Stimme
Anderes Beispiel, diesmal aus dem Buch Namen:
Mirjam die Künderin, Aharons Schwester, nahm in ihre Hand die Pauke und alle Frauen zogen ihr nach, mit Pauken und in Reigentänzen.
Frauen als Künderinnen und Priesterinnen gab es also schon zu frühster Zeit im Judentum.

Dennoch möchte ich warnen:

Das Buch der Bibel verwandelt sich meiner Meinung nach in kürzester Zeit in verderbliches Gift, wenn es aus Spekulierlust und ohne Sinn für den komplexen Kontext in die Hand genommen wird.

Ich halte von religiöser Spekulation garnichts. Sie ist eine Beschmutzung der Bibel und des menschlichen Verstandes.

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"Beschmutzung der Bibel und des menschlichen Verstandes." Wow. Da bin ich platt. Ein Erheben des Buchs und Verstands als alleinige Wahrheit über vergangene Fundamente...?

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Wie schon oft, hat der gute Herr Dean hier Einiges nicht verstanden, so will mir scheinen :-)

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"Nicht nur die christlichen Heiligen nahmen nach der Christianisierung die Gestalt und den Charakter heidnischer Götter an und umgekehrt,..."

Ich mein', es ist schon viel Unfug in ihrem Namen getrieben worden und der Geschichtsklitterungen sind Legion. Aber ob die Sabine das so kurz vor ihrem Abgang verdient hat? Ich weiß es nicht...

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"Beschmutzung der Bibel" - nun, die Bibel ist für mich ein Buch wie das Kapital, die Romane von Henning Mankell oder die Gelben Seiten. Dadurch, dass in einem anderen Buch Überlegungen zu den Voraussetzungen und Hintergrpnden dieses Buches angestellt werden, wird nichts beschmutzt, auch nicht durch eine Rabbinerin, die diese Überlegungen frei assoziierend im Radio vorträgt. Beschmutzt würde die Bibel, legte ich sie in einen Misthaufen oder gösse ich eine klebrige Flüssigkeit über ihre Seiten. Und, Dr. Dean, das muss ich wirklich mal sagen, Deine Fettbuchstaben und Blinkworte und der moralisierend-schulmeisternde Tonfall in Deinen Postings gehen mir echt auf die Nerven.

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Kleiner Seitenhieb an Dr.Dean
Erstaunlich, wie viele Bibelbeschmutzer, sprich Neuheiden (im weiteren Sinne) sich auf Deiner linksliberalen Linkliste finden ... Also, unter Freunden, laß den empörten Christen lieber stecken, sonst hast Du unter Umständen ein paar Freunde weniger.

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Einige ungeordnete Gedanken zu Deinem Posting und den Kommentaren:

(.) Möglicherweise ist es für ein Buch verkaufsfördernd, wenn darin über weibliche Apostel, über Päpstinnen oder Prophetinnen spekuliert wird. Allzu logisch scheinen mir diese Vermutungen nicht. In den drei großen monotheistischen Religionen waren Frauen bis vor kurzer Zeit nie wirklich gleichberechtigt [und sie sind es auch heute nur in wenigen christlichen Religionsgemeinschaften mit relativ wenigen Mitgliedern]. So fällt es mir wirklich schwer, an solche »historischen Gestalten« zu glauben und ich kann auch keinen Sinn in diesen Spekulationen sehen.

(.) Es kann nicht unwidersprochen bleiben, dass Du die Bibel zwischen die »Gelben Seiten« und Mankell-Krimis einordnest -- allein schon deshalb, weil Du unbedingt um ihre herausgehobene Bedeutung weißt. In der Bibel findet man sehr viel Menschliches, Anrührendes, Erschreckendes, Heiliges, Spannendes, Phantastisches ... aber es gibt auch langweilige, brutale, kriminelle und fast schon obszöne Stellen. Viele große Autoren hätten ihre Werke ohne die Auseinandersetzung mit einer monotheistischen Religion (oder ihre Loslösung von einer solchen) nicht schreiben können -- und ich denke, die Bibel spielt dabei eine ganz herausgehobene Rolle.

(.) Du bist auch Mitglied des Vereins »Rettet den Konjunktiv!«?

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"(.)" was solln das darstellen? ein weibliches, primäres geschlechtsmerkmal? solcherlei sind wir ja von dir garnicht gewohnt, stefanolix.

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Stefanolix, die Einordnung der Bibel unter diverse andere Bücher war natürlich eine polemische Spitze, mit der ich sagen wollte: wenn mit wissenschaftlicher Methodik und Fragestellung ihre Hintergründe und Inhalte überprrüft werden, so hat das nichts mit "beschmutzen" zu tun. Ob man nun daran glaubt oder nicht, das von Menschen verfasste Buch selber, das Glaubensinhalte darlegt, ist nicht unfehlbar. Ich bin Agnostiker und bewege mich zwischen Materialismus und Sympathien für Buddhismus und Daoismus, insofern mag es mir leicht fallen, die Bibel distanziert zu betrachten. Bei aller Achtung vor den religiösen Gefühlen Anderer steht für mich aber doch die Aufklärung im Vordergrund, und ein religiöses Buch selber wie ein heuiligtum zu behandeln halte ich für absurd. Alles muss kritisierbar sein, also auch religiöse Schriften.


Was das Herauslassen von Prophetinnen angeht: Es gibt eine Tradition einer stark patriarchalen Uminterpretation des Christentums, die bei Augustin beginnt und ihren Höhepunkt im 13-15 Jahrhundert erreicht. Das war keinesfalls immer so, bei allen patriarchalen Zügen der jüdischen und christlichen Gesellschaften an sich.

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@Che: die Distanz zur Bibel kann ich nachvollziehen und vielleicht hat man ja auch aus meinem Kommentar so etwas wie eine respektvolle Distanz herauslesen können. Im Rahmen eines Blog-Kommentars kann ich das jetzt nicht tiefergehend erläutern ...

Zur patriarchalen oder matriarchalen Deutung der Geschichte: Ich finde es nicht sinnvoll, Gott als weibliches oder als männliches Wesen zu betrachten und daraus irgendwelche Schlussfolgerungen zu ziehen. Daraus folgt, dass ich auch religiöse Amtsträger oder Amtsträgerinnen nicht nach ihrem Geschlecht, sondern nach ihrem Wirken und ihrer Persönlichkeit beurteile ...

@Jolly: Das überlasse ich gern Deiner regen Phantasie ;-) -- In Wahrheit wollte ich die Punkte eigentlich nummerieren, habe aber dann kurzerhand »ungeordnete Gedanken« daraus gemacht.

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"che finde es nicht sinnvoll, Gott als weibliches oder als männliches Wesen zu betrachten und daraus irgendwelche Schlussfolgerungen zu ziehen." - Ich auch nicht. Ich verfolge einfach nur historische Entwicklungen. Und Geschlechtergeschichte geht nun mal nicht ohne Verfolgung ideologischer und theologischer Prozesse.

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@stefanolix: lass uns über sublimierung reden, deinerseits. wo ist dein problem, dass du statt einer nummerierung eindeutige symbole beutzt?

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Kann es sein, dass bei Euch ein klein wenig davon im Spiel war? ;-)

So, aber jetzt muss zu dem Aufzählungssymbol nichts mehr gesagt werden, oder?

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Erstaunlich ...
... wie nahe sich manche Juden und viele (Neu-)Heiden sind: Der Text könnte ohne Weiteres im "Wurzelwerk" stehen, vielleicht auch noch beim "Rabenclan" - und dass ich in dieser Hinsicht völlig der selben Ansicht bin, wie sie die Rabbinerin von Miriam da vertritt, brauche ich nicht mit Blinkschrift und Fettdruck hervorzuheben.
(Wobei: es geht um feministisches liberales Judentum, bestimmt gibt es auch Juden, die meinen, dass sein gar kein "richtiges" Judentum. Genau so, wie es Christen gibt, die feministische Theologie für Gotteslästerung halten.)
Interessant, dass Rabbinerin über gesicherte religionsgeschichtliche Tatsachen hinaus geht (von denen man in der kirchlichen Öffentlichkeitsarbeit nichtsdestotrotz nicht viel hört) - und meines Erachtens direkt an die spätantiken Kritiker des Christentums anknüpft (Celsus, Porphyrios, Julian). Die Motive der Rabbinerin wie der alten und neuen Heiden dürften allerdings deutlich unterschiedlich sein - sie ist konsequente Monotheistin, Heiden sind Polytheisten. Und es gibt zu meinem Leidwesen nicht wenige Heiden, die einen (meist uneingestandenen) Antisemitismus hegen.

Wieso seitens der christlicher Kirchen davon so wenig zu hören ist? Ich vermute, weil die simple Erkenntnis, dass das, was am Christentum nicht jüdisch ist, heidnisch ist, nicht zum Selbstbild einer Religion paßt, die sich selbst als "Vollenderin" oder "Nachfolgerin" des Judentums sieht.

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Das liberale Judentum, ich schrieb es an anderer Stelle schon mal, lässt sogar zu, praktizierender Jude und zugleich Atheist oder doch Agnostiker zu sein, solange man dem Gesetz folgt, also die 10 Gebote einhält, die 7 Todsünden meidet, koscher isst, den Shabbath ehrt und die Bibel liest. Das Christentum ist da sehr viel konkreter mit seinem fleischgewordenen Gott und aus der Sicht mancher rabbinischer Schulen sowie selbst noch Horkheimers und Adornos ein Rückfall hinter das Judentum. Insofern ist die Deutung des Christentums als Vermischung des Judentums mit dem Hellenismus konsequent. Mich fasziniert dies noch unter einem anderen Aspekt: In der Geschichtsforschung diskutiert man darüber, inwieweit Christentum und Heidentum einander vermischt und durchdrungen haben.Weihnachten fällt zusammen mit dem germanischen Julfest, der keltischen Wintersonnwende, den römischen Saturnalien und dem Fest der babylonischen Mondgöttin, Ostern ist eigentlich das Fest der italischen Fruchtbarkeitsgöttin Osteria, dass wiederum mit Pessach zusammenfällt, in Marien wurden vielfach Isis, Diana, Morgana und Freya weiterverehrt, heidnische Tempel zu Kirchen umgeweiht oder an ihrem Platz neue Kirchen erbaut. Bisher hatte diese Betrachtung die Durchsetzung des Christentums als römische Staatsreligion und die leichtere Bekehrung der Heiden durch Übernahme von Elementen ihrer Religionen zum Fluchtpunkt. Die Sichtweise dieser Rabbinerin ist anders; ihr zufolge hätte es eine grundsätzliche Trennung zwischen Christentum und Heidentum so, wie wir sie uns heute vorstellen nie gegeben, sondern beides hätte sich immer gegenseitig durchdrungen.

@Dean: "Nicht an diesem Ort der Welt, nicht zu jener Zeit. Die griechische Antike war nämlich für diese Sektierer kein vorrangiges Thema. Überhaupt nicht." - Dazu wäre zunächst zu sagen, dass die Sadduzäer die Öffnung der israelitischen Gesellschaft für die römisch-hellenistische Kultur propagierten und forcierten und diese bei den persischen Juden zur gleichen Zeit stattfand, auch, dass die Evangelien in der Diaspora entstanden und dass die ersten christlichen Gemeinden außerhalb Palästinas in Griechenland (z.B.Korinth) und Rom selbst domiziliert waren. So what?

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Die italische Fruchtbarkeitsgöttin Osteria kenne ich nicht
Mir ist lediglich eine "Ostara" bekannt, eine von Jakob Grimm "rekonstruierte" germanische Göttin, von der sehr fraglich ist, ob sie je von den "alten Germanen" verehrt worden ist.

Die Theorie, dass die Kirche zwecks leichterer Bekehrung der Heiden Elementen ihrer Religionen übernahm, ist durch neuzeitliche Praxis (vor allem in Lateinamerika) belegt, es gibt meines Wissens auch mittelalterliche Quellen, die eindeutig in diese Richtung weisen. Die von der Rabbinerin angesprochene Theorie (die ich ebenfalls für richtig halte) ergänzt die "Missions-Opportunismus-Theorie", weil sie heidnische Elemente im theologischen "Kernbereich" erklären kann. In dem Moment, in dem sich das junge Christentum von der "Mutterreligion" Judentum ablöste, übernahm es heidnisches Gedankengut - schon bei Paulus ist das erkennbar. Celsus zeigte schon Ende des 2. Jahrhunderts u. Z. im religionsgeschichtlichen Vergleich wie synkretistisch schon das frühe Christentum war.

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Die italische Fruchtbarkeitsgöttin Osteria gibt es gar nicht, Osteria ist das italienische Wort für Gasthof ;-)

Ich wollte mal testen, wie schlau bzw. aufmerksam meine Leser so sind. Test bestanden.


Der Rest stimmt aber.

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osteria
da werden erinnerungen an die freiburger markthalle wach. schonmal jemand da gewesen? man kann sich dort nach dem samstäglichen besuch des markts am münster so wunderbar betrinken, dass die welt schön und makellos wird.

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