Dienstag, 25. Juli 2006
Mal kurz nachgedacht
Ist ein Kommentar von mir bei Don zum Nahostkonflikt, in der hitzigen und wirren Debatte dort (insbesondere wg. der Beiträge eines gewissen Dill) leider etwas untergegangen, deshalb möchte ich es hier noch mal zur Debatte stellen:


Statt ethnisch-religiöser Kämpfe sollte sozialer Kampf auf der Tagesordnung stehen. Der Witz ist ja, dass religiöse Kräfte wie Hisbollah, Hamas und Djihad einmal geschaffen wurden, um der arabischen Linken den Wind aus den Segeln zu nehmen und die soziale Basis abzugraben (insbesondere die DFLP richtete sich gegen israelische Besatzungsmacht und palästinensische Oberschicht), und das ist so erfolgreich geschehen, dass von der ursprünglichen sozialen Stoßrichtung der PLO-Linken nichts mehr übriggeblieben ist, jedenfalls nicht im Bewusstsein der veramten palästinensischen Massen. Abgesehen mal davon, dass Israel mit seinem Kibbuz-Modell mal für einen alternativen basisdemokratischen Sozialismus stand. Ich weiß keine Lösung. Wie kommt die Kohle zu den Menschen, die sie brauchen, wie kann man die Hilfsgelder den Kleptokraten entwinden ? Ist ja noch nicht die ganze Frage, man müsste darüber hinaus fragen: Wie kann man es schaffen, dass Israel der Region ein Entwicklungsmodell anzubieten hat und von der arabischen Welt nicht immer nur als Implantat von US-Interessen in der Levante angesehen wird? Wie muss eine solidarische Entwicklung von Israel und Palästina aussehen? Es klingt ja schon utopisch, diese Fragen zu stellen, aber ohne ihre Lösung wird es dort nie Frieden geben.

btw. Es gibt keine Apartheid in Südafrika mehr, es hat keine Massaker an den Weißen gegeben, Südafrika ist ein ganz normales Land geworden.

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@ Südafrika

Hilfreich war dort sicherlich auch der endemische Mangel an irren islamistischen Scharfmachern, die den Djhad im allgemeinen und die Tötung andersgläubiger im Besonderen zum Programm machten.

Und das die Stammesstreitigkeiten z.B. Zulu v. Xhosa sich durch weitgehende Dezimierung dieser Streithähne in Eigenleistung bereits in den 1800ern vollzogen. Und dass Brown Bess die Region weit gehend "befriedete". Und und und und und.

Aber es stimmt : Südafrika zeigt dass nicht alles hoffnungslos ist.

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Die Scharfmacher vom Schlage Winnie Mandelas waren auch nicht schlecht "Mit unseren Autoreifen werden wir die Freiheit erkämpfen!" - Gemeint waren Autoreifen, die , mit Benzin getränkt, Verrätern um die Schultern gehängt und dann angezündet wurden, z.B. auch einer 25 jährigen Frau, deren Verbrechen daraus bestand, mit einem Weißen geschlafen zu haben. Trotzdem haben letztlich die vernünftigen Kräfte gesiegt.

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@ netbitch

"Soweto Necklace" war der Begriff, glaube ich. Gut waren auch die angespitzen Fahrradspeichen von hinten in die Wirbelsäule.

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Ebenfalls @ Südafrika: Das Traurige ist nur, dass die alten Strukturen noch längst nicht aufgebrochen sind. Eine Bekannte, die vor kurzer Zeit dort unterwegs war, schilderte die immer noch bestehende Rassentrennung in Beruf, öffentlichem Leben und in den Wohngegenden. Die weiße Bevölkerung will sich natürlich ihre privilegierte Stellung nicht nehmen lassen und schottet sich ab. Durch eine eigene Infrastruktur kann man dort als Weißer so leben, dass man kaum von Schwarzen 'behelligt' wird.

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Sehe ich auch so, bonniefranzl.

Nur, weil eine korrupte ANC-Clique jetzt das Land regiert, haben sich die Strukturen nicht automatisch mit verändert. Gerade unter den Afrikaans sprechenden Weißen ist Rassismus so natürlich wie Zähneputzen, und das Armutsgefälle als "faktische Arpartheid" verschwindet auch dadurch nicht, dass sich die weiße Jugend aus dem Staub macht.

Allerdings: Niemand kennt den Königsweg. Die große Leistung Mandelas und der schwarzen Mehrheit ist schon der friedliche Übergang an sich. Aber um die in Generationen entstandenen Ungleichheiten zu beseitigen, braucht man vor allem einen langen Atem und ein langfristiges Konzept, dass den Schwarzen ermöglicht, den ihnen gebührenden, also dominierenden Teil auch im wirtschaftlichen Leben zu spielen, ohne kurzfristig die Leistungsfähigkeit der südafrikanischen Wirtschaft aufs Spiel zu setzen, weil durch zu ehrgeizige Quoten nicht geeignete Personen gefördert werden.

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Was sind denn 'nicht geeignete Personen'? Dann muss dafür gesorgt werden, dass die Leute fitgemacht werden. Aber das hieße ja abgeben, bzw längerfristig Verzicht auf einen Bruchteil der vorhandenen Privilegien/des Einkommens. Außerdem wird wohl kein Geld für die Ausbildung der ärmeren Bevölkerungsschichten da sein, bzw von der vorhandenen Lobby anderweitig eingesetzt werden, damit es ja nicht zu mehr Wettbewerb kommt. Langfristig ist dann wahrscheinlich eine Brot und Spiele-Politik, also Ermöglichung von Konsum und Ablenkung durch Unterschichten-Medien, die günstigere Alternative.

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@tres.amusant

Die "Leute fitzumachen" ist eben eine langwierige Angelegenheit, die viel Investitionen in Infrastruktur erfordert und erst nach Jahrzehnten wirkt. Also nichts Wählerwirksames.

Da ist die Versuchung groß, durch überzogene Quoten das Heil in kurzfristigem Aktionismus zu suchen, der dazu noch den Vorteil hat, "nichts zu kosten" bzw. die Pfründe von Amtsinhabern nicht zu gefährden - im Gegenteil, solche Quoten eignen sich hervorragend dazu, die eigene Klientel, deren einzige Qualifikation in ihrer Anhängerschaft besteht, dort unterzubringen, wo man sie haben will.

Ohne Quoten wird es dort IMHO zwar nicht gehen, aber wenn sie maßlos eingesetzt werden, schaden sie mehr als sie nutzen. Es sei denn natürlich, das Niveau, auf dem sich die verschiedenen sozialen Gruppen annähern sollen, wäre egal.

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Hat hier irgendjemand ausser unserem "liberalen" Froind das Wort 'Quote' in die Diskussion gebracht?

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Verstehe auch nicht, wie Quoten das Problem lösen sollten. "Tut mir leid, ihr Kind erfüllt zwar alle Voraussetzungen für die weiterführende Schule, aber wir haben unseren Soll von drei Schülern pro zehn, die aus dem Township kommen sollen, schon erfüllt. Vielleicht nächstes Jahr"...

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@tres.amusant

Quoten allein lösen nichts, aber um Strukturen möglichst schnell aufzubrechen, die so verkrustet und abgeschottet sind wie die faktische Arpartheid, sind sie wertvoll. IMHO.

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re "Quoten"

Derzeit sieht es die Südafrikanische Arbeits-Gesetzlage vor das Schwarze vorgezogen werden. Als junger, das erste Mal arbeitssuchender Weisser hat man dort derzeit wohl wenig Chancen, was das latente Wiedererstarken des Rassismus unter dieser Gruppe angeblich befördert.

Solange sich dies nicht gewaltsam äußert ist das wohl der Preis der für eine langfristige Normalisierung und die Entstehung einer schwarzen Mittelschicht gezahlt werden muss, zahlbar zwar von denen die eigentlich nichts schulden, aber so ist das ja meist.

Paradiesische Zustände gibt es halt erst im Paradies.

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