Sonntag, 15. März 2009
Worte der Woche
"Die US-Soldaten sind bislang weder im Irak noch im Kosovo durch ihre besondere Fähigkeit aufgefallen, die Tränen von Zivilpersonen zu trocknen."

Serge Halimi, Le Monde Diplomatique.

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Samstag, 7. März 2009
Die Axt im Walde
Was man nicht so alles tut....

Habe heute zum ersten Mal in meinem Leben einen Baum gefällt. War gar nicht so schwer, nur das anschließende Zerlegen gestaltete sich mühsam.

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Freitag, 6. März 2009
Die ironischen 90er Jahre
Blogauf, blogab ist immer wieder zu lesen, die 1990er hätten isich durch einen besonders ironischen Zeitgeist ausgezeichnet. Ob auf Dotcomtod oder beim Girl, bei Metalust&Subdiskurse oder Rebellmarkt, Melancholie Modeste oder Lanu, es ist immer mal davon die Rede, dass eine bestimmte Art von Ironie typisch für das Jahrzehnt gewesen sei. Nun glaube ich nicht, dass man den speziellen Humor des FFN-Frühstyxradio als typischen Zeitgeist der 90er Jahre bezeichnen würde, abgesehen davon, dass der weniger Ironie als vielmehr Slapstick kombiniert mit Bad Taste beinhaltet. Ich habe die 90er intensiv erlebt und in dieser Zeit intensiv gelebt, aber ohne von einer besonderen Ironie etwas mitzubekommen. Ich bewegte mich zwischen einer Wissenschaftswelt, einer Journalistenwelt und der linken Szene. In der Wissenschaftswelt war es wichtig, vor allem exakt und very much to the point zu sein, da spielte Ironie keine Rolle. Unter Journalisten ist ein ironischer Humor generell verbreitet, aber nicht an eine bestimmte Dekade gebunden; ansonsten fiel mir da eine gnadenlose Offenheit und geradezu aufdringliche Gesprächigkeit viel stärker auf. In der linken Szene überwog ein Sich-ständig-und-immer-moralisch-betroffen-Zeigen einerseits und eine tendeziell nach Zensur schielende PC-Moralinsäure andererseits, jenseits dieser Pole auch eine zum Glück immer auch verbreitete echte Lockerheit und echte Offenheit und ein von mir selber sehr gepflegter derber Verarsche-Humor, aber auch keine Ironie. Und wenn etwa Modeste eine "ironische Clubkultur" beschreibt, dann ist das nach meinem Dafürhalten eine Mentalität eines spezifischen Yuppie-Milieus, aber nicht der Zeitgeist eines Jahrzehnts.

Wo also wohnte sie, diese angebliche Ironie der 90er?

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Unterwegs mit Hund und Katze
Das war ein Anblick beim Einkaufen in der Stadt: Eine Frau war im Metzgerladen einkaufen und hatte ihren Hund, einen riesigen Dobermann, draußen angeleint. Der stand nun auf den Hinterbeinen, die Vorderpfoten über Kopf an die Schaufensterscheibe gepresst und schaute in den Laden. Guckte der zu, was Frauchen trieb, oder interessierte der sich für die Fleischware?


Nach Hause gekommen, konnte man dann sehen, wie der Herr des Gartens wieder durch die Baumkrone tobte und versuchte, eine Elster zu erwischen, die ihn ganz lässig ausmanövrierte, indem sie ihn fast auf Krallenreichweite kommen ließ und dann ein paar Äste weiterflatterte. Der dreiste Kerl merkte gar nicht, wer hier mit wem spielte in seinen wiederholten ergebnislosen Versuchen, den Vogel doch noch zu erwischen.

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Donnerstag, 5. März 2009
Lager und menschliche Würde, heute: Bayern
Bayern zwingt 7636 Flüchtlinge dazu, in 118 Lagern zu leben. Jahrelange Unterbringung in Mehrbettzimmern in alten Gasthöfen, ausgedienten Kasernen und Containerunterkünften; Gemeinschaftsküchen und -bäder; Essens- und Hygienepakete; gebrauchte Kleidung oder Gutscheine; Arbeitsverbote und die Residenzpflicht zermürben die betroffenen Flüchtlinge. Dass dadurch viele psychisch und/oder physisch krank werden und massiv an ihrer Perspektivlosigkeit leiden, wurde von der Bayerischen Staatsregierung bisher hingenommen, denn die Unterbringung in Flüchtlingslagern soll "die Bereitschaft zur Rückkehr in das Heimatland fördern" (Durchführungsverordnung Asyl).

Doch endlich zeichnet sich eine Änderung ab: Am 23. April 2009 wird im Rahmen einer ExpertInnen-Anhörung im Bayerischen Landtag über die Zukunft der Flüchtlingsunterbringung debattiert. Der Bayerische Flüchtlingsrat, der an der Debatte teilnehmen wird, fordert dazu auf, die Abschaffung der Sammellager in Bayern mit einer Petition zu unterstützen.

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Mittwoch, 4. März 2009
Bayer Leverkusen vs. Bayern
Zieht den Bayern die Lederhosen aus, Lederhosen aus, Lederhosen aus!

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Werder forever!
Hasta la victoria siempre!

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Die schärfste Sache der Welt
Weiß eigentlich wer, welches das schärfste in der Küche gebräuchliche Gewürz ist? Die Presse rauf und runter war gerade zu lesen, es handle sich da um spezielle Chili-Sorten. Ich kann mich aus Zeiten, wo ich viel mit Schwarzen, Asiaten und mit Ethnos zu tun hatte daran erinnern, dass da gesagt wurde, echter Pfeffer aus Madagaskar oder von den Molukken sei viel schärfer als Chili, und das schärfste Gewürz überhaupt (ich meine jetzt keine Capsicain-Konzentrate) würde aus einer afrikanischen Baumrinde hergestellt und hieße Pili Pili Ngarangha oder so ähnlich. Tatsächlich ist die nigerianische Küche auch die weitaus schärfste, mit der ich bisher Berührung hatte, jenseits von Thai- und Singapore-Food. Also, weiß das jemand? Welches Gewürz ist wirklich das Schärfste?

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Dienstag, 3. März 2009
Nächtlicher Flugverkehr
Eben war ich noch einen Brief einwerfen und sah plötzlich unmittelbar vor mir absolut lautlos eine Schleiereule durch einen Hausgang fliegen und auf dem Rückweg ein paar Häuser weiter einen Ziegenmelker durch eine Toreinfahrt, auch völlig ohne Geräusch. Echt was los, nachts, mitten in der Großstadt.

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Entschieden bizarr
In meinem erweiterten Bekanntenkreis gibt es auch einen im westlichsten Niedersachsen ansässigen Honoratioren. Der ist Zahnarzt, FDP-Mitglied und bildungspolitisch sehr engagiert. So fordert er, das studium generale wieder möglich zu machen und dafür einen eigenen Abschluss zu schaffen, den "Generalisten" oder "Nexialisten". Außerdem sollte es möglich sein, ein reines Sprachenabi zu machen mit Englisch, Französisch, Latein und Spanisch als Leistungsfächern. Kindergärten sollten ebenfalls zumindest ab 4 Jahren regulär Englisch anbieten. Überhaupt engagiert er sich sehr stark für Kindergärten. Dabei ist sein eigener 5 jähriger Sohn als verhaltensauffällig eingestuft und in kindertherapeuthischer Behandlung, Frau Mutter wiederum ist Psychoanalytikerin. Ist das für irgendetwas typisch und in gewissem Sinne "folgerichtig", oder, um mit Anne Clark zu sprechen "significant for nothing"?

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Die Schöne vom Waschplatz
Wenn ich Auto waschen gehe, ist da öfter eine Frau zugange, die sowohl als Person als auch mit ihrem Wagen auffällt. Sie ist wohl in den 40ern, eine ausgesprochene Schönheit mit langen dunkelbraunen Haaren und trägt Lederjacke, hautenge Reitklamotten und Reitstiefel mit verchromten Hufeisen auf den Absätzen sowie meistens eine große dunkle Sonnenbrille. Das Auto ist ein sehr teures BMW-Cabrio mit mehrfarbiger Lederausstattung und polnischem Kennzeichen.

Und da frag ich mich, was die Dame wohl so arbeitet. Bei der Merkmalskombination würde ich spontan an "Eskortservice oder Domina" denken, aber es muss sich ja nicht jedes Klischee betätigen. Natürlich kann die auch Projektmanagerin in der Forschung und Entwicklung sein, es wäre sogar schön, wenn das Klischee sich nicht bestätigt.

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Montag, 2. März 2009
Programm der Tagung und Einladung zu ihr: Organisierte Autonomie in Nürnberg
Samstag, 7. März 2009, 13.00 Uhr, Desi, Brückenstr. 23, Nürnberg

Programm

13.00 Uhr: Begrüßung und Einleitung

13.30 Uhr: Wozu sind Kriege da?
Der Kapitalismus seine Krisen und Kriege - Imperialismus und die herrschende Weltordnung (mit Peter Decker, Redaktion Gegenstandpunkt)

15.00 Uhr: Was ist die NATO?
Geschichte, Funktion, Strategien und Praxis eines Kriegspaktes (mit Jürgen Wagner, Informationsstelle Militarisierung (IMI) Tübingen)

16.30 Uhr: Wie sieht die deutsche Kriegspolitik aus? Welche Rolle spielt Nürnberg und Mittelfranken als Militärstandort?
Militarisierung der deutschen Politik, Bundeswehreinsätze, antimilitaristischer Widerstand in der BRD und Ansatzpunkte lokaler Aktivitäten.(mit Rote Aktion Kornstraße Hannover und Ewald Ziegler (Nürnberger Friedensforum, angefragt))

18.00 Uhr: Pause mit Volxküchen-Essen

19.30 Uhr: Podiumsveranstaltung zu den Aktionen gegen Krieg und den Nato-Gipfel in Strasbourg
“Antimilitaristische Praxis - der Kampf gegen die Kriegspolitik”
Mit: Einem Deserteur der Iraq Veterans Against the War, Initiative Libertad Frankfurt, regionales Bündnis “Resistance des deux rives / Widerstand der zwei Ufer”, “Bündnis für die Einstellung des §129a-Verfahrens gegen Antimilitaristen” Berlin

22:30 Uhr: Party!
mit Impulse-DJ-Team, amplified.attitude und Kampfansage (DJ Rehnade und Freundin)

Teilnahme an der Konferenz ist kostenlos, aber Spenden sind erwünscht!
Eintritt Party: 4 Euro

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Welches Milieu trägt noch etwas aus?
Nicos Poulantzas hatte Recht, als er für den Sieg des Faschismus das Scheitern der Linken beim Versuch der Herstellung einer kulturellen Hegemonie verantwortlich machte. Gramsci folgend, stellte er fest, dass die Linke nach dem Ersten Weltkrieg einen solchen Versuch unternommen hatte, der einerseits die Erschütterung, welche die ästhetische Moderne für die bürgerlichen Denkgewohnheiten bedeutet hatte verstärkte und andererseits die kulturelle und solidargemeinschaftliche Stärke des Arbeitermilieus gegen die Bourgeoisie in Stellung zu bringen versuchte. Und über Gramsci hinausgehend konstatierte er, dass Ursache des Faschismus ein Scheitern der proletarischen Revolution einerseits und eine kulturelle Anomie, ein kulturelles Vakuum andererseits war. Ob in Italien, Deutschland oder Spanien - Der Faschismus kam zur Macht, nachdem die Revolution von links gescheitert war, die kulturelle Hegemonie aber keineswegs zurück in die Hände der Bourgeoisie gelangte, sondern sich im Gegenteil in Kunst und Ästhetik eine ungebändigte, zügellose Revolution abspielte, die in der gesellschaftlichen Realität eben nicht stattfand. Anders waren futuristische Faschisten und expressionistische Nazis nicht denkbar. Sie reproduzierten eine bürgerliche Herrschaft, aber sie taten dies teilweise mit den Mitteln einer ästhetischen Avantgarde, die sie andererseits, wo sie ihnen nicht passte, auch sang- und klanglos liquidierten oder als "entartet" brandmarkten. Nicht das Ausfransen der Gesellschaft Weimars zu den extremen Rändern hin und ein daraus folgender Machtkampf Nazis gegen Kommunisten kennzeichnet nach Poulantzas die Situation 29-33, sondern die endgültige Niederlage der kommunistischen Revolution bei Fortbestehen einer starken kommunistischen Partei und eines Kampfes um die kulturelle Hegemonie, bei dem sich die Rechte, zuerst in Form der Konservativen Revolution, der Ästhetik und Methoden der Linken ein Stück weit bediente.


Es ist nicht nur zu fragen, ob sich diese Erkenntnisse auf die heutige Situation übertragen lassen und wenn ja, wie. Es stellt sich vor allem die Frage nach der Ausstrahlungskraft sozialer Milieus. Die alte, revolutionäre Arbeiterbewegung war nach dem Zweiten Weltkrieg Vergangenheit. Dennoch revitalisierte sich im Westen eine teils kommunistische, teils sozialdemokratische Arbeiterkultur, die der Bürgergesellschaft ihre eigene Gegenökonomie entgegenstellte, wie dies schon seit dem Kaiserreich der Fall gewesen war. Konsumgenossenschaften, ViVo-Läden, Volks- und Raiffeisenbanken, Wohnungsbaugenossenschaften, die Arbeiterwohlfahrt, der Reichsbund, all das waren honorige proletarische Organisationen, welche der Arbeiterbewegung eigene wirtschaftliche Macht verschaffen sollten. die daran gebundenen klassischen Arbeitermilieus, wie sie sich am Stärksten im Kohlenpott und in den Hansestädten sowie bei Bahnarbeitern zeigten mögen spießig und in ihren Strukturen der sozialen Kontrolle auch eng und disziplinierend gewesen sein, sie bildeten trotzdem auch einen Rahmen für Solidarität und kollektive Renitenz. Mit einer solchen Arbeiterschaft war nur Keynesianismus möglich, gegen Massenentlassungen und Neoliberalismus hätte die sich gewehrt.


Das Ausdünnen der Industriearbeiterschaft durch Rationalisierungsschübe, die Hochlohnpolitik und soziale Sicherheit in der Metallindustrie seit den 1970ern, der Aufstieg durch Bildung, der aus Arbeiter- und Kleinbürgerkindern massenhaft Akademiker machte, all dies ließ das klassische Arbeitermilieu erodieren. Als mit dem Neue-Heimat-Skandal um 1980 herum auch noch die völlige Korrumpiertheit eines der Vorzeigeunternehmen im Gewerkschaftsumfeld sichtbar wurde, führte den als proletarisch begriffenen Kampf gegen die Wohnraumspekulanten längst eine Bewegung, die nicht mehr aus den Arbeitermilieus hervorgegangen war.


Die alternative Bewegung der 70er und 80er Jahre war teils noch aus der 68er-Linken gewachsen, teils im Zusammenhang mit dem neuen Projekt der gerade entstehenden Grünen. Ein zweites Mal, ohne Kontakt zur klassischen Arbeiterbewegung, aber zum Teil deren Handlungsweisen auf frischere, oft auch improvisierte Art aufgreifend, entstand in jenen Jahren aus Landkommunen, Ökobäckereien, Food-Koops, linken Buchläden, Szenekneipen, Kulturzentren in besetzten Häusern, Fahrradläden und sonstigen kollektiv betriebenen Handwerksunternehmen und Druckereien usw. eine Gegenökonomie der Neuen Linken. Diese finanzierte viele linke Projekte und fiel zeitlich und personell zusammen mit dem Zusammenwachsen von Anti-AKW-, Häuserkampf- und Friedensbwegung zu einer Art gemeinsamem sozialen Milieu. Die Grünen auf der einen und die Autonomen auf der anderen Seite stellten seinerzeit den gemäßigten und radikalen Flügel der gleichen Bewegung dar, die sich von den orthodoxen Kommunisten scharf abgrenzte, an die aber auch der KB noch andockte.


Reste dieser Szene, dieser Lebenswelt existieren bis heute, wie ich gerade bei den letzten Demomobilisierungen gesehen habe. Der größte Teil hat sich aber längst zu einem behäbigen und in vielen Fällen unsagbar selbstgerechten Ökospießertum entwickelt. Auf was für ein Milieu soll sich aber gesellschaftlicher Widerstand gegen staatliche Drangsalierung der neuen Armen, gegen weiteren Sozialabbau und Kampf für soziale Gerechtigkeit und Freiheit und Selbstbestimmung der ökonomisch Schwachen stützen? Wenn ich Karlo Roth folge (und ich habe guten Grund, dies zu tun), setzt sich die Unterklasse permanent neu zusammen, aus sozialen Milieus, die mit dem Begriff "proletarisch" schwer zu fassen sind - vom outgesourcten 1-Mann-Job-Programmierer bis zur Aldi-Kassiererin, von Migranten-Milieus bis zur "Generation Praktikum". Wie eine Perspektive all dieser Leute entwickeln (noch dazu durch diese Leute, also sie für sich selbst), wie das alles zu einer Bewegung zusammen bringen? Denn genau das tut Not.

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Montag, 2. März 2009
Die wissenschaftliche Subjektivität
Objektive Wissenschaft gibt es nicht. Schon das physikalische Theorem von Schrödingers Katze, das quantenphysikalische Erkenntnisse vom Standpunkt des Betrachters abhängig macht zeigt dies eindrucksvoll. Umso mehr gilt dies für Geschichts- und Gesellschaftswissenschaften, wo außer der subjektiven Wahrnehmung als Solcher noch der weltanschauliche Standpunkt eine Rolle spielt. Als Wissenschaftshistoriker und Wissenschaftskritiker habe ich mich oftmals damit auseinandergesetzt, z.B. bezüglich sozialdarwinistischer Annahmen in der Biologie, Humangenetik, Medizingeschichte, Geschichtsforschung, Ethnologie und Anthropologie. Kürzlich aber stieß ich auf zwei bis heute höchst wirkungsmächtige Irrtümer. Einmal in der Ur-und Frühgeschichte, einmal in der Ethologie bzw. Tierverhaltensforschung. Ziemlich beeindruckend, wie hier Betrachterperspektive und Empirie auseinanderklaffen.

1) Ur- und Frühgeschichte: Bis heute taucht in Museumskatalogen, Geschichtsbüchern usw. regelmäßig die Behauptung auf, spezifisch für die Germanen wären große Langhäuser (Hallenhäuser) gewesen, die als Pfostenhäuser mit einem gemeinsamen Dach über Stallungen, Lagerräumen und Wohnbereich erbaut wurden. Die Außenwände (der Begriff "Wand" kommt von "winden") hätten aus miteinander verwundenen Weidenruten bestanden, die dann mit Lehm beworfen wurden. Im Gegensatz dazu hätten Kelten in überdachten Wohngruben (bzw. genauer gesagt Häusern mit über einem Keller errichteten Spitzdach und extrem niedrigen Wänden unter dem Dach), runden oder quadratischen Hütten aus Bruchsteinen mit Strohdach und Slawen in Blockhütten oder den keltischen ähnlichen, aber einfacheren Grubenhäusern mit nur 4-6 Pfosten gewohnt.

Nun, alle diese Hausformen existierten tatsächlich. Aber das Langhaus verbreitete sich seit der Jungsteinzeit in Europa und war schon von den Angehörigen der vorindogermanischen Donaukultur gebaut worden. Kelten wie Germanen wie Slawen errichteten weiterhin solche Häuser, aber eben nicht nur. Eine spezifisch keltische Hausform gab es gar nicht. Hallenhäuser, nun aber aus Balkenfachwerk errichtet, sollten in nachantiker Zeit zum Standardtyp des niederdeutschen Bauernhauses werden.


Die deutsche Ur-und Frühgeschichte, Siedlungsgeschichte und Ostforschung behauptete aber seit Kaisers Zeiten und besonders im NS das Langhaus als typisch germanische Hausform, um in Osteuropa nachzuweisen, dass in bestimmten Regionen Germanen gelebt hätten, um daraus Gebietsansprüche abzuleiten. Hausformen, Keramikformen oder Gürtelschnallen wurden als "artgemäß" einer als biologische Abstammungsgemeinschaft, als "Volkskörper" begriffenen germanischen Prä-Nation begriffen, nicht als Anpassungsform an eine Landschaft oder Wirtschaftsweise. Diese völkische Denke existiert heute nicht mehr, immer noch aber die aus ihr gezogenen falschen Schlussfolgerungen.

2) Verhaltensforschung: Es gibt keine Alpha-, Beta, und Omegawölfe. Das Wolfsrudel ist weitgehend hierachiefrei. Die angebliche Rangordnung der Wolfsrudel kam dadurch zustande, dass in Freigehegen miteinander nichtverwandte Wölfe in nach Wolfsmaßstäben drangvoller Enge zusammengebracht wurden. Dadurch entwickelten sich Konkurrenz- und Dominanzverhaltensweisen, die es in freier Wildbahn nicht gibt, die von den Verhaltensforschern aber allen Wölfen angehängt wurden. Es ist so, als ob man aus den beobachteten Verhaltensmustern von Gefängnisinsassen Rückschlüsse auf Menschen an sich ableiten würde.

Zwei äußerst beeindruckende Irrtümer, finde ich.

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Das braune Pack in Deutschland hat sich nicht geändert
Ich las gerade im "Zeit"-Geschichte-Sonderheft "1949" einen Beitrag darüber, in welchem Ausmaß Amnestiekampagnen nach der Gründung der BRD die Entnazifizierung der Allierten wieder zunichte machten. Zehntausende NS-Täter wurden rehabilitiert, darunter Tausende Richter und Staatsanwälte. Besonders profilierte sich hier der ehemalige Kronjurist der SS und Stellvertreter Heydrichs im Reichssicherheitshauptamt, Werner Best. Über diesen Kanzleimitarbeiter des FDP-Bundestagsabgeordneten Ernst Achenbach heißt es dort: "Die nachtragende Unversöhnlichkeit der Alliierten sei nicht länger hinzunehmen" und da eine Wiederholung der politischen Taten ausgeschlossen sei, halte er eine Bestrafung für "unvernünftig und unsittlich. Noch wenige Jahre zuvor hatte es Best vernünftig und sittlich gefunden, im Reichssicherheitshauptamt die Verdrängung und Vernichtung fremden Volkstums ins Werk zu setzen". "1955 sprach das Oberlandesgericht Hamm... eine Gruppe GESTAPO-Angehörige frei, die kurz vor Kriegsende mehrere Kriegsgefangene erschossen hatte."

In diesem Zusammenhang wurde erwähnt, dass der Karikaturist Wolfgang Hicks die Alliierten als mit dem Teufel im Bunde darstellte. Das zeigt sehr schön eine Kontinuitätslinie im Bereich Humor und Satire auf: Ursprünglich Sozialdemokkrat und mit einem Zeichenverbot belegt, hatte Hicks sich im NS-Staat angepasst und regimetreue Karikaturen gezeichnet, somit die Propaganda der Nazis gestützt. Später, bis in die 80er hinein, wurde er zu einem Karikaturisten der Springer-Presse, der die neue Ostpolitik angriff und Brandt lächerlich machte.

http://www.dhm.de/lemo/objekte/pict/KontinuitaetUndWandel_karikaturHicksOstblock/index.html

http://www.dhm.de/lemo/objekte/pict/KontinuitaetUndWandel_karikaturHicksGrundlagenvertrag/index.html


http://www.hdg.de/karikatur/view_content/j1971-west.html


Nun ja, alles lange her, waren halt andere Zeiten und außerdem Kalter Krieg, die leben ja alle nicht mehr.


Ja, einerseits. Und andererseits habe ich den Eindruck, dass sich da teilweise im Osten der Republik seit Hoyerswerda und Rostock nichts geändert hat, außer der Tatsache, dass an die Stelle des offenen Pogroms Anzeigenkampagnen getreten sind und ganz normale BürgerInnen es wohl inzwischen völlig normal finden, den Schulterschluss mit der NPD zu ziehen. AsylbewerberInnen werden wie Aussatz betrachtet.

http://www.isihserver.de/www.fluechtlingsrat-brandenburg.de/cms/front_content.php
http://www.inforiot.de/view/archiv?page=1


http://www.taz.de/1/archiv/print-archiv/printressorts/digi-artikel/?ressort=bl&dig=2009%2F02%2F18%2Fa0126&cHash=f048991195


Deutschland, halt Deine dreckige Fresse!

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Samstag, 28. Februar 2009
Der Herr des Hauses
Eines musste klar sein: Dies hier war sein Haus, und wir seine Menschen. Aber insgesamt war er ein gnädiger Tyrann, wenn er auch mit lauten Mauungen kommandierte.





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Die Vögel sind auch nicht mehr, was sie mal waren
Dass Singvögel, besonders Amseln und andere Drosselarten, in ihrem Gesang erfinderisch sind und Geräusche ihrer Umgebung nachträllern ist ja allemal bekannt. Aber dieser Piepmatz in der Nachbarschaft, der neuerdings den durchdringenden Sony-Ericsson-Klingelton schmettert hat ja wohl echt einen an der Waffel!

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Donnerstag, 26. Februar 2009
Heute Demotag
Und es war gut. Für die Gesinnung auf die Straße gegangen, fantasievolle, gute Aktionen gesehen, alte und uralte GenossInnen wiedergesehen, tolle Gespräche geführt, festgestellt, dass viele aus der Altersgruppe 17-30 jetzt wieder dabei sind (das zerfiel ja echt in die Kategorien 17-30 und 50+, meine eigene Alterskohorte war kaum dabei, ich musste sie sozusagen repräsentieren), körperlich geschlaucht, aber auch mit einem Wohlgefühl. Und der Erwartungshaltung: Da kommt noch was. Vielleicht geht aus perversen Zeiten ja doch noch eine neue Protestbewegung hervor, ich bin dabei!

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Dienstag, 24. Februar 2009
An die Online-Stasi
Da hat sich jemand richtig Mühe gemacht und versucht, herauszufinden, von wo ich blogge und ist auch fündig geworden. Meint er. Nur, Nähe Zeppelinstraße/Schwabstraße in Stuttgart, das war leider nicht so der wirkliche Volltreffer. Enttäuscht?

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Montag, 23. Februar 2009
Ei waua!
Dr. Dean argumentiert ja gerne damit, dass Hardcore-Antideutsche in Kaisers Zeiten wohl einem Flotten- oder Kolonialverein angehört hätten. Da mag was dran sein, denn dieser Aufruf wirkt auf mich so, wie von Leuten, die gerne mal Rommel wären, nur diesmal auf der richtigen Seite. Es wird dringend Zeit, die Vereinigung zur Wahrung des rationalen politischen Diskurses angesichts der herrschenden Verwirrung zu gründen.


http://www.myspace.com/supportidf

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Opelaner, aufgewacht, und erkenne Deine Macht!
Die leider nicht vorhanden ist, denn es geht denen ja gerade darum, dass keine Räder still stehen sollen. Trotzdem, wenigstens wird gehandelt, werden Forderungen gestellt. Immerhin.


http://www.faz.net/s/Rub1C361F33FC404444A08B1CFAE205D3E4/Doc~E3F0E931825024F6C91DD3AB2A1682C67~ATpl~Ecommon~Scontent.html

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Friede den Stadtvierteln mit hohem Anteil von Bewohnern mit Migrationshintergrund, Krieg den weißen Doppelhaushälften?
So funzt es leider auch nicht: In den Baugebieten bei uns in der Gegend, auch bei freistehenden einstöckigen Einfamlienhäusern ist die Verkehrssprache teilweise russisch oder polnisch. Ich weiß zwar nicht, wie die ihre Baufinanzierung hinbekommen, aber ich glaube, das soll auch niemand so genau wissen. Außerdem hatte Büchner von Palästen gesprochen, nicht von Bürgerhäusern mit Belle Etage. Auch so klappt das Modell nicht mehr, auch nicht da, wo es Aufstände gibt. Selbst 1992 in South Central Los Angeles kamen die Randalierenden nicht auf die Idee, Beverly Hills zu stürmen. Vielleicht auch besser so. Dass soziale Revolten den Charakter von Pogromen annehmen sollte sich wirklich nicht wiederholen, schrecklich genug, was da vor einigen Jahren in Indonesien passierte. Damit stellt sich dann allerdings die Frage, wie sozialer Protest, auch ganz konkret Protest gegen die augenblicklichen sozialen Verhältnisse sich heute artikulieren kann. Der Streik bei Gate Gourmet war da zum Beispiel ein ermutigendes Signal, die Entwicklung zeigte da aber zunächst, wie lange und mühselig der Weg ist, sich überhaupt solidarisieren zu können (in diesem Fall primär mit sich selbst), weil erst einmal Blockaden in den Köpfen überwunden werden müssen. In den Achtzigern wäre nach den Ereignissen in Athen wahrscheinlich schon ein halbes Dutzend deutsche Fußgängerzonen entglast worden. Hirnlose und unsinnige Aktionen, die lediglich den Glasereien und Versicherungen etwas genutzt und der radikalen Linken sehr geschadet hatten, zumindest war aber die Mobilisierung da, irgend etwas zu machen, wenn auch das Falsche. Heutzutage zeigt sich erstmal nur Lähmung. Wobei die Abwesenheit von blindem Aktionismus ja auch durchaus produktiv sein kann, sich langfristig sinnvolle Kampagnen zu überlegen.

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Fashion Vitims never walk out of style
Markenbekleidung soll ja nicht nur gut aussehen, sie ist vor allem ein Distinktionsmerkmal, mit dem man sich einerseits der eigenen Peer-Group zu erkennen gibt und sich andererseits von der gewöhnlichen Masse abhebt. So kenne ich es aus meiner Zeit in der New Economy zum Beispiel, dass dort nicht nur schicke Klamotten, sondern GANZ BESTIMMTE Marken angesagt waren: Daniel Hechter, Armani, Versace, Gucci, Prada. Nicht nur schick und teuer, sondern auch auffällig und ein bißchen überdreht. Diese viel zu langen Designerschuhe, dreifarbigen Brillen etc. waren ja eigentlich unbequem und wirkten wie eine Parodie auf wirklichen Chic.Wahrscheinlich von Vornherein so sehr zum Scheitern verurteilt wie die New Economy selbst, ergibt ja auch eine gute performative Schablone.

Eine bestimmte Marke aber drückt die Zugehörigkeit zu einer Elite noch ganz anders aus. Heather Pringles Buch zum Ahnenerbe und Peter Pettfields Himmler-Biografie zufolge war der erste große Design-Entwurf von Hugo Boss die Uniform der SS. Gut, da kann die Marke heute nichts für, aber deutlicher kann man eigentlich nicht zum Ausdruck bringen, was sich als Eilte zeigen in der Konsequenz bedeuten kann.

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Wg. Terror in die Dateien
lohnt sich dieses Blog: http://www.terrorfront.org/

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Sonntag, 22. Februar 2009
Wahre Worte beim Don
Und statt angstvoll wie das Kaninchen auf die Schlange zu starren, müsste sich bei denen, die durch die Krise arbeitslos werden eigentlich der Hass türmen und Wut sich in Energie wandeln. Es wird so getan, als sei die Finanzkrise eine Naturgewalt, für die es keine Schuldigen , Verursacher oder Akteure gäbe. Und so geht man eben auch falsch mit ihr um. Dieses Abwarten, dieses Bravsein, dieses Nichtagieren ist eine ebenso falsche Handlung, wie das Beschwören der tatsächlichen Naturgewalten durch Magie und Opfer in Zeiten des Animismus. Situationsbezogenes politisches Handeln sieht anders aus.

http://rebellmarkt.blogger.de/stories/1343760

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Fremde Welten
Wenn ich mir das hier so durchlese


http://metalust.wordpress.com/2009/02/22/der-echo-2009-das-waren-die-90er/


bin ich ja froh, diese Echo-Verleihung nicht gesehen zu haben, sondern stattdessen die Germanien-Serie auf Arte. Gleichzeitig merke ich, dass ich von der Popkultur der 90er, von der hier die Rede ist, kaum noch etwas mitbekommen habe. Harald Schmitt könnte ich nicht von Stefan Raab, Pastor Fliege oder Hans Meiser auseinanderhalten (wissen tue ich über Letzteren eigentlich auch nur was aufgrund eines Konkret-Artikels, den ich 1994 auf Madeira über deutsche Fernsehunterhaltung gelesen habe und damals sehr richtig fand), und dass ich mal deutsche Showmaster guckte, das war in der Zeit von Rudi Carrell und Wim Thoelke, als ich die als Kind im Gesamtfamilien-Fernsehprogramm zwangsläufig mitbekam. Hinsichtlich TonSteineScherben und Einstürzende Neubauten, aber auch Udo Lindenberg stimme ich Momorulez ja voll und ganz zu, ansonsten, wieder einmal, bleibt festzustellen: Ich bin popkulturell ein Kind der 70er und 80er Jahre. Das, was da aus den 90ern zitiert worden sein soll habe ich bereits nicht mehr verfolgt. 90er, das waren für mich multikulturelle Straßenfeste mit von kurdischen Genossen bereiteten Falafel, Umsonst&Draußen Konzerte mit einer eigenartigen Mischung aus Salsa, Rap und Metal, die Breminale, das Göttinger Altstadtfest mit Bands wie Guano Apes, EA 82, Nancy and I, Attila the Stockbroker und Razzamtazz sowie bekiffte Parties im Park und Grillabende auf der Dachterrasse mit Blick auf den Kiez. Ein einziges Mal hatte ich eine Echo-Bamby- oder Sonstwas-Verlehung gesehen und daher erfahren, dass es eine Band namens Mr.President gab (gibt´s die noch?) und mich hinterher darüber beömmelt, dass ein SPIEGEL-Redakteur, dessen Popkulturkenntnis noch viel vorgestriger war als meine, glaubte, aus der Achselrasiertheit und Hochstiefelträgerei der Frauen dieser Band und von Bell, Book&Candle ableiten zu können, diese seien Projekte des Rotlichtmilieus.

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Colonia Germania Magna
Was wäre eigentlich geschehen, wenn Varus nicht besiegt worden wäre, die Elbe die römische Ostgrenze gebildet hätte und später statt dieses bescheidenen Limes quer durch Harz und Thüringer Wald bis nach Böhmen (oder auch noch über den Karpatenkamm) die Große Römische Mauer errichtet worden wäre?

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Donnerstag, 19. Februar 2009
Der Kampf ums unmittelbare Existenzrecht - für ein freies Fluten!
Die Auseinandersetzungen zwischen boat people und der italienischen Staatsmacht eskalieren. Auf Lampedusa hauen internierte Flüchtlinge jetzt richtig auf den Bolzen. Na, wie lange hält noch die Abschottung der Festung Europa? Die Schengen/Dublin-Welt scheint nicht mehr so zu funktionieren, wie ihre Konstrukteure sich das vorstellten. Von Koch bis Schily, von Berlusconi bis Cohn-Bendit, von Sarkozy bis Solana, die verschiedenen Rezepte zum Draußenhalten der Flüchtlinge oder Kanalisierung von Migration durch Multikulti-Rezepte, die letztendlich auf neue Apartheid abzielen sind mal wieder auf eine Bewährungsprobe gestellt. Die von der EU-Politik nicht unverschuldete, von Kleptokraten in Westafrika zementierte und ausgenutzte und die internationale Verschiebung von Billigarbeitskräften beflügelnde Massenarmut versucht sich Bahn nach Europa zu brechen. Las ja gerade etwas über die Völkerwanderung und die Goten und sehe da durchaus Parallelen.


http://www.spiegel.de/politik/ausland/0,1518,608503,00.html

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Habt Mut zu kämpfen, Werder!
Eieiei, das wird nicht einfach gegen AC Milan. Also gebt Euer Bestes, Jungs!

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